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Recht, Tipps

Prozessfinanzierer Foris: Österreich machte 2009 das halbe Neugeschäft aus

Gerrit Meincke © Frank Reinhold / Foris

Bonn/Wien. Dem deutschen Prozessfinanzierer Foris, der in Österreich die Konsumentenschützer des VKI im Streit mit dem AWD unterstützt, liegt der österreichische Markt am Herzen, sagt Foris-Syndicus Gerrit Meincke: Die Finanzierung der VKI-Sammelklagen gegen den AWD brachte der Foris ein Volumen von 40 Millionen Euro Streitwert ins Haus.

Das ist mehr als das halbe Neugeschäft des Jahres 2009. „Wir wollen das Geschäftsfeld weiter ausbreiten.“

„Wir sind der Erfinder der Prozessfinanzierung“, erläutert Dr. Gerrit Meincke, Leiter des Geschäftsbereichs Prozessfinanzierung bei der Foris AG. Das Unternehmen wurde im Jahr 1998 auf Initiative des deutschen Rechtsanwalts Lothar Müller-Güldemeister gegründet und dehnte das Arbeitsgebiet 2000 auf Österreich und die Schweiz aus. Bereits an die 20 Fälle habe man in Österreich finanziert – wobei hier Sammelklagen wie die gegen den AWD mit 2500 Klienten als ein Fall zählen.

Sowohl Private wie Unternehmen werden als Kunden akzeptiert, jeder Streitfall aus dem Zivilrecht ist prinzipiell geeignet. Bisher größter Erfolg in Österreich war ein Sieg mit einer VKI-Sammelklage gegen die Bawag P.S.K.-Gruppe wegen Zinsanpassungsklauseln, die die Verbraucherschützer als nachteilig für die Konsumenten empfanden.

Risiko der Prozessführung wird übernommen

Bei der Prozessfinanzierung bezahlt die Foris AG (oder einer der anderen Anbieter) dem Geschädigten die Anwalts- und Prozesskosten. Gewinnt der Geschädigte den Prozess, erhält die Foris ein Erfolgshonorar von 25 – 30 Prozent der erstrittenen Summe.

Die Einhebung eines solchen Erfolgshonorars ist österreichischen Anwälten laut Standesrecht verboten, ebenso wie (von umständlichen Ausnahmen abgesehen, wie es heißt) auch ihren deutschen Kollegen. Vermittelt ein Anwalt jedoch einen Klienten an Foris, so bezahlt der deutsche Prozessfinanzierer dessen Anwaltshonorare, die damit nicht mehr erfolgsabhängig sind. Der Prozessfinanzierer übernimmt also das gesamte Risiko der Prozessführung.

Mehr Interesse

Das Geschäftsmodell hat mittlerweile auch bei weiteren Playern Anklang gefunden: die Advofin (ein österreichisches Unternehmen) ist ebenso am Markt präsent wie die Rechtsschutzversicherer D.A.S. und Roland sowie der Versicherungsriese Allianz SE.

Über Anwälte kommen viele Kunden zur Foris, und vor allem diejenigen, die geeignet für die Prozessfinanzierung sind, wie Meincke es ausdrückt: Der Streitwert sollte wenn möglich über 200.000 Euro betragen und die rechtliche Situation aussichtsreich (und idealerweise schon vom Anwalt umfassend analysiert worden) sein. Noch einen dritten Punkt gibt es: „Die Gegnerschaft sollte auch in fünf Jahren noch vorhanden sein.“ Denn ein Hauptproblem für Prozessfinanzierer sei es nicht, oft genug zu gewinnen – „die Wahrscheinlichkeit dafür können wir mittlerweile recht gut abschätzen“ – sondern die Durchsetzung der erstrittenen Forderungen.

Oft genug geschehe es, dass Privatpersonen verschwinden, Unternehmen in Konkurs gehen und die rechtskräftige Forderung daher abgeschrieben werden muss. Interesse gebe es jedenfalls genug, heißt es. „Die Anwälte in Österreich wie Deutschland und der Schweiz kennen uns inzwischen, unser Geschäftsmodell ist allgemein anerkannt. Bei Privaten und Unternehmen müssen wir noch an der Bekanntheit arbeiten.“

Vergleich mit AWD erhofft

Im Fall des AWD hat sich Foris gemeinsam mit dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) ein großes Ziel gesetzt: 2500 Geschädigte werden vertreten, der Streitwert beträgt 40 Millionen Euro und damit mehr als die Hälfte des Neugeschäfts der Foris AG von 2009, nämlich 70 Millionen Euro. Entsprechende Bedeutung habe der österreichische Markt in den Augen der Foris AG. „Wir sind zuversichtlich, dass wir im Fall AWD erfolgreich sind. Sonst dürften wir einen solchen Fall ja aus wirtschaftlichen Gründen gar nicht übernehmen“, sagt Meincke.

Allerdings sei es nicht die Absicht von VKI und Foris, die AWD-Prozesse bis zu einem letztinstanzlichen Urteil zu führen – was laut Meinung von VKI-Rechtschef Peter Kolba zehn Jahre dauern würde. Statt einem Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) strebt Foris einen Vergleich an, bei dem „alle Beteiligten sich erhobenen Hauptes vom Tisch erheben können“, betont Meincke.

Er sieht die Chancen dafür dann gegeben an, wenn die noch bestehenden verfahrensrechtlichen Fragen geklärt sind. Der AWD – der alle Vorwürfe der Falschberatung, wie sie VKI und Foris erheben, vollinhaltlich zurückweist – hat nämlich die Zulässigkeit der gegen ihn geführten Sammelklagen grundsätzlich angefochten.

Derzeit liegt die Entscheidung darüber beim Oberlandesgericht (OLG) Wien. Meincke: „Wir meinen, dass das OLG zugunsten des VKI entscheiden wird. Wenn der AWD dann merkt, dass es ernst wird, wird auch die Verhandlungsbereitschaft wachsen.“

Link: Foris AG

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