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Recht

Vergaberechtsnovelle bringt für Bieter in der Praxis Vorteile und Nachteile

Elisabeth Nagel © huber ebmer partner

Linz. Im März 2010 ist die Vergaberechtsnovelle nach jahrelanger Bearbeitung in Kraft getreten: Sie setzt einschlägige EU-Bestimmungen um und bringt wesentliche Erleichterungen für KMUs, wie die Neugestaltung der Vorlage der Eignungsnachweise, heißt es bei der Kanzlei huber ebmer partner.

Öffentliche Ausschreibungen machen rund 16 % des Bruttoinlandsproduktes aus – mit der Novelle soll der Wettbewerb in diesem Bereich gefördert und für mehr Chancengleichheit gesorgt werden, so Vergaberechtsexpertin Elisabeth Nagel.

Nagel, Partnerin von huber ebmer partner, gab interessierten Gästen im Zuge der Veranstaltungsreihe Eckhaus Schillerstraße einen Überblick über die wesentlichen Neuerungen.

Prinzipiell wird im Vergaberecht zwischen Ober- und Unterschwellenbereich (letzterer gilt für Kleinaufträge; es gelten vereinfachte Bestimmungen) unterschieden. Bereits seit 1. Jänner gelten etwas niedrigere Schwellenwerte für den Oberschwellenbereich. Nach wie vor in Kraft, wenn auch vorerst bis 31.12.2010 befristet, sind die erhöhten Schwellenwerte für Direktvergaben bei einem geschätzten Auftragswert bis zu EUR 100.000,–, um die regionale Wirtschaft zu fördern und es Auftraggebern zu ermöglichen, schneller zu agieren.

Bei der Eignung, die bisher jeder Unternehmer mit der Angebotsabgabe nachweisen musste, gibt es eine wesentliche Vereinfachung: Bieter können zum Nachweis der Befugnis und Leistungsfähigkeit eine „substantiierte Eigenerklärung“, die sich auf das konkrete Vergabeverfahren bezieht, abgeben, so Nagel. Der Auftraggeber kann dann nach eigenem Ermessen entscheiden, wann er welche Nachweise von bestimmten Bietern fordert.

Ab einer Höchstgrenze von EUR 120.000,– für Bau- und EUR 80.000,– für Liefer- und Dienstleistungsaufträge muss der Auftraggeber die festgelegten Nachweise vom präsumtiven Zuschlagsempfänger vor Zuschlagserteilung binnen angemessener Frist verlangen. Dabei kann laut Gesetzesmaterialien schon ein Tag als Frist ausreichend sein.

Für Kleinvergaben kann hingegen eine Eigenerklärung ausreichen – z.B. bei regelmäßigen Geschäftsbeziehungen.

„Aufgrund der kurzen Fristen ist es aber fraglich, ob die Novelle in diesem Punkt die gewünschten Erleichterungen für die Bieter bringen wird, weil die Bieter trotz der Möglichkeit, die Nachweise erst später erbringen zu können, diese dennoch parat haben sollten“, so Nagel.

Dienstleistungsanzeige für ausländische Unternehmen

Änderungen gibt es auch beim sogenannten Befugnisregime: Ausländische Unternehmen, die in Österreich an einer Ausschreibung teilnehmen wollen und die reglementierte Gewerbe ausüben, müssen eine Dienstleistungsanzeige erstatten. Bei „sensiblen reglementierten Gewerben“ (z.B. Baumeister, Elektrotechnik, Gas- und Sanitärtechnik,…) muss das Bundesministerium für Wirtschaft nach Einlangen der Anzeige prüfen, ob durch das Ausüben der Tätigkeit eine Gefährdung der Sicherheit der Allgemeinheit oder des Auftragnehmers besteht.

Im Rechtmittelverfahren wurde die Anfechtungs- und Stillhaltefrist im Oberschwellenbereich verkürzt: Sie beträgt nunmehr 10 Kalendertage (vormals 14), bzw. 15 Tage, wenn die gesondert anfechtbare Entscheidung postalisch zugestellt wurde (wobei aber grundsätzlich die elektronische Übermittlung forciert wird, sodaß die kurze Frist die Regel sein wird, warnt die Expertin).

Verstöße und Strafen

Seit der Novelle ist es der Nachprüfungsbehörde auch möglich, bestimmte Rechtsverstöße festzustellen (zB die rechtswidrige Direktvergabe eines Auftrages) und den abgeschlossenen Vertrag rückwirkend auf den Vertragsabschluss für nichtig zu erklären. Von dieser Nichtigerklärung des Vertrages kann aber beispielsweise im Oberschwellenbereich dann abgesehen werden, wenn zwingende Allgemeininteressen oder unverhältnismäßige wirtschaftliche Folgen dagegen sprechen. In diesem Fall muss aber ein Bußgeld von bis zu 20 % der Auftragssumme verhängt werden.

„Die Vergaberechtsnovelle bringt durch die Möglichkeit der Eigenerklärung sicherlich Vorteile für die Bieter. Inwieweit diese Möglichkeit der Abgabe einer Eigenerklärung angenommen wird, wird die Praxis zeigen“, so Nagel.

Eine Erschwernis für die Bieter stelle hingegen die Verkürzung der Rechtsmittelfrist im Oberschwellenbereich auf 10 Tage dar. „Da die rechtliche Prüfung der Unterlagen und die exakte Ausarbeitung der Nachprüfungsanträge bei komplexen Themen viel Zeit in Anspruch nehmen kann, kann es durch die Verkürzung der Frist zu einem Rechtsschutzdefizit kommen. Es ist daher wichtig, dass sich die Bieter der kurzen Frist bewusst sind und entsprechend rasch reagieren“, so die Einschätzung von Nagel.

Link: huber ebmer partner

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