Wien. Reiseveranstalter und -vermittler sind verpflichtet, ihre Kunden bei der Buchung einer Pauschalreise über Pass- und Visumerfordernisse des Urlaubslandes zu informieren. Es reicht nicht, etwa pauschal auf Kataloge, Außenministerium oder Botschaften zu verweisen.
Das entschied der Oberste Gerichtshof (OGH) nun in einem Musterverfahren der Arbeiterkammer (AK).
Herr F. buchte 2006 für sich und seine Familie bei einem Reisebüro eine Pauschalreise nach Marokko. Er bekam bei der Buchung im Reisebüro keinen Katalog des Reiseveranstalters. Auf der Rechnung stand allerdings der Hinweis: „Beachten Sie die Einreisebestimmungen Ihres jeweiligen Urlaubslandes. Diese finden Sie im Katalog Ihres gebuchten Veranstalters, auf der Homepage des Außenministeriums www.reiseinformation.at oder bei der Botschaft des jeweiligen Landes.“
Herr F. informierte sich im Internet beim Außenministerium: Demnach können Reisende bis zu drei Monate ohne Visum nach Marokko einreisen. Der Reisepass muss während des Aufenthaltes gültig sein.
Kind benötigt eigenen Pass
Am Flughafen München erlebte die Familie eine böse Überraschung. Ihr wurde der Check-in verweigert, da der achtjährige Sohn keinen eigenen Ausweis oder Pass hatte. Er war nur im Reisepass der Mutter miteingetragen.
Die Familie konnte daher die Reise nicht antreten und buchte kurz entschlossen ein Last Minute-Arrangement nach Mallorca, um nicht ganz um ihren Urlaub umzufallen. Der Reiseveranstalter zahlte nur die Hälfte des Pauschalreisepreises zurück unter Verweis auf ein Verschulden des Kunden.
Die zu Hilfe gerufene AK akzeptierte das nicht: Laut Ausübungsvorschriften für Reisebüros hätten Reiseveranstalter und Reisevermittler von Pauschalreisen ihre Kunden (sofern sie österreichische Staatsbürger sind) bei der Buchung über die Pass- und Visumerfordernisse des Urlaubslandes zu informieren. Daher führte die AK einen Musterprozess gegen den Reiseveranstalter.
Das jetzt ergangene OGH-Urteil besagt nun, dass es für den Veranstalter nicht ausreicht, nur pauschal darauf zu verweisen, entsprechende Auskünfte aus dem Katalog oder über andere Stellen wie etwa das Außenministerium zu beziehen. Erschwerend wird es, wenn der Kunde den Katalog gar nicht bekommt. „Reisenden sollen Nachforschungen erspart bleiben“, so die AK.
Der Kunde bekam als Schadenersatz die restlichen 50 Prozent des Reisepreises, die Reiseversicherungskosten und das Reisebüro-Serviceentgelt bezahlt. Das Bezirksgericht für Handelssachen Wien und das Handelsgericht Wien hatten zuvor die AK-Klage abgewiesen.