Peking/Wien. Was in westlichen Unternehmen die Unterschrift des Generaldirektors, ist in China das amtlich registrierte Firmensiegel: Mit ihm lassen sich Transaktionen größten Umfangs rechtsverbindlich abschließen. Seine sichere Verwahrung ist daher für österreichische Manager im Reich der Mitte eine wesentliche und leicht unterschätzte Verantwortung, schildert Stephan Hofmann von der Kanzlei KWR.
In China kommt einer Unterschrift nicht der gleiche Stellenwert zu wie in der westlichen Welt, erklärt Hofmann: Siegel sind als Identitätsnachweis wichtiger als die persönliche Unterfertigung. Auch in Korea und Japan hat diese traditionelle Form vergleichbare Bedeutung. Dokumente von Unternehmen oder Behörden sind auch heute noch in China meist nur dann rechtswirksam, wenn sie das Siegel des Unternehmens tragen. Auch der Umkehrschluss gilt: Wer sich in den Besitz eines Unternehmenssiegels setzt, kann diesem fast beliebige Geschäftshandlungen aufoktroyieren.
Generell ist zwischen Namensstempeln von Privatpersonen (meist rund) und rechteckigen Organisationsstempeln zu unterscheiden. Wegen der großen Bedeutung der Siegel muss jedes in China registrierte Unternehmen über einen eigenen Firmenstempel verfügen, den „company chop“, schildert Hofmann: „Derjenige, der über ihn verfügt, kann umfassend für das Unternehmen verbindliche Erklärungen abgeben.“ Aufgrund seines hohen Stellenwerts kann jedes Unternehmen nur über einen einzigen Firmenstempel verfügen und muss diesen beim Public Security Bureau beantragen.
Untersiegel mit geringerer Macht
In mittleren und größeren Unternehmen sind außerdem noch weitere Siegel üblich, die dazu dienen, Abteilungsleitern den Abschluss von Geschäften ihres Bereichs zu ermöglichen, ohne dass die Unternehmensleitung das Große Siegel herausrücken muss. Dazu zählen etwa
- der Finanzstempel, „finance chop“, für Bankgeschäfte (vom Finanzchef verwahrt, die Bank hat einen Musterabdruck zur Kontrolle)
- das Siegel der Personalabteilung, „human resource chop“ (für Dienstverträge usw.)
- das Vertragssiegel, „contract chop“ (zum Abschluss von Verträgen mit Geschäftspartnern)
Die Kanzlei KWR (Karasek, Wietrzyk Rechtsanwälte) empfiehlt westlichen Unternehmen jedenfalls die Aufstellung umfassender Richtlinien, wie ihre Mitarbeiter in der Niederlassung mit den oft unterschätzten Stempeln umzugehen haben – und wie diese verwahrt werden.
Link: KWR
Link: Chinesische Siegel (Wikipedia)