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Recht, Tipps

Internet-Sperren soll es in Europa nicht ohne richterliche Kontrolle geben

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Brüssel/Wien. Das EU-Telekompaket wird nicht die befürchteten exzessiven Internet-Sperren bei bloßem Verdacht auf Urheberrechtsverletzung bringen: EU-Parlamentarier und EU-Rat haben sich darauf geeinigt, dass Internetsperren auf dem Rechtsweg überprüft werden können und richterlichter Kontrolle unterliegen. Lob kommt von so unterschiedlichen Lagern wie ÖVP und Grünen.

Jede Einschränkung des Internet-Zugangs muss vorab auf dem Rechtsweg überprüft werden können. Diese zentrale Forderung des Parlaments nach einer Vorabentscheidung mittels eines fairen und unparteiischen Verfahrens wurde „garantiert und verankert“, meint der VP-Europaabgeordnete Paul Rübig, der als Mitglied des Vermittlungsausschusses an den Verhandlungen teilnahm. Die Alternative wären Sperren auf bloße (massenweise) Verdachtsmeldungen hin gewesen, die üblicherweise von einem Rechteinhaber ausgegangen wären.

Richer und Rechtsweg

Als weiteren wichtigen Punkt bezeichnete Rübig die Einigung auf eine schnellere Rufnummernmitnahme: „Der Wechsel des Anbieters unter Mitnahme der eigenen Rufnummer wird für die Verbraucher erleichtert. Dauert eine Rufnummernübertragung heute bis zu zwei Wochen, soll die Mitnahme künftig innerhalb eines Werktages vollzogen werden können.“

Der erzielte Kompromiss der EU sieht vor, dass bei Urheberrechtsverletzungen im Internet der Zugang zwar eingeschränkt werden kann und die Mitgliedstaaten entsprechende Maßnahmen beschließen können. „Dabei müssen aber rechtstaatliche Standards und Verfahren wie die Unschuldsvermutung und der Rechtsweg eingehalten werden. Auch eine vorherige Anhörung des Internetnutzers ist selbstverständlich vorgesehen. Eine Entscheidung kann der Betroffene dann vor dem zuständigen nationalen Gericht anfechten“, informiert Rübig.

Erfreut über den Erfolg des EU-Parlamentes zeigt sich auch die Europaabgeordnete der Grünen, Eva Lichtenberger: „Das EP hat durch seine geschlossene Position gegen Internetsperren ohne richterlichen Beschluss einen ersten Erfolg im Sinne der Bürgerrechte gelandet.“ Ab sofort müsse den Internet-Usern garantiert werden, dass ihre Grund- und Freiheitsrechte gewahrt werden. Diese Rechte dürfen nur eingeschränkt werden, wenn ein klarer Verstoß gegen bestehende Gesetze nachgewiesen werden kann. Zunächst gilt die Unschuldsvermutung, somit hat das Recht auf Privatsphäre Vorrang, sagte Lichtenberger.

Experten sehen allerdings noch eine Reihe von Details zu klären, und die nationalen Parlamente müssen die EU-Einigung in nationales Recht umsetzen.

Link: Europaparlament

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