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Recht

Ministerrat bringt neue UVP und Reform des Wettbewerbsrechts auf den Weg – unter Kritik

Wien. Im Ministerrat hat die österreichische Bundesregierung gestern Novellen zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) sowie im Bereich des Wettbewerbsrechts beschlossen. Die Kritik bleibt nicht stumm – so nennt die Interessensvertretung Oesterreichs Energie die UVP-Novelle eine „unnötige Einschränkung, die geeignet ist, die energiepolitischen Ziele Österreichs zu gefährden“.

Auch die geplante Stärkung der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) betrifft nicht zuletzt die Energiebranche: den oft behaupteten Kartellen im Bereich der Energie- und Treibstoffversorgung steht möglicherweise ein heißer Herbst bevor – wenn es sie gibt. Nun ist das Parlament am Wort, voraussichtlich noch vor der Sommerpause.

Für Oesterreichs Energie ist die geplante Novelle des Umweltverträglichkeitsprüfungs-Gesetzes ein Stolperstein. „Damit wird der Ausbau der Energie-Infrastruktur durch die Errichtung neuer bürokratischer Hindernisse behindert, ohne dass es Verbesserungen oder eine zwingende Notwendigkeit vorliegt“, so Generalsekretärin Barbara Schmidt.

Als sachlich unnötig und inhaltlich nicht gerechtfertigt sieht Oesterreichs Energie vor allem die Ausweitung von Beteiligtenrechten von Umweltorganisationen im Feststellungsverfahren: „Damit sind weitere Verfahrensverzögerungen vorprogrammiert.“

Umweltorganisationen wieder fühlen sich weiterhin benachteiligt: Die Novelle wurde ja überhaupt nur deshalb notwendig, da das österreichische UVP-Recht den europarechtlichen Vorgaben (insbesondere was die Beteiligung von Bürgern und zivilgesellschaftlichen Organisationen betrifft) widersprach, heißt es.

„Wir haben im Vorfeld mehrfach darauf hingewiesen, dass das nun vorgesehene Beschwerderecht für Umweltorganisationen nur dann an Relevanz für NGOs gewinnt, wenn für die Beschwerdeführer der Zugang zum gesamten Feststellungsbescheid gegeben ist, und auch volle Akteneinsicht gewährleistet wird. Die Umsetzung dieser Forderungen macht die Regierungsvorlage jetzt zumindest zu einer Arbeitsgrundlage für NGOs für die nächste Zeit“, äußert sich Gerhard Heilingbrunner, ehrenamtlicher Präsident des Umweltdachverbandes.

Wettbewerb und Kartelle

Die Energiebranche ist auch ein wesentliches Thema der Reformen des Wettbewerbsrechts, die Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und Justizministerin Beatrix Karl im Ministerrat vorlegten. „Unser Gesetzespaket schafft schlagkräftigere Wettbewerbsbehörden und nützt daher der Wirtschaft und den Konsumenten. Mehr Markt, Transparenz und Wettbewerb zahlen sich nachhaltig aus“, betont Mitterlehner unter Verweis auf die Stärkung der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) und das erleichterte Aufdecken von Preismissbrauch.

„Es geht um mehr Transparenz, mehr Durchschlagskraft des Kartellgesetzes und gleiche Rahmenbedingungen für alle Unternehmen“, so Karl.

Die im Ministerrat beschlossenen Novellen sollen noch vor dem Sommer im Parlament beschlossen werden und am 1. Oktober 2012 in Kraft treten.

Stärkung der BWB und neue Kronzeugenregelung

Die Novelle des Wettbewerbsgesetzes stärkt die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) als schlagkräftige Aufgriffs- und Ermittlungsbehörde, wie es heißt. Ihre Ermittlungsbefugnisse werden an jene der EU-Kommission angepasst, und Auskunftsverlangen können künftig schneller, nämlich per Bescheid, durchgesetzt werden, betont Mitterlehner.

Bisher war die BWB in diesem Bereich eingeschränkt, weil eine Anrufung des Kartellgerichts notwendig war. Künftig kann die BWB auch Verwaltungsstrafen von bis zu 75.000 Euro für Auskunftsverweigerungen sowie unrichtige, irreführende oder unvollständige Auskünfte verhängen. Diese Stärkung ihrer Kompetenzen hatte sich die Behörde bereits seit geraumer Zeit gewünscht.

Mit einer weiteren Neuregelung wird in der Regierungsvorlage ein zusätzlicher Anreiz für Kronzeugen geschaffen: Der komplette Erlass der Geldbuße für das Unternehmen ist selbst dann möglich, wenn die BWB bereits einen Verdacht hat und der Kronzeuge erst danach Beweise vorlegt, die ein Vorgehen gegen das Kartell ermöglichen. Bisher kam es in einem solchen Fall nur zu einer Minderung der später fälligen Geldbuße. Mit der jetzigen Reform erfolge hier eine Anpassung an die auf EU-Ebene geltende Kronzeugenregelung.

Darüber hinaus werden die Rechte der BWB bei Hausdurchsuchungen ausgeweitet und die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden intensiviert.

Reformen im Strom- und Gasbereich

Teil des Pakets ist auch eine neu ins Kartellrecht aufgenommene Regelung, wonach die Wettbewerbsbehörden einen eventuellen Preismissbrauch durch marktbeherrschende Versorger im Strom- und Gasbereich künftig leichter nachweisen bzw. verhindern können. „Unser Vorbild für diese Neuregelung ist Deutschland. Dort hat sich eine entsprechende Regelung bewährt“, betont Mitterlehner.

Künftig sollen die zuständigen Wettbewerbsbehörden nur noch den Nachweis erbringen müssen, dass die Preise höher sind als auf einem vergleichbaren Markt, und dann ein Verfahren einleiten können. Dabei muss das betroffene Energieversorgungsunternehmen nachweisen, ob und inwiefern die höheren Preise auch sachlich gerechtfertigt sind. Hier kommt es also zu einer Beweislasterleichterung für die Wettbewerbsbehörden.

Die entsprechende Bestimmung im Kartellgesetz wird allerdings von Oktober 2012 bis Dezember 2016 befristet, damit eine Evaluierungsmöglichkeit gegeben ist. Dies könnte für manche Energieversorