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Recht

VKI gegen AWD: Oberlandesgericht Wien bestätigt Urteil wegen angeblicher Falschberatung im Einzelfall

Peter Kolba, VKI
Peter Kolba © VKI

Wien. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führt im Auftrag des Ministeriums für Konsumentenschutz neben fünf Sammelklagen mit rund 2500 Geschädigten und rund 40 Mio Streitwert auch mehrere Musterprozesse gegen den Finanzdienstleister AWD wegen angeblicher Falschberatung von Anlegern beim Erwerb von Immobilienaktien.

Nun hat das Oberlandesgericht Wien ein Urteil des Handelsgerichtes Wien bestätigt, wonach in einem Fall ein AWD-Kunde „grob sorgfaltswidrig“ falsch beraten worden sein soll und daher Schadenersatz zustehe.

Die Einwendungen des AWD, der Anspruch sei verjährt bzw den Kunden treffe ein Mitverschulden wurden verworfen.

Die Konsumentin erwarb in den Jahren 2005 – 2006 über Empfehlung eines AWD-Beraters Immobilienaktien. Sie soll bis dahin nur Erfahrungen mit Bausparverträgen und Sparbüchern, aber keine Kenntnisse über Wertpapiere, Aktien oder sonstige Kenntnisse im Veranlagungsbereich gehabt haben, heißt es in einer Aussendung des VKI.

Ein AWD-Berater soll der Konsumentin zugesichert haben, die Veranlagung sei vergleichbar mit Bausparen nur mit höheren Zinsen, so der VKI. Die Kundin soll laut VKI – trotz Unterzeichnung einer Gesprächsnotiz – nicht darüber informiert worden sein, dass bei Aktien Kursschwankungen auftreten können und ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals möglich ist.

Als die Kundin Anfang 2009 erfuhr, dass Sie Verluste erlitten hat, brach Sie den Kontakt zum AWD ab und trat in Folge Ihre Schadenersatzansprüche dem VKI ab. Die Gerichte haben ihr bis dato rund 36.000 Euro an Schadenersatz zugesprochen.

Im Verfahren und auch in der Berufung gegen das Ersturteil vertrat der AWD die Auffassung, dass die Konsumentin aus den Zusendungen zu Kapitalerhöhungen bereits viel früher hätte den Charakter der Aktien erkennen können und die Ansprüche daher verjährt seien. Weiters, dass die Konsumentin, die die Gesprächsnotiz (mit Risikohinweisen) unterzeichnet hatte, ein Mitverschulden treffe.

Sorglosigkeit reicht nicht

Zu den Einwendungen des AWD hielt das OLG Wien fest: Es gäbe zwar eine Erkundigungspflicht für Anleger, wenn Verdachtsmomente für eine falsche Beratung bestünden, doch seien daran keine allzu strengen Anforderungen zu knüpfen. Die Mitteilungen über Kapitalerhöhungen lösen eine solche Pflicht nicht aus. Erst die Depotmitteilung über Kursverluste Anfang 2009 sei ein solches Verdachtsmoment gewesen. Daher sei die im Sommer 2010 eingebrachte Klage nicht verjährt gewesen.

Zwar liege im Nichtlesen der Risikohinweise in den Gesprächsnotizen eine „gewisse Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten“, doch trete dies gegenüber „der Fehldarstellung der Veranlagung“ durch den AWD Berater weit zurück. Ein Mitverschulden sei daher zu vernachlässigen, heißt es.

„Dieser Prozessverlauf ist geradezu typisch. Zuerst präsentiert sich der AWD den Kunden als unabhängiger Finanzoptimierer, der alles in die Hand nimmt. Kommt es zu Verlusten und wird Schadenersatz wegen Fehlberatung verlangt, dann tritt der AWD die Flucht aus der Verantwortung an und argumentiert unter anderem auch damit, was der Kunde nicht selbst alles hätte wissen und erkennen müssen,“ meint Peter Kolba, Leiter des Bereiches Recht im VKI.

Die Sammelklagen des VKI gegen den AWD ruhen derzeit, so der VKI. In Sammelklage II warte man auf die Ausfertigung des Zwischenurteils aus Dezember 2011, wonach die Abtretungen an den VKI wirksam und die Klage zulässig ist.

Reaktion des AWD

Der AWD hat in einer Presseaussendung zu dem Urteil Stellung bezogen: Das Oberlandesgericht Wien habe mit seiner Entscheidung in einem in „mehrerer Hinsicht speziellen Fall“ entschieden, so der AWD.

Die besondere Einzelfallkonstellation zeige sich u.a. darin, dass die Klage „nicht im Zusammenhang mit den vom VKI gegen AWD angestrengten Sammelklagen steht und auch nicht in diesen verhandelt wurde“, heißt es. Der vom VKI wiederholte Vorwurf einer „systematischen“ Fehlberatung sei im gegenständlichen Fall seitens des Gerichts als unbeachtlich befunden worden, so der AWD.

Auch die wiederholte Kritik an der Verwendung von Gesprächsnotizen ist in den Augen des AWD „nicht nachvollziehbar“. Die Anlegerin habe weder Risikohinweise, noch die von ihr unterfertigten Unterlagen gelesen, so der AWD.

Link: VKI

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