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Recht, Tipps

Neue Gebühren und Änderungen im Strafrecht durch das Justiz-Sparpaket: Heftige Kritik der Anwälte

Wien. Der Gesetzesentwurf des Budgetbegleitgesetzes Justiz sieht erhöhte bzw. neu eingeführte Gebühren vor, die „vor allem den Mittelstand treffen“, kritisiert die Rechtsanwaltskammer Wien. So werden etwa die Eintragungsgebühren im Grundbuch erhöht.

Auch bei Firmen wird verstärkt zugegriffen: Unternehmen, die bei der verpflichtenden Veröffentlichung von Bilanzen säumig sind, werden künftig sofort gestraft. Stiftungen, die bei der Bekanntgabe ihrer Vergünstigten sämig sind, müssen künftig 20.000 Euro bezahlen. Die Anwälte erachten vor allem die Strafrahmen als zu hoch.

Grundsätzlich sollen die neuen Spielregeln für effizientere Abläufe bzw. für höhere Erträge im Rahmen der Justiz sorgen. Kritiker erinnern allerdings daran, dass die Justiz ohnehin bereits deutlich positiv wirtschaftet; daher würden die erhöhten Gebühren die finanzielle Belastung für die Staatsbürger ohne Not vergrößern, meinen sie. Einige Vorhaben sind auch inhaltlich umstritten.

Einige von der RAK Wien kritisierte Maßnahmen im Detail:

  • Die Eintragung in das Grundbuch wird um 10 % angehoben. Dies ist laut Rechtsanwaltskammer Wien nicht nachvollziehbar, gehe doch die Gebührenbemessung „von dem jeweiligen Wert der Liegenschaft aus, der ohnehin laufend marktangepasst ist“. Erwirbt z.B. jemand eine Liegenschaft im Wert von 300.000,- Euro, so kostet dies in Zukunft 3.300,- statt wie bisher 3.000,- Euro allein an Eintragungsgebühren für das Eigentumsrecht.
  • Die Kosten für die Abschrift eines Grundbuchauszugs wurden von 10,- Euro auf 12,- EUR angehoben, weitere Gebühren für Abfragen wie zum Beispiel die Vollabfrage einer Einlagezahl werden neu nach Flat-Rate vergebührt.
  • Verbände, die einen Strafregisterauszug benötigen müssen dafür 50,- Euro bezahlen, das ist beinahe das Doppelte von dem, was Einzelpersonen an Gebühren abverlangt wird (26,40 Euro).
  • Der Vorschlag sieht sofort zu verhängende Zwangsstrafen vor, wenn Jahresabschlüsse nicht rechtzeitig abgegeben werden. Dies betrifft alle im Firmenbuch eingetragenen Unternehmen, die meldepflichtig sind. Die Erststrafe beträgt 700,- bis 3.600,- Euro. Die RAK Wien sieht dies als überzogen an und tritt für die Beibehaltung einer Aufforderung vor Verhängung der Strafe ein.
  • Die Pönalisierung von Privatstiftungen mit bis zu 20.000,- Euro, falls die Begünstigten nicht sofort gemeldet werden, ist aus Sicht der Rechtsanwaltskammer Wien ebenfalls unverhältnismäßig hoch.

Änderungen im Strafrecht

Der Entwurf sieht weiters eine Änderung der Strafbarkeit von Körperverletzungen vor: damit angeklagt wird, muss statt wie bisher einer über drei Tage dauernden Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit künftig eine mehr als vierzehntägige gegeben sein. „Damit entfällt der größte Anteil fahrlässiger Körperverletzungen – nicht nur im Straßenverkehr. Wer nun glaubt, diese Maßnahme habe positive budgetäre Folgen, ist auf dem Irrweg“, so die RAK Wien.

Der Gesetzgeber erwarte sich auf der einen Seite einen Rückgang aus Einnahmen aus Geldbußen (Diversion) und Geldstrafen, auf der anderen Seite einen Rückgang an Sachverständigengebühren. Doch ein beträchtlicher Eingang an Budgetmitteln sei durch eine andere Maßnahme zu erwarten: In Zukunft soll die Möglichkeit entfallen, eine Geldstrafe zur Gänze bedingt nachzusehen – auch wenn die Schuld und der Unrechtsgehalt der Tat noch so gering sind.

„Der Gesetzgeber nimmt sich damit die Möglichkeit, adäquat auf Straftaten zu reagieren und zwar einzig und alleine, um mehr Geld in die staatlichen Kassen zu spülen. Das Ergebnis ist damit in Summe Null“, kritisiert RAK Wien-Vizepräsidentin Elisabeth Rech. Der Gegenvorschlag der Kammer: Die Einführung des durchsetzbaren Rechtsanwaltsvergleichs, der seit seit langem gefordert werde.

Link: RAK Wien

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