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Recht

Österreichs Aufsichtsräte: Existenzängste und Unzufriedenheit mit Haftungsrisiko

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Wien. Unlängst hat Deloitte die aktuelle Studie „Director 360°“ in Wien präsentiert, an der 215 Aufsichtsräte aus 12 Ländern – darunter 22 aus Österreich – teilgenommen haben. Die österreichischen Ergebnisse sollen dabei teils stark von den internationalen abweichen, heißt es.

Die Existenzsicherung des Unternehmens und das Kapitalmanagement standen für die österreichischen Aufsichtsräte in den letzten 12 Monaten im Vordergrund, mit dem Haftungsrisiko seien 37% unzufrieden, so Deloitte. 

Während bei den befragten österreichischen Aufsichtsräten die Existenzsicherung des Unternehmens und das Kapitalmanagement die Prioritäten und Kernthemen waren, spielten international die Themen Performance und Wachstum eine viel größere Rolle, so die Studie.

Ähnliches zeigt sich in den Ergebnissen auch für die nächsten 12 bis 24 Monat: so liegen die Themen Kapitalmanagement und Finanzkrise in Österreich weit vorne, international sind es weiterhin Performance und Wachstum.

Unterschiede im Risikobewusstsein

Interessant sei der Unterschied hinsichtlich des Risikobewusstseins: Während 77 Prozent der befragten Aufsichtsräte in Österreich angaben, bestens über etwaige Risiken informiert zu sein, sollen es im internationalen Vergleich lediglich 34 Prozent sein.

Michael Schober, Partner und Audit Leader bei Deloitte Österreich: „Diese Abweichung ist mitunter auf das unterschiedliche Anforderungsprofil zurückzuführen, so sind im österreichischen Kontext die Aufsicht und der Rat Hauptaufgabe des Aufsichtsrates, während es sich bei Directors in anderen Ländern um Non Executives handelt.“

Haftungsrisiko „nicht angemessen“

Das Haftungsrisiko erachteten 37 Prozent für nicht angemessen. Obendrein stünden Aufsichtsräte immer öfter „im Kreuzfeuer der Öffentlichkeit“, beispielsweise wenn Compliance-Systeme versagen.

„Aufsichtsräte werden für Fraud-Delikte häufig mitverantwortlich gemacht“, erklärt Karin Mair, Partnerin und Forensik-Expertin bei Deloitte.

Die Problematik bei Compliance-Systemen sei jedoch, dass es keine einheitliche gesetzliche Definition gebe und somit oft „eine falsche Erwartungshaltung an diese gestellt wird“, so Mair.

Verbesserungswünsche bei Besetzung 

Einig sind sich die Befragten in punkto Transparenz was die Besetzung von Aufsichtsräten angeht: 61 Prozent sollen einen klaren Verbesserungsbedarf beim Auswahlprozess von Aufsichtsratsmitgliedern sehen.

Beim plötzlichen Ausscheiden eines Geschäftsführers scheinen nur wenige Aufsichtsräte einen Plan für einen möglichen Nachfolger in der Schublade zu haben: Nur 32 Prozent der befragten österreichischen Aufsichtsräte gaben an, über einen Nachfolgeplan zu verfügen.

Immerhin 46 Prozent sind es international – vor allem Australien, Indien und Irland haben diesbezüglich Vorsorge getroffen. Die eigene Nachfolgeplanung ist in Österreich ebenso wenig Thema. Nur 18 Prozent gaben an, sich aktiv damit auseinanderzusetzen.

Unzufriedenheit mit Vergütung

Ein sich veränderndes wirtschaftliches Umfeld und der damit verbundene Paradigmenwechsel führen zu immer vielfältigeren Aufgaben für Aufsichtsräte, strengere Regulatorien kommen hinzu.

Demgegenüber steht die Vergütung dieser Leistungen, mit der nur knapp ein Drittel der befragten Österreicher zufrieden ist. „Der Unmut ist verständlich, wenn man sich die Bezahlung in anderen Ländern ansieht. Österreich ist im internationalen Vergleich klares Schlusslicht“, erklärt Schober.

Diversität rückt auf der Agenda nach oben

Dass Diversitätsmanagement auch in der Zusammensetzung des Aufsichtsrates eine größere Rolle spielen muss, darüber waren sich die Befragten einig. 60 % der Aufsichtsräte sehen Diversity als wesentlichen Fokusbereich, allerdings seien sich die Befragten über die Bedeutung des Begriffes noch nicht vollkommen einig, so Deloitte.

„In unserer Beratungspraxis sind wir zum Teil mit sehr unterschiedlichen Definitionen von Diversität konfrontiert. Hier bedarf es mit Sicherheit noch viel Aufklärung, um das volle Spektrum dieses Ansatzes zu erfassen und Diversity nicht auf die Gender-Debatte in Führungspositionen zu reduzieren“, so Schober abschließend.

Link: Deloitte

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