
Wien. Die Rechtsanwaltskammer Wien hat heute in einer offiziellen Stellungnahme gegen den Richterstreik nächste Woche protestiert. Die Rechtsanwaltskammer Wien habe grundsätzlich Verständnis für die Forderung der Richter nach ausreichender personeller und sachlicher Ausstattung der Gerichte.
Es sei dies aber nicht der richtige Weg um auf die Mißstände aufmerksam zu machen. Im Gegenteil könne dies die Situation eher verschärfen, so Präsident Michael Auer.
Eine verhandlungsfreie Woche pro Monat, wie von der Richterschaft angekündigt, sei aus Sicht der Wiener Rechtsanwälte kein geeignetes Mittel zur Entlastung der Justiz, denn Sie gehe ausschließlich zu Lasten der Bürger und der Wirtschaft, heißt es in der Stellungnahme.
„Hilft weder Richtern noch Klienten“
Michael Auer, Präsident der Rechtsanwaltskammer Wien, wörtlich: „Die angekündigte Einführung einer verhandlungsfreien Woche pro Monat hilft weder den Richtern noch unseren Klienten. Wir fürchten eine Verzögerung der Verfahren um mehrere Wochen“.
Schon heute würden Verfahren aufgrund der Überlastung der Justiz nur sehr schleppend vorangehen. Diese Kampfmaßnahme der Richter erhöhe die Gefahr, dass Straftaten nicht aufgeklärt oder verfolgt werden und führe nur dazu, dass Bürger und Wirtschaft kein Verständnis für die berechtigten Forderungen der Richter mehr aufbringen würden.
Eine rasche und wirkungsvolle Entlastung der Justiz könne aber durch relativ einfache Maßnahmen erreicht werden, so Auer.
Forderung des „Collaborative Law“-Modells
So fordert die Rechtsanwaltskammer Wien seit langem die Einführung der Kooperativen Rechtspraxis, des Modells des collaborative law. Dabei suchen die Parteien mit ihren Rechtsanwälten in außergerichtlichen Verhandlungen eine Lösung ihres jeweiligen Konfliktes, sodass ein klassischer Rechtsstreit vor Gericht nicht in jedem Fall geführt werden müsste.
Der Gesetzgeber müsste die notwendigen Voraussetzungen schaffen, um den erarbeiteten Konsens in Form eines vollstreckbaren Rechtsanwaltsvergleichs zum Exekutionstitel zu machen. Auch die Einführung des elektronischen Akts bei Gericht und Behörden wäre ein effizienter Weg, die Gerichte deutlich zu entlasten.
„Die Rechtsanwaltskammer Wien versteht die Forderung der Richter nach einer besseren Ausstattung der österreichischen Justiz. Wir können aber keine Maßnahme gutheißen, die ausschließlich zu Lasten der einzelnen Bürger und der Wirtschaft geht“, sagt Auer abschließend.
Link: Rechtsanwaltskammer Wien