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Recht

Wirtschaftskriminalität: Am gefährlichsten sind oft die Chefs, warnt KPMG

Linz/Wien. Geht es um Wirtschaftskriminalität, so sind die Täter meist langjährige Mitarbeiter in Führungsposition – und zwar meist in der Finanzsparte oder im Vertrieb. Das hat das Prüfunternehmen KPMG erhoben. Gefördert werden die Missetaten durch Budgetkürzungen, Leistungsdruck und oft lückenhafte Kontrollmechanismen. Sie verleiten insbesondere langjährige Führungskräfte zu betrügerischen Handlungen, heißt es.

KPMG empfiehlt als Gegenmaßnahmen nicht nur Überwachung, sondern auch ein offenes Ohr für Warnsignale (Whistleblowing). Wird ein Täter erwischt, soll der Fall nicht totgeschwiegen, sondern zur Abschreckung intern deutlich kommuniziert werden, heißt es.

Für die internationale Studie „Who is the typical fraudster?“ wurden 348 Fälle aus 69 Ländern analysiert. KPMG hat dafür ein Täterprofil erstellt und die häufigsten Delikte erhoben, so eine Aussendung:

  • In 87 % der Fälle ist der Täter männlich und in einer Führungsposition (82 %), meist im Finanzbereich oder Vertrieb.
  • In 76 % der Delikte ist der Täter zwischen 36 und 55 Jahre alt. Der Hauptteil entfällt auf die Altersgruppe zwischen 36 und 45 Jahre (41 %).
  • Knapp zwei Drittel der Täter sind bereits fünf Jahre im Unternehmen, ein Drittel sogar zehn Jahre, wenn die Straftat aufgedeckt wird.

„Unter einem Betrüger stellt man sich landläufig einen habgierigen und hinterlistigen Menschen vor, der keine Möglichkeit ungenützt lässt, sich zu bereichern. Unsere Studie zeigt jedoch, dass der >typische< Täter in einer führenden Funktion arbeitet, oft schon mehr als zehn Jahre im Unternehmen ist und hohes Vertrauen genießt. Personen, die länger im Unternehmen sind und eine Führungsposition haben, können viel einfacher Kontrollmechanismen übergehen. Sie kennen die Prozesse und wissen, worauf sie achtgeben müssen“, so KPMG-Geschäftsführer Gert Weidinger zum Täterprofil, das auch auf österreichische Fälle zutreffe.

Die wenigsten Mitarbeiter kommen mit dem Vorsatz ins Unternehmen, einen Betrug zu begehen oder sich auf Kosten des Unternehmens zu bereichern. Oft führen Veränderungen der persönlichen Lebensumstände oder zu hoch gesteckte Arbeitsziele und Leistungsdruck dazu, einen Betrug zu begehen, heißt es.

Veruntreuung und Beschaffungskriminalität am häufigsten

Die häufigsten Delikte sind Veruntreuung von Vermögenswerten oder Beschaffungskriminalität (43 % der 348 untersuchten Fälle). KPMG-Geschäftsführer Michael Nayer ergänzt: „Auch gefälschte oder geschönte Zahlen im Finanzreporting sowie die Ausstellung falscher Rechnungen, um sich persönliche finanzielle Vorteile zu verschaffen, zählen zu den Delikten. Die Annahme von Bestechungsgeldern für die Unterzeichnung von überhöhten Projektkosten ist ebenfalls eine beliebte Praktik, genauso wie geheime Absprachen zwischen Lieferanten, die zu überhöhten Preisen führen.“

Die Praktiken sind oft simpel, werden aber gut verschleiert. International gab es in 61 % der Fälle Mittäter, meist direkte Geschäftspartner wie Kunden, Lieferanten oder Berater. In Österreich wurde die Hälfte der Delikte mit Mittätern begangen, die andere Hälfte allein. Signifikant ist auch, dass sich in 74 % der Fälle die Täter schwache Kontrollmechanismen der Unternehmen zunutze machten.

Warnsignale oft ignoriert

Kriminelle Handlungen zeichnen sich häufig im Vorfeld ab. Die Studie zeigt, dass weltweit 56 % der kriminellen Handlungen ein oder mehrere Alarmsignale vorausgingen. In Österreich war dies bei 48 % der Fall. In den untersuchten Fällen wurden jedoch nur 6 % davon nachverfolgt, in Österreich nur 5 %.

Zur Aufdeckung der Fälle führen oft anonyme Hinweise aus dem Unternehmen oder von Geschäftspartnern. Dazu Weidinger: „Die Einrichtung einer Hotline oder eines E-Mail-Postfaches zum Deponieren anonymer Hinweise kann zum frühen Aufdecken krimineller Fälle beitragen. Gerade in Österreich steht man der Kultur des sogenannten >Whistleblowing< jedoch noch sehr skeptisch gegenüber. Insbesondere gilt es, Gegner im Unternehmen, die darin eine Einrichtung zum Mobbing sehen, zu überzeugen. In der Praxis zeigt sich, dass das >Vernaderungsrisiko< im Unternehmen bei gleichzeitiger Einführung von ethischen Richtlinien und Standards minimal ist.“

Werden kriminelle Handlungen aufgedeckt, erfolgt meist keine Kommunikation nach außen. Die Studie zeigt jedoch, dass mehr als die Hälfte der Fälle auch intern nicht kommuniziert wurde. Dabei könnte gerade intern das Management klar Stellung beziehen und so zusätzlich zur Installation solider Kontrollmechanismen den Weg für eine Null-Toleranz-Kultur gegenüber ungesetzlichen Handlungen ebnen, so KPMG.

„Ein erster Schritt wäre zum Beispiel die Durchführung unangekündigter Stichprobenprüfungen. Ein wirksames Mittel, um kriminellen Handlungen im Unternehmen entgegenzusteuern – und das mit relativ geringen Kosten“, so Nayer.

Link: KPMG

 

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