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Recht

Kammer-Umfrage: Österreichs Anwälte gelten als angesehen, doch bei Bildung und Erreichbarkeit hapert´s

Michael Schwarz © RAK NÖ/Manfred Burger

Wien. Spannende Ergebnisse brachte eine österreichweite Meinungsumfrage zu Tage, die das neue Präsidium der Rechtsanwaltskammer NÖ heute öffentlich vorstellte: Zwar vertrauen über 80 Prozent der Österreicher nach wie vor dem heimischen Justizsystem – doch das runde Fünftel der Skeptiker ist bereits ein Alarmsignal, warnt RAK NÖ-Präsident Michael Schwarz.

Anwältinnen und Anwälte selbst erfreuen sich eines hohen Ansehens, ihre Arbeit wird übrwiegend als zufriedenstellend eingeschätzt. Doch Ruhekissen sind auch diese Umfragewerte keines: Was das Fachwissen und die Erreichbarkeit für ihre Klienten betrifft, ortet nicht weniger als die Hälfte der Befragten Defizite.

Das kürzlich neu gewählte Präsidium der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich unter der Leitung von Michael Schwarz beauftragte meinungsraum.at mit einer breit angelegten Umfrage zum Thema „Die Österreicher, ihre Anwälte und das Vertrauen in Gerichte, Justiz und Rechtssystem“. Befragt wurden 1.000 Österreicherinnen und Österreicher im Mai 2011, so eine Aussendung der Kammer. Die repräsentativen Studienergebnisse bilden die Basis für die Arbeitsschwerpunkte und neuen Projekte der Rechtsanwaltskammer NÖ, heißt es.

„Vertrauen in Justiz- und Rechtssystem ist getrübt“

Das Vertrauen in das österreichische Justiz- und Rechtssystem ist bei einem Großteil der Österreicher nur zum Teil gegeben: 71 Prozent geben zwar an, dem Rechtssystem in Österreich teilweise zu vertrauen, aber nur 8 Prozent haben vollkommenes Vertrauen. Immerhin jeder fünfte Österreicher – 21 Prozent – vertraut dem Rechtssystem nicht oder eher nicht.

Dabei zeigen sich regionale Unterschiede von West nach Ost: Besonders hoch ist das Vertrauen der Tiroler und Oberösterreicher in das Rechtssystem (83 Prozent). Im östlichsten Bundesland Burgenland ist der Anteil mit nur 72 Prozent deutlich geringer. Schwarz: „Das Justiz- und Rechtssystem sind Grundpfeiler unserer Demokratie. Solche Ergebnisse sollten für Justiz und Politik ein Warnsignal sein. Es müssen dringend Maßnahmen gesetzt werden, um das Vertrauen der Österreicher in unser Rechtssystem wieder zu stärken. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass wir es großteils mit einem Imageproblem aber auch mit verstärktem Informations-Bedarf der Bevölkerung zu tun haben, denn im internationalen Vergleich funktioniert unser Justizsystem hervorragend.“

Die RAK NÖ will dazu auch selbst Schwerpunkte setzen: „Rechtsanwälte sind ein wichtiger Bestandteil des gesamten Rechtssystems. Daher werden wir unsere Informationstätigkeit und Serviceleistungen ausbauen und uns auch dafür einsetzen, dass der Zugang zum Recht für die Österreicherinnen und Österreicher erleichtert wird“, so Schwarz.

Image verbesserungswürdig

Die Österreicher schreiben den Rechtsanwälten ein gutes Zeugnis aus: Die meisten der Befragten (90 Prozent) haben sehr gute oder eher gute Erfahrungen mit Rechtsanwälten gemacht. In Niederösterreich und Wien geben das sogar 93 Prozent der Befragten an. Auch sehr gut schneiden die österreichischen Anwälte im Hinblick auf ihr Image ab: Drei Viertel beurteilten das Image der Rechtsanwälte mit sehr gut oder gut.

Im Detail gibt es aber durchaus Verbesserungsmöglichkeiten, heißt es: So ist etwa nur mehr jeder Zweite überzeugt, dass österreichische Rechtsanwälte über ein ein großes Fachwissen (54 Prozent) verfügen und Interesse am persönlichen Anliegen der Klienten (55 Prozent) haben. Gut erreichbar sind Anwälte ebenso nur für die Hälfte ihrer Klienten (52 Prozent).

Bei der Auswahl eines Anwalts sind den Österreicherinnen und Österreichern (82 Prozent) das Durchsetzungsvermögen, der gute Ruf bzw. die Vertrauenswürdigkeit (78 Prozent) sowie das persönliche Interesse an der Situation des Klienten (71 Prozent) besonders wichtig.

Bei jenen Befragten, die angaben, keine guten Erfahrungen mit Anwälten gemacht zu haben, ist zu 59 Prozent ein Grund festzustellen: Ein Gerichtsverfahren ist nicht optimal gelaufen.

