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Bildung & Uni, Recht

Die Reform des Jus-Studiums wirft ihre Schatten voraus

Andreas Hable © Binder Grösswang

Wien. Wissenschaftsministerin Beatrix Karl hat vor ihrem Amtsantritt angekündigt, eine der verbleibenden Lücken der Studienreform schließen und Juristen künftig auf „Bachelor“ und „Master“ statt wie jetzt „Magister“ und „Doktor“ studieren zu lassen. Die Studentenvertreter lehnten das ab, es wurde vorübergehend still um das Thema.

Doch nächstes Jahr könnte es mit der Reform ernst werden, scheint man in der Studentenschaft zu glauben: Sie bereitet für Dezember 2010 eine öffentliche Diskussionsrunde vor, Titel: „Bachelor Jus – eine Zwangsehe“. Auch die Rechtsanwaltskammer (ÖRAK) hat das Vorhaben bisher stets abgelehnt, Rechtsprofis in Großkanzleien sehen dagegen durchaus auch positive Aspekte.

An der geplanten Diskussionsrunde der Jus-Studenten werden sich jedenfalls „sämtliche Fakultätsvertretungen der rechtswissenschaftlichen Fakutäten beteiligen“, so so Philipp Maunz, Vorsitzender der Fakultätsvertretung Jus am Grazer Juridicum gegenüber Recht.Extrajournal.Net.

Minsterin Karl, selbst Juristin und langjährige Professorin für Arbeits- und Sozialrecht am Grazer Juridicum, habe „immer ein offenes Ohr für die Studenten gehabt. Ein Bakkalaureatsstudium ist für Juristen nicht sinnvoll“, hatte Maunz seinerzeit bei ihrem Amtsantritt öffentlich festgehalten. Das Problem: „Bei einem dreijährigen Bakkalaureatsstudium würden die Absolventen in den juristisch-typischen Berufen keine Aufnahme finden, ein vierjähriges Bakkalaureatsstudium würde zu einer Abwertung des bisherigen, vierjährigen Diplomstudiums führen.“ Die Studenten wollen die bisherigen Diplomstudienpläne für juristische Studien daher am liebsten beibehalten.

Wirtschaftskanzleien reformfreudig

Vertreter der großen Rechtsanwaltskanzleien Österreichs sehen das Thema wesentlich entspannter. Andreas Hable, zuständiger Partner für Recruiting, also die Aufnahme neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Wirtschaftskanzlei Binder Grösswang. „„Ich sehe das Match zwischen alter Studienordnung und Bachelor/Master derzeit unentschieden.“ Das Bachelor/Master-System sei nicht per se besser oder schlechter, sondern vor allem der Versuch der EU, die Bildungssysteme aneinander anzugleichen – wohin es aber noch ein langer Weg ist. „Der Blick ins Ausland zeigt aber, dass der Bachelor nichts Böses ist.“

Und in Österreich hat immerhin die Wirtschaftsuniversität Wien einen Studiengang nach Bachelor/Master-System zum „Wirtschaftsjuristen“ erfolgreich eingeführt (die Titel lauten „LLB“ bzw. „LLM“ nach angloamerikanischem Muster). Die Wirtschaftskanzlei CHSH hat für Absolventen sogar einen eigenen „Best Thesis Award“ ausgeschrieben. Hable: „Allerdings hat sich noch kein Absolvent des LLB an der WU bei uns beworben – was logisch ist, denn er berechtigt in Österreich nicht zur Ausübung der klassischen juristischen Berufe wie Rechtsanwalt, Notar, Richter oder Staatsanwalt.“ Typisches Berufsfeld für diese Akademiker laut WU selbst ist die Tätigkeit in der Wirtschaft, etwa in der Rechtsabteilung eines Großunternehmens; ein Vergleich mit dem klassischen Jusstudium ist daher nur bedingt möglich, so Hable.

Beim LLM an der WU sieht das ganz anders aus: wer dort bis zum LLM studiert, dem stehen auch die klassischen Rechtsberufe offen. Aber noch gibt es erst eine Handvoll Absolventen, so Hable. „Daher wissen wir in der Praxis noch gar nicht, wie gut diese als Wirtschaftsanwälte geeignet wären. Meine Vermutung lautet: gut geeignet. Ich schätze die Lehrinhalte und Vortragenden an der WU.“

Der Bologna-Prozess

Das Jus-Studium, wie es z.B. am Wiener Juridicum die weitaus überwiegende Zahl der österreichischen Juristen absolvieren, ist eines der wenigen, die noch nicht nach Bologna-System umgestaltet wurden, doch auch hier hat sich in den letzten Jahren viel getan, lobt Hable, etwa beim Doktoratsstudium. Und Hable gibt den Jusstudenten durchaus recht, die gegen einen Bachelor protestieren, mit dem sie dann den Anwaltsberuf nicht ausüben dürfen. „Solange der Bachelor in dieser Form diskriminiert wird, darf man die Studenten da nicht hineinzwängen.“ Und ein Master-Studium sei gegenüber dem jetzigen Magister-Diplomstudium nach dem Bachelor doch „recht aufwändig“.

Die Lösung des Praktikers Hable für das Problem: „Wir Wirtschaftsanwälte sind eher liberal. Bei uns geht ein Neueinsteiger ja ohehin jahrelang durch die Hände erfahrener Kollegen, bevor er eigenständig aktiv wird. Daher würde ich persönlich den Bachelor zur Berufsausübung zulassen.“

Gegen einen solchen Schritt, der möglicherweise auch die Studenten besänftigen würde, hat sich in Österreich allerdings die Rechtsanwaltskammer (ÖRAK) bisher stets ausgesprochen. Sie ist der Meinung, dass ein nur dreijähriges Studium nicht die nötigen Qualifikationen für die Ausübung des Anwaltsberufs bringen könne.

Link: Wissenschaftsministerium

Link: Juridicum

Link: WU-Studium Wirtschaftsrecht

Link: Binder Grösswang

Link: CHSH

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