Wien. Die Justizministerin meldet sich in der Diskussion um die Reduzierung der Geschworenen-Prozesse zu Wort: Die jetzige Reduktion spare vor allem eines – Geld aus dem Budget. Das sei aber keine grundsätzliche Absage an das Geschworenengericht. Eine Grundsatz-Reform soll noch kommen und dann breiter diskutiert werden.
Seit Inkrafttreten des Budgetbegleitgesetzes am 18. Juni sind Geschworene nur noch für Prozesse zuständig, bei denen die Strafandrohung mehr als fünf Jahre beträgt. Dass diese Änderung in Form eines Budgetgesetzes durchgezogen wurde, wird von manchen Rechtsexperten als Abschaffung des Geschworenengerichts über die Hintertür kritisiert.
Im Bundesministerium für Justiz (BMJ) hat man jedoch „kein Verständnis für die derzeitige Aufregung einzelner rund um die Zuständigkeitsänderung beim Geschworenengericht“, teilt das BMJ wörtlich mit.
Besonders verärgert zeigt man sich im Büro von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner über die Behauptung, wonach diese Änderung „heimlich, still und leise“ über die Bühne gegangen sei, ohne Experten eingebunden zu haben. Diese Behauptung sei unrichtig, und zwar aus folgenden Gründen:
- Die Zuständigkeitsänderung sei, wie alle im Rahmen des Justizentlastungspakets beschlossenen Maßnahmen, Teil der Besprechungen des ad hoc-Gremiums im Bundesministerium für Justiz. An diesem Gremium hätten die Vertreter aller Justizbereiche und auch die Standesvertreter beratend teilgenommen.
- Die Maßnahmen des Justizentlastungspakets wurden im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes beschlossen, weil sie eine Sofortmaßnahme zur Lockerung der äußerst angespannten Personalsituation im Justizbereich darstellen, so das Ministerbüro.
- Der betreffenden Abstimmung im Budgetausschuss, dem Mitglieder des Justizausschusses beigezogen waren, seien sechstägige Budgetberatungen vorangegangen. Die Abgeordneten haben die beiden Haushaltsentwürfe sowie die budgetbegleitenden Gesetze zunächst mit Experten analysiert und dann in einem eigens dafür eingesetzten Unterausschuss die einzelnen Ressortbudgets verhandelt.
Daher, so das Büro der Justizministerin, sei es mehr als seltsam, wenn man nun den Eindruck erzeuge, dass niemand etwas von diesem Vorhaben gewusst habe.
„Naturgemäß weniger“
Die Änderung der Zuständigkeiten führt zwar „naturgemäß“ zu einer Reduktion der Geschworenenverfahren, wie das Ministerium feststellt. An der Zusammensetzung und am Bestand des Geschworenengerichts wurde aber nichts geändert.
In Art 91 B-VG ist zu den Geschworengerichten folgendes festgeschrieben:
Art 91 (2) Bei den mit schweren Strafen bedrohten Verbrechen, die das Gesetz zu bezeichnen hat, sowie bei allen politischen Verbrechen und Vergehen entscheiden Geschworene über die Schuld des Angeklagten
(2) Im Strafverfahren wegen anderer strafbarer Handlungen nehmen Schöffen an der Rechtsprechung teil, wenn die zu verhängende Strafe ein vom Gesetz zu bestimmendes Maß überschreitet.
Nicht alles in Verfassungsrang
Das belege, dass es Aufgabe des Gesetzgebers ist, per einfachem Gesetzesbeschluss festzulegen, für welche Delikte das Geschworenengericht und für welche Delikte das Schöffengericht zuständig ist. Der durchschnittliche Zeitaufwand der drei Richter bei einem Geschworenenprozess betrage 67,9 Stunden, jener der (bisher) zwei Richter beim Schöffengericht 18,6 Stunden. Diese Zahlen führen laut Bandion-Ortner vor Augen, dass die Zuständigkeitsänderung eine Entspannung im Personalbereich bringen wird.
Eine Reform der Geschworenengerichtsbarkeit stehe zwar auf der politischen Agenda und werde von Bandion-Ortner angestrebt, habe aber nichts mit der aktuellen Diskussion zu tun, sondern solle erst nach einer breiten Diskussion unter Einbindung von Experten erfolgen, so das BMJ.