Wien. Im Budgetbegleitgesetz 2009 hat die Bundesregierung die Verfahrenshilfe auf natürliche Personen eingeschränkt, juristische Personen wurden von der Möglichkeit der Inanspruchnahme ausgeschlossen. Die Oberlandesgerichte Wien, Graz und Innsbruck empfanden dies als verfassungswidrig und als eine „Absenkung des österreichischen Rechtsstandards“.
Nun hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) entschieden: Der generelle Ausschluss von juristischen Personen von der Verfahrenshilfe widerspricht dem Gleichheitssatz. Die Bestimmung ist verfassungswidrig.
Die Oberlandesgerichte erklärten, dass grundsätzlich ein Unterschied zwischen juristischen und natürlichen Personen bestehe, der dem Gesetzgeber Differenzierungen erlaube.
Mit der völligen Beseitigung der Verfahrenshilfe handle es sich aber „um eine aus grundrechtlicher Sicht durchaus bedenkliche Absenkung eines jahrzehntelangen höheren österreichischen Rechtsstandards auf ein gravierend niedrigeres Niveau“, so die Meinung der Oberlandesgerichte.
Dabei legten sie ausgehend von den Anlassfällen jeweils dar, welche unerwünschten – aus ihrer Sicht unsachlichen – Folgen die Nichtgewährung von Verfahrenshilfe für juristische Personen habe.
Auch zu Lasten der Gläubiger
So wurde für den Fall von Kapitalgesellschaften vor allem betont, dass dies vermögenslosen Kapitalgesellschaften auch die Verfolgung berechtigter Ansprüche (über das unzulässige Ziel der Verschleppung des Insolvenzverfahrens hinaus) verunmögliche, was letztlich nicht nur zu Lasten der juristischen Person, sondern auch zu Lasten der Gläubiger der betreffenden Vermögensmasse gehe, heißt es.
Auch wenn eine Ungleichbehandlung zwischen juristischen und natürlichen Personen in der Gewährung von Verfahrenshilfe weithin unbedenklich erscheine – dienen doch die Vorschriften über die Verfahrenshilfe der Durchsetzung der Rechte des Menschen auch im Falle der Einkommens- und Vermögenslosigkeit – so sei der Ausschluss juristischer Personen schlechthin von der Verfahrenshilfe mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar, so die Meinung der Oberlandesgerichte.
Das Urteil des VfGH
Trotz aller Unterschiede zwischen juristischen und natürlichen Personen gibt es Fälle, in denen das Interesse von juristischen Personen an der Gewährung von Verfahrenshilfe gleichgelagert ist wie das von natürlichen Personen, oder in denen eine Prozessführung im öffentlichen Interesse liegt, urteilte jetzt der VfGH. Der gänzliche Ausschluss von Verfahrenshilfe für juristische Personen ist daher verfassungswidrig, so das Urteil.
Link: VfGH