
Wien. Freude über Facebook, Angst vor Google – oder umgekehrt? Keines von beiden? Beim Internet Summit Austria 2010 diskutierten Experten aus Österreich und der EU das Spannungsfeld zwischen den neuen Möglichkeiten des Internet und den Grundrechten: Sie sahen sowohl neue Möglichkeiten für direkte Demokratie wie Potenzial für totale Überwachung.
Für die Möglichkeiten, aber auch die Gefahren, müssen die Nutzer stärker sensibilisiert werden, fordert ISPA-Präsident Andreas Koman.
Die Wahrung der Grundrechte ist eine globale Herausforderung: In der Präambel zur Europäischen Grundrechtecharta bekennt sich die Europäische Union dazu „angesichts der Weiterentwicklung der Gesellschaft, des sozialen Fortschritts und der wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen den Schutz der Grundrechte zu stärken, erinnert der Regierungsvertreter: Wichtig sei es, diesen Schutz auch tatsächlich umzusetzen, betonte Medienstaatssekretär Josef Ostermayer in seiner Eröffnungsrede.
Wie sich dieses Bekenntnis angesichts der Weiterentwicklung des Internets und des damit einhergehenden gesellschaftlichen Wandels auf politischer und rechtlicher Ebene auswirkt, legte Martin Selmayr, Kabinettchef von Viviane Reding, EU-Kommissarin für Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft, dar. In seinem Impulsvortrag stellte Selmayr die europäischen Rahmenbedingungen vor. In der anschließenden Podiumsdiskussion erörterte ISPA Generalsekretär Andreas Wildberger mit den Podiumsgästen die von Selmayr präsentierten Thesen.
Unternehmen vs. Staat?
Auf die Chancen und Gefahren des Internets angesprochen, verdeutlichte Hans Peter Lehofer vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH), dass das Internet die Freiheit zur Äußerung und zum Empfang von Meinungen und Informationen ermögliche und auch wesentliche politische Rechte erfüllen könne. Die Achtung des Privat- und Familienlebens sowie das Recht auf Schutz personenbezogener Daten seien allerdings durch das Internet gefährdet.
Lehofer wies deutlich auf die Funktion des Staates als Hüter und Bewahrer sämtlicher Grundrechte hin. Als langjähriges geschäftsführendes Mitglied der Datenschutzkommission erkannte Waltraut Kotschy vor allem den durchgängigen und klaren Datenschutz als Herausforderung.
Ökonomische Interessen und Datenschutz
Kotschy betonte, wie wichtig es sei, dass es kein Datenschutz-Privileg für Privatpersonen bei der Verbreitung von Daten über andere Personen im Internet gebe. Global agierende Unternehmen wie Google stellen politisch-rechtliche Rahmenbedingungen allerdings vor besondere Herausforderungen, agieren sie doch von ihrem Selbstverständnis her auf Basis wirtschaftlicher Überlegungen. Annette Kroeber-Riel, Konzernvertreterin von Google für Deutschland, Österreich und die Schweiz, erklärte wie Google mit diesem Spannungsfeld umgeht.
Was das alles für die Menschen bedeutet, für die das Internet heute im Beruf wie im Privaten nicht mehr wegzudenken ist, erläuterte Ritchie `Blogfried` Pettauer, Online Marketing Berater und Blogger. Er wies vor allem darauf hin, dass das Social Web sowohl ein gewaltiges Potential für mehr Transparenz und direkte Demokratie aber auch für Totalüberwachung und Aushöhlung der Grundrechte berge.
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