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Recht, Tipps

Europäische Anwaltskammern warnen bei der Präsidentenkonferenz vor Überwachungswahn

Europäische Präsidentenkonferenz

Wien. Bei der Konferenz der Europäischen Anwaltskammerpräsidenten von 11. bis 13. Februar tagen über 200 Spitzenvertreter der Anwaltsorganisationen und Justiz aus 30 Ländern zu dem Thema „Vom Rechts- zum Überwachungsstaat?“ in Wien.

Sie fordern EU-Kommission und Europäischen Gerichtshof auf einzuschreiten: „Wir alle sind Zeugen einer Tendenz, wie unter dem Deckmantel der Terror-Abwehr nach und nach fundamentale Bürgerrechte ramponiert werden“, erklärt ÖRAK-Präsident Gerhard Benn-Ibler.

„Den Bürgern muss klar sein, dass jeder unmittelbar davon betroffen ist. Egal, ob er etwas zu verbergen hat, oder nicht“, beschreibt Benn-Ibler die Problematik. Morten Kjaerum, Direktor der EU-Grundrechteagentur, Prof. Hannes Tretter, Leiter des Ludwig Boltzmann Institutes für Menschenrechte und Georg Bürstmayr, Rechtsanwalt in Wien, beleuchten in Impulsreferaten das Tagungsmotto aus unterschiedlichen Perspektiven.

Zum „Gläsernen Menschen“

Videoüberwachung, Speicherung von Telekommunikationsdaten auf Vorrat, Nacktscanner, das alles flächendeckend und ohne konkreten Tatverdacht – der Phantasie der Behörden seien im vermeintlichen Kampf gegen den Terror offenbar keine Grenzen mehr gesetzt, so Benn-Ibler: „Unbeantwortet bleibt stets, ob und was diese Maßnahmen überhaupt jemals zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus beitragen können.“

Übrig bleibe das Bild eines gläsernen Menschen: jeder Normalbürger kann plötzlich durch einfache Vernetzung der gesammelten Daten auf Knopfdruck nackt ausgezogen werden. „Der technische Fortschritt gibt das Tempo dieser Entwicklung vor.“

Noch schneller als der technische Fortschritt scheine derzeit nur eines zu sein: Die Abfolge an Vorschlägen europäischer Staaten, wie Grundrechte, „die über Jahrzehnte selbstverständlich und unantastbar schienen, ausgehöhlt werden könnten“, beschreibt Rechtsanwalt Georg Bürstmayr.

Ständig werden neue Anlassfälle gefunden, um die Überwachungsschraube immer weiter anzuziehen. „Wovon Stasi, Securitate oder andere Spitzeldienste vor Jahrzehnten bestenfalls träumen durften, nämlich flächendeckend festzuhalten, wer wann mit wem auf welchem Weg kommuniziert hat, ist heute problemlos möglich“, so Bürstmayr.

Vertrauliche Kommunikation in Gefahr

Vor allem bisher besonders geschützte Bereiche der Kommunikation, wie etwa zwischen Rechtsanwalt und Klient, sind durch die Erfassung und Speicherung von Telekommunikationsdaten massiv gefährdet, auf breiter Front unterlaufen zu werden. „Es ist notwendig, auf europäischer Ebene geschlossen und vehement dagegen aufzutreten“, gibt sich der ÖRAK-Präsident kämpferisch.

Die Grundrechte-Charta der EU, die durch den Lissabon-Vertrag nunmehr verbindlichen Charakter besitzt, sieht in Artikel 8 erstmals ein eigenes Grundrecht auf den Schutz personenbezogener Daten vor. „Tatsächlich ist die EU-Charta international der erste und einzige Grundrechtekatalog, der ein eigenes Recht auf Datenschutz beinhaltet“, erklärt Morten Kjaerum, Direktor der EU-Grundrechteagentur. „Die Verankerung der EU-Grundrechte-Charta im Vertrag von Lissabon eröffnet daher eine reelle Chance, den Reset-Knopf zu drücken und der Sammelwut ein Ende zu bereiten“, hofft Benn-Ibler.

Sollte die Kommission selbst jedoch nicht in der Lage dazu sein, ruhen die Hoffnungen der Rechtsanwälte auf dem Europäischen Gerichtshof. Das von Infrastrukturministerin Doris Bures angekündigte Prüfungsverfahren beim EuGH sei ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Link:  Europäische Präsidentenkonferenz

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