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Recht

Höchstgerichte 2: Verfassungsgerichtshof mit 42 Prozent mehr Fällen

Gerhart Holzinger, Präsident des VfGH

Wien. Im Tätigkeitsbericht der Höchstgerichte findet sich auch ein Hilferuf an die Politik vom Verfassungsgerichtshof (VfGH). Wie aus seinem Tätigkeitsbericht hervorgeht, haben sich die an den VfGH herangetragenen Beschwerden im Berichtsjahr 2008 dramatisch erhöht.

Grund dafür ist die Einrichtung des Asylgerichtshofs, der Mitte 2008 seine Arbeit aufgenommen hat und dessen Entscheidungen aufgrund des nunmehrigen Ausschlusses des Verwaltungsgerichtshofs in Asylrechtssachen nur noch beim Verfassungsgerichtshof bekämpft werden können.

Mehr als ein Drittel der im Jahr 2008 neu an den Verfassungsgerichtshof herangetragenen Fälle betrafen den Asylbereich. Mit gezielten organisatorischen Vorkehrungen, zusätzlichen Mitarbeitern und besonderem Einsatz sei es in den ersten Monaten zwar gelungen, die neue Herausforderung einigermaßen zu bewältigen, heißt es im Bericht, auf Dauer ergebe sich aber ein gravierendes Problem für den Verfassungsgerichtshof.

Dabei geht es den VfGH-Richtern nicht nur um die enorme Arbeitsbelastung, sie fürchten auch, dass der VfGH durch die hohe Zahl von Beschwerden im Asylbereich von „seiner ureigensten Aufgabe“, der Normenkontrolle und der Prüfung grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Fragen, mehr und mehr entfremdet wird. Es gebe mit Sicherheit weltweit kein weiteres Beispiel dafür, dass ein nationales Verfassungsgericht in dieser Weise mit Rechtssachen aus einem bestimmten Teilgebiet des Verwaltungsrechts befasst wäre, ist der VfGH überzeugt.

Eine dauerhafte Lösung des Problems kann aus Sicht des VfGH nur darin bestehen, so bald wie möglich eine zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit einzurichten und in dieses Konzept auch den Asylgerichtshof einzubinden. Der VfGH regt an, gegen Entscheidungen des Asylgerichtshofs sowohl eine Anrufung des Verfassungsgerichtshofs als auch des Verwaltungsgerichtshofs zu ermöglichen, wobei beide Gerichtshöfe unter bestimmten Voraussetzungen das Recht haben sollen, derartige Beschwerden abzulehnen.

42 Prozent mehr Fälle

Untermauert wird der Hilferuf des VfGH durch die vorgelegten Zahlen. Demnach wurden an den Verfassungsgerichtshof im Jahr 2008 exakt 4.036 neue Fälle herangetragen, was einem Plus von 42 Prozent gegenüber dem Jahr 2007 entspricht. 1.525 dieser Fälle betrafen den Asylbereich. Hochgerechnet auf das Kalenderjahr geht der Verfassungsgerichtshof künftig sogar von 3.500 bis 4.000 Asylbeschwerden jährlich aus.

Um den Arbeitsanfall zu bewältigen, hielt der Verfassungsgerichtshof 2008 zusätzlich zu den üblichen vier mehrwöchigen Sessionen eine zweitägige Zwischensession im November ab. Insgesamt konnte er dabei 3.221 Fälle erledigen. Dazu zählen unter anderem 152 Gesetzesprüfungsverfahren, 390 Verordnungsprüfungsverfahren, 4 Wahlanfechtungen, 348 Beschwerden gegen Entscheidungen des Asylgerichtshofs und 2.287 weitere Bescheidbeschwerden. Gleichzeitig waren 2.174 Fälle mit Jahresende noch offen.

Die durchschnittliche Verfahrensdauer beim VfGH hat in den vergangenen Jahren, vom Eingangsdatum bis zur Beschlussfassung gerechnet, rund acht Monate betragen. In Summe hob der VfGH von 40 geprüften Bundes- und Landesgesetzen 16 teilweise auf. Dazu gehörten etwa einzelne Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, des Staatsbürgerschaftsgesetzes und des Glücksspielgesetzes.

24 Gesetze, unter anderem das Ökostromgesetz, das Apothekengesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Bundesvergabegesetz und das Studienförderungsgesetz, hielten hingegen der Prüfung stand.

Kritik an Zahlungsmoral

Kritik übt der Verfassungsgerichtshof an der mangelnden Zahlungsmoral des Bundes bzw. belangter Behörden. Ihm zufolge ist es im Jahr 2008 wiederholt vorgekommen, dass der Bund (die belangte Behörde), der nach Aufhebung eines Bescheids verpflichtet wurde, dem jeweiligen Beschwerdeführer die Kosten des verfassungsgerichtlichen Verfahrens zu ersetzen, seiner Zahlungspflicht nur zögerlich bzw. teilweise überhaupt nicht nachgekommen ist.

In einem solchen Fall ist der Verfassungsgerichtshof gezwungen, einen Antrag auf Exekution seines Erkenntnisses an den Bundespräsidenten zu stellen. Im Jahr 2008 wurde laut Bericht auch der Grundstein für eine umfassende Reorganisation des Präsidiums des Verfassungsgerichtshofs gelegt.

Link: Verwaltungsgerichtshof

Link: Verfassungsgerichtshof

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