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Recht

Rechtsanwaltskammer zur Insolvenz-Reform: Der Entwurf enttäuscht

Wien/Graz. Das geplante neue Insolvenzgesetz bleibt insgesamt unter den Erwartungen, wenn auch „über weite Strecken mit durchaus positiven Ansätzen“, sagt Rechtsanwaltskammer-Präsident Gerhard Benn-Ibler. „Die an eine umfassende Reform gestellten Erwartungen wurden in vielen Bereichen enttäuscht.“ Kritisiert werden Punkte wie die geplante rückwirkende Insolvenzeröffnung, die die Unsicherheit erhöhe. Das Reform-Ziel, aus dem Insolvenzrecht ein Instrument der Krisenbewältigung zu machen, werde verfehlt.

Wie es in einer Aussendung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags (ÖRAK) heißt, begrüßt man zwar in der von Axel Reckenzaun, Vizepräsident der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vorbereiteten Stellungnahme grundsätzlich die Intention des Gesetzgebers, das Insolvenzrecht als Instrument der Krisenbewältigung zu überarbeiten – „gerade inmitten der größten Finanz- und Wirtschaftskrise seit Bestehen der Zweiten Republik“. Doch einige der geplanten Neuregelungen erschweren sogar die Erreichung dieses Ziels, kritisiert die Kammer.

Unwägbarkeiten in der Praxis

Ausdrücklich begrüßt wird die Herabsetzung der Summenmehrheit der Gläubiger von derzeit 75% auf eine Kapitalquote von zukünftig 50%, die zur Annahme des Sanierungsplans ausreicht. Weniger euphorisch sehen die Rechtsanwälte hingegen die Reduzierung des Quotenerfordernisses im Sanierungsplan von 40% auf 30%, bei deren Erreichung das Unternehmen in Eigenverantwortung fortgeführt werden kann. „Besser wäre es gewesen, eine flexible Quote, die im Ermessen der Gläubiger liegt, zuzulassen“, so Benn-Ibler.

Einige Regelungen entsprechen laut den Anwälten ganz und gar nicht dem Ziel der Novelle, nämlich eine frühzeitige Antragstellung des Schuldners zu erreichen. Darunter fallen insbesondere die geplanten Rückwirkungen der Insolvenzeröffnung, die aufgrund des damit verbundenen Unwirksamwerdens von Erklärungen vor allem Dienstnehmer und Vertragspartner des Schuldners über Gebühr belasten würden. „Dies würde zu einem Schwebezustand führen, der für Dienstnehmer und Vertragspartner defakto verhindert, Maßnahmen zur eigenen Schadensbegrenzung zu treffen“, befürchtet Benn-Ibler.

Auch die geplante Entschärfung der Anfechtung lehnt der ÖRAK-Präsident ebenso strikt ab, wie die vorgesehene Einschränkung der Anfechtungsmöglichkeiten von Sanierungskrediten. „Obwohl dazu gar kein Anlass besteht, soll offensichtlich das Maß der Sorgfaltspflicht der Banken bei der Kreditgewährung herabgesetzt werden“, ärgert sich Benn-Ibler.

Höhere Anforderungen an Sanierungsplanung

Verbesserungsbedarf ortet der ÖRAK-Präsident auch hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung des Sanierungsplans. Dieser sollte zusätzlich zu den bereits vorgesehenen Inhalten sowohl eine genaue Analyse der Krisenursachen, als auch detaillierte Planrechnungen und eine genaue Beschreibung der für die Beseitigung der Krise notwendigen Sanierungs- und Reorganisationsmaßnahmen enthalten. „Dadurch könnte die tatsächliche Tragfähigkeit des Sanierungskonzepts überprüft werden – eine Aufgabe, die dem Sanierungsverwalter obliegen sollte“, so Benn-Ibler, der sich vehement gegen die im Entwurf vorgesehene Einschränkung des Informations- und Kontrollrechts ausspricht.

Auch ist nach Ansicht der Rechtsanwaltschaft die bestehende Differenzierung zwischen öffentlichen Abgaben und „normalen“ Gläubigern nicht weiter aufrecht zu erhalten. Die Bevorzugung der öffentlichen Hand sei „mit dem Reformzweck nicht vereinbar“, urteilt Benn-Ibler.

Link: ÖRAK

Meldung: Kritik an Reform des Insolvenzrechts

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