Niederösterreicher angespornt

Elisabeth Zimmert, Rechtsanwältin aus Neunkirchen und Mitglied des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer NÖ: „Uns niederösterreichische Rechtsanwälte freuen diese Umfrageergebnisse einerseits, denn wir konnten gleichauf mit den Kärntner Kollegen Top-Werte bei der Zufriedenheit unserer Klienten einfahren. Andererseits möchten wir unsere Serviceleistungen, die den Menschen helfen zu ihrem Recht zu kommen, bekannter machen. In Niederösterreich werden wir vor allem das Schulprogramm >Anwaltstag in Schulen< weiter ausbauen und so mithelfen, Schüler auf ihre Rechte und Pflichten als Erwachsene vorzubereiten.“

Glaubwürdigkeit verbesserungswürdig

Auch die Glaubwürdigkeit unterschiedlicher Berufsgruppen wurde im Rahmen der Studie verglichen: Während die Hälfte der Befragten den Berufsgruppen der Richter und Ärzte eine hohe Glaubwürdigkeit zuschreibt (50 bzw. 48 Prozent), tun das deutlich weniger im Zusammenhang mit Staatsanwälten und Rechtsanwälten (36 bzw. 33 Prozent). Tief unten gereiht finden sich Politiker und Journalisten: jeder Zweite (47 Prozent) meint, Journalisten haben eine geringe Glaubwürdigkeit, bei Politikern sagen das sogar 85 Prozent.

Schwarz: „Es ist erfreulich und gerechtfertigt, dass den Richtern in unserem Land immer noch sehr großes Vertrauen entgegengebracht wird. Politiker, die das Rechtssystem in Vertretung des Volkes maßgeblich mitgestalten, sind dagegen bedauerlicherweise weit abgeschlagen. Anwälte liegen bei der Glaubwürdigkeit zwar im vorderen Mittelfeld, dennoch werden wir daran arbeiten, die Wahrnehmung unserer Berufsgruppe in der Öffentlichkeit weiter zu verbessern.“

Die Rechtsanwaltskammer NÖ werde in diesem Zusammenhang das bereits bestehende Beschwerdemanagement forcieren und auch die Möglichkeit, bei der Kammer Honorarnoten im Hinblick auf Angemessenheit überprüfen zu lassen, breiter kommunizieren.

Vertretung bei Gericht besonders wichtig

Als Hauptaufgabe von Rechtsanwälten wird von 81 Prozent der Österreicher die Vertretung der Klienten-Interessen bei Gericht angegeben. Drei Viertel der Befragten erwarten sich von einem Rechtsanwalt Beratung und rechtliche Auskunft. Schwarz: „Wichtig wird es vor allem sein, die weiteren zahlreichen Leistungsangebote eines Rechtsanwaltes wie Kaufverträge, Gesellschaftsverträge, Errichtung von Testamenten u.v.m besser zu kommunizieren. Gerade aufgrund ihrer Streiterfahrung in vielen Gerichtsprozessen sind Rechtsanwälte als Berufsgruppe besonders in der Lage, mögliche Streitpunkte in Verträgen bereits vor Vertragsabschluss zu erkennen und Lösungen in den Vertrag aufzunehmen. Berufsgruppen, die keine Prozesse bei Gericht führen, fehlt oft diese Erfahrung.“

Die zu bestimmten Terminen angebotene, kostenlose anwaltliche Erstauskunft werde von der Bevölkerung besonders geschätzt. Schwarz: „Alleine in Niederösterreich nehmen die Rechtsanwälte pro Jahr etwa 4.000 kostenlose Beratungstermine wahr. Dieser Service soll Schwellenangst abbauen und vor allem sozial Schwächeren helfen, zu ihrem Recht zu kommen.“

Gerichte sind zu teuer

Etwa jeder Dritte der Befragten gab an, in den letzten fünf Jahren Kontakt mit einem Gericht gehabt zu haben. Dabei liegen Wien (43 Prozent) und Kärnten (41 Prozent) klar über dem Bundesdurchschnitt. 38 Prozent davon fühlten sich dort auch fair und kundenfreundlich behandelt. Über die Hälfte der Österreicher (66 Prozent) möchte ein Gericht in der Nähe des Wohnortes haben.

Kritisiert wird hingegen von 86 Prozent die oft (viel) zu lange Verfahrensdauer – vor allem von den Steirern (91 Prozent) und den Oberösterreichern (89 Prozent). Friedrich Nusterer, Vizepräsident der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich, führt das unter anderem auf den kontinuierlichen Personalabbau bei den Gerichten zurück: „Der Personalabbau macht sich bei der Verfahrensdauer negativ bemerkbar. Die Richter, aber vor allem auch die Rechtspfleger und Kanzleibediensteten können die zunehmenden Aktenberge kaum mehr bewältigen. Eine massive Personalaufstockung bei den Gerichten – insbesondere auch im nichtrichterlichen Bereich – wäre dringend notwendig.“

Ein weiterer Kritikpunkt sind laut Umfrage die Gebühren bei Gericht. Die Kopierkosten von derzeit 1 Euro pro Seite finden 80 Prozent der Österreicher „völlig überzogen“. „Will man einen umfangreicheren Akt kopieren, dann belastet das bereits mit einem enormen Betrag“, weiß Nusterer aus der Praxis zu berichten.

Aber nicht nur diese Kosten stoßen der Kammer auf, sondern auch die gerichtlichen Pauschalgebühren, die mit der Einreichung einer Klage, Berufung, Exekution u.ä. zu entrichten sind. Nusterer: „Die nach der Höhe des Streitwertes bemessene Pauschalgebühr muss gleich am Beginn des Verfahrens bezahlt werden und trifft gerade die Rechtsuchenden, die keine Verfahrenshilfe mehr bekommen, außergewöhnlich hart. Die Pauschalgebühr beträgt häufig mehrere Tausend Euro und muss vom Bürger auch dann entrichtet werden, wenn die Gerichtstätigkeit in einer bloßen Stampiglie auf ein vorbereitetes Versäumungsurteil besteht. Hier wird der Rechtsuchende über Gebühr in unsachlicher Form belastet.“

Link: RAK NÖ

 

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