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Recht, Tipps

MEL: Erste Urteile gegen Meinl Bank – Bank beruft

©Meinl Bank (Screenshot)

Wien. Die Arbeiterkammer (AK) jubelt über „die ersten Gerichtsentscheidungen, die feststellen, dass die Anleger durch die irreführende Werbung der Meinl Bank tatsächlich irregeführt wurden und die Bank haftet.“  Die Bank weist die Vorwürfe zurück und beruft gegen die Urteile: Die Anlageberater hätten nur an Kunden mit Risikobereitschaft verkaufen dürfen.

Das von der AK geführte Wettbewerbsverfahren wegen irreführender Werbung der Verkaufsprospekte der Meinl Bank für Zertifikate der Meinl European Land (heute Atrium) habe sich als taugliche Grundlage für weitere Klagen geschädigter Anleger erwiesen, heißt es bei der AK: Der durchschnittliche Schaden der von der AK erfassten Anleger liege bei rund 21.000 Euro. Die AK fordert die Meinl Bank auf, die „Anleger zu entschädigen statt Unsummen in teure Imagewerbung zu investieren“.

Auch die Poduschka Anwaltsgesellschaft mbH, die nach eigenen Angaben hunderte MEL-Geschädigte vertritt, meldet die Zustellung dreier „für ganz Österreich interessanter Urteile“. Zwei davon stammen vom Handelsgericht Wien, eines vom Bezirksgericht für Handelssachen Wien.

Entscheidung in der Sache

Erstmals hätten sich österreichische Gerichte mit der Frage auseinandergesetzt, inwieweit die Meinl Bank selbst für die von ihr in Verkehr gesetzte irreführende Werbung über Meinl European Land (MEL) gegenüber dem einzelnen Anleger haftet und ob der Anleger deshalb einfach den Kaufpreis von der Bank zurückverlangen und die Zertifikate zurückgeben darf. Das Handelsgericht Wien und das Bezirksgericht für Handelssachen Wien sagen kommen zu dem Ergebnis, dass die Meinl Bank durch die Hinweise in den von ihr in Verkehr gesetzten Werbeprospekten, das Produkt MEL wäre sicher, da Immobilien dahinterstünden, den einzelnen Anleger in Irrtum geführt hat. Die Anleger hätten nicht gekauft, wenn sie entsprechend darüber aufgeklärt worden wären, dass auch ein Totalverlust möglich sei. Die Bank könne sich nicht darauf verlassen, dass der „freie“ Berater irreführende Aussagen in den Werbeprospekten gegenüber dem Endkunden richtigstellt.

Interessant sei in diesem Zusammenhang auch, so die Anwaltskanzlei, dass die Gerichte kleingedruckte Hinweise auf den Kapitalmarktprospekt oder die Risikoneigung des Produktes, die der generellen Werbelinie für das Produkt durch die Bank widersprechen, als rechtlich unerheblich angesehen haben.

Meinl Bank bleibt gelassen

Die Entscheidungen stellten die ersten Verurteilungen der Meinl Bank zur Rückzahlung des Kaufpreises für MEL-Zertifikate an Anleger dar, die nicht auf einer konkreten Fehlberatung eines Meinl Bank-Bediensteten sondern auf einen bei Anlegern verursachten Irrtum fußten, den die Meinl Bank durch irreführende Werbung über die Produktsicherheit des Produktes Meinl European Land veranlasst habe. „Anleger müssen aber aufpassen: Der Kaufvertrag wurde wegen Irrtums angefochten, Irrtum verjährt innerhalb von drei Jahren ab Kauf“, mahnt Rechtsanwalt Michael O. Poduschka.

Die Meinl Bank wehrt sich naturgemäß – und bleibt gelassen, was die neuen Gerichtsentscheide betrifft: Die Urteile ließen wesentliche Teile des Vorbringens der Meinl Bank außer Acht. „Gerade weil Werbung mitunter eine verkürzende Produktbeschreibung vornimmt, ist es wesentlich, dass der Kunde von seinem selbständigen Anlageberater, an den er sich von sich aus wendet, kompetent und umfassend beraten wird. Der Urteilsbegründung lässt sich klar entnehmen, dass eine den gesetzlichen Vorgaben entsprechende Beratung und Aufklärung durch die Anlageberater nicht stattfand. Weiters wurden die in den Ankaufsformularen enthaltenen umfassenden Risikohinweise von den selbständigen Beratern als bloße ,Formalitäten‘ bezeichnet und damit gegenüber den ratsuchenden Anlegern verharmlost“, kontert die Meinl Bank in einer Aussendung.

„Auf Risiko hingewiesen“

Aus beiden Urteilen ergebe sich, dass die Meinl Bank (richtigerweise: Meinl Success) den Anlageberater darauf hingewiesen habe, MEL-Zertifikate nur an Anleger mit der Bereitschaft zu „hohem Risiko” zu verkaufen. Die Berater hätten, was der Bank erst mit den Urteilen bekannt geworden sei, diesen Hinweis gemäß den Feststellungen in Form der Aussage völlig verzerrt weitergegeben.

Im übrigen sei das Vorliegen eines Irrtums des Anlegers individuell und für jeden konkreten Einzelfall gesondert zu prüfen.

Die Meinl Bank wird  Berufung erheben und „ist zuversichtlich, dass die Urteile – in Entsprechung der gesetzlichen Vorgaben für selbständige Berater – von der Instanz abgeändert werden und klargestellt wird, dass sich eine Depotbank unabhängig von der Existenz von Werbeprospekten sehr wohl darauf verlassen können muss, dass ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das vom Kunden als Anlageberater beauftragt wird, seine gesetzlichen und vertraglichen Pflichten ernst nimmt und erfüllt“.

Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen (WPDLU) sei gesetzlich und vertraglich verpflichtet, seine Kunden umfassend über die Chancen und Risiken einer Veranlagung zu informieren. Sollte eine umfassende Risikoaufklärung nicht erfolgt sein, so sei dafür der Anlageberater zu belangen. Dies wurde auch vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) – der zur Arbeiterkammer gehört – richtig erkannt, hält die Bank fest. Beispielsweise richte der VKI Klagen, die er für Anleger im Zusammenhang mit der Immobilien-Aktie Immofinanz führe, richtigerweise gegen die Anlageberater, wie etwa den AWD.

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