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Recht

Dorda Brugger Jordis lud zur Podiumsdiskussion: Jurist bald Projektmanager?

Thomas Brandstätter, Brigitte Schaden, Stefan Artner, Susanne Hochwarter, Georg Blumauer

Wien. Die Anforderungen an Juristen haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Schon sehen manche die Juristen vor die Wahl gestellt, entweder rechtlicher Experte oder Projektmanager sein zu müssen – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Kompetenzen, die künftig für den Erfolg wichtig sein werden.

Eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion von Dorda Brugger Jordis und jus-alumni lotete die Zukunft des Berufsbilds aus.

Es diskutierten Brigitte Schaden, Vorstandsvorsitzende von Projektmanagement Austria (pma) und Präsidentin der International Project Management Association (IPMA), Georg Blumauer, Head of Legal and M&A der Soravia Service GmbH, Thomas Brandstätter, Senior Legal Counsel bei Magna International Europe, Susanne Hochwarter, Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens lawyers & more, und Stefan Artner, Gastgeber des Abends und geschäftsführender Gesellschafter bei Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte.

Heiß diskutiert wurde die Frage, ob sich ein Jurist tatsächlich entscheiden müsse, entweder Experte oder Projektmanager zu sein. Ganz im Gegenteil, meinte Thomas Brandstätter, gerade bei Transaktionen machten seiner Erfahrung nach oft die Unternehmensjuristen das Projektmanagement.

Denn „sie kennen alle Beteiligten des Unternehmens sowie die externen Berater und kennen die Hintergründe und Ziele der Transaktion. Business People sind daher mit dem Management der Transaktion weniger belastet und können sich bereits auf die Umsetzung nach dem Signing/Closing konzentrieren“, so Brandstätter.

Sozial- und Organisationskompetenz gefragt

Gegen das „oder“ bei Experte oder Projektmanager verwehrte sich auch Susanne Hochwarter: „Eine fachlich erstklassige Expertise ersetzt nicht Sozial- und Organisationskompetenz, sondern rundet diese erst ab. Fähigkeiten, die dem klassischen Projektmanager zugeschrieben werden, wie Kommunikationsstärke, Überzeugungskraft, Durchsetzungsvermögen, Verhandlungsgeschick, den fokussierten Blick für „das Ganze“, sowie Arbeiten unter Zeitdruck und unter nicht beeinflussbaren Rahmenbedingungen, sind auch für jeden Topanwalt oder Leiter einer Rechtsabteilung unabdingbar“, erklärte Hochwarter.

Laut Georg Blumauer sind Legal Manager gefragt, also mehr als nur rechtliche „Facharbeiter“. Unersetzlich seien bereits jetzt wirtschaftliche Grundkenntnisse und die Fähigkeit, vernetzt zu denken.

Auch Stefan Artner sieht Projektmanagement als wichtigen Teil seiner anwaltlichen Tätigkeit: „Gerade bei großen, grenzüberschreitenden Projekten ist es wichtig unterschiedliche Persönlichkeiten und Kulturen zu koordinieren. Bei solchen Transaktionen laufen die Fäden oft bei uns Anwälten oder beim Inhouse-Counsel zusammen. Die soziale Kompetenz vor allem des Projektleiters, aber auch aller Teammitglieder, ist dabei wesentlich“, so Artner.

Zu wenig Ausbildungsangebot für Managerfähigkeiten

Dem gegenüber konterte Brigitte Schaden, dass es im Projektmanagement zwar viele Akademiker gebe, doch nur eine geringe Rate an Juristen. Dies liegt ihrer Meinung nach daran, es für Juristen „in ihrem Studium – jedenfalls wenn sie es in Österreich absolvieren – keinerlei Ausbildungsangebot in Projektmanagement gibt. Hier sind viele andere Fakultäten sicher marktorientierter. Denn Projektmanagement-Kompetenzen werden in allen Branchen, Funktionen und Hierarchiestufen immer stärker gefordert“, sagte Schaden.

2009 führte das IMU (Institut für Marktanalysen und Umfrageforschung TransMIT GmbH) im Auftrag der deutschen Projektmanagementvereinigung GPM für die gesamte D-A-CH-Region – also für die Länder Deutschland, Österreich und Schweiz – eine umfassende Karriere- und Gehaltsstudie für ProjektmanagerInnen durch. In Österreich erfolgte die Umfrage in Kooperation mit Projekt Management Austria (pma).

Laut dieser Untersuchung verfügen 73,5 % der Projektmanager über eine akademische Ausbildung und damit überdurchschnittlich häufig über einen ersten akademischen Abschluss. Lediglich 0,6 % der Projektmanager haben Rechtswissenschaften studiert. Technische Studien stellen mit rund 30 % dabei die größte Gruppe der gewählten Studienrichtung dar, aber bereits 21 % der studierten Projektmanager haben ein wirtschaftliches Hochschulstudium absolviert. 15,4 % haben einen akademischen Abschluss in Mathematik oder Informatik, 5,6 % in Naturwissenschaften und 4,0 % in Gesellschafts- und Sozialwissenschaften.

Klaffen hier Eigenbild der Juristen und Realität weit auseinander? Jedenfalls nicht so weit, dass sich die Podiumsreferenten nicht über eine Lösung einig waren.

Universitäten sollten Ausbildung in diese Richtung ergänzen

„Neben hohem juristischen Know-how sind organisatorische Fähigkeiten und Social Skills auch für unsere Kanzlei ein immer wichtigerer Faktor bei der Auswahl von Mitarbeitern. Die Ausbildung an den Universitäten sollte daher auf diese Fähigkeiten verstärkt eingehen“, sagte Artner.

„Der Mehrwert seiner eigenen Leistung will verkauft werden. Social Skills und Selbstmarketing muss man oft erst erlernen, zumal diese Fähigkeiten auf juridischen Fakultäten bisher kaum vermittelt werden“, meinte auch Blumauer.

Hochwarter sieht allerdings die Bereitschaft, Skills wie Sozial- und Organisationskompetenz zu erwerben oder zu vertiefen, stark abhängig von Alter und Werdegang. Gleichzeitig ist ihrer Meinung nach das Berufsbild „Jurist“, welches in den Vorstellungen vieler Personalverantwortlicher fest verankert ist, sehr revisionsbedürftig: „Alles in allem ist aber ein deutlicher Bewusstseinswandel bemerkbar, sowohl von Seiten unserer Auftraggeber als auch von Bewerberseite,“ so Hochwarter.

Unabhängig von einer separaten Ausbildung müsse ein erfolgreicher Jurist gleichzeitig auch Projektmanager sein, erklärte Brandstätter, dies gelte vor allem bei Transaktionen: „Er braucht Spezialkenntnisse in allen typischen transaktionsrelevanten Rechtsmaterien; er muss ferner wissen, wann er weitere Experten aus anderen Bereichen hinzuziehen muss und muss sämtliche Beteiligten koordinieren, Terminpläne erstellen und für deren Einhaltung sorgen. Schlussendlich ist er für die Umsetzung verantwortlich. Er braucht also neben juristischem Wissen auch wirtschaftliches, technisches sowie kulturelles Wissen und Erfahrung“, so Brandstätter.

 

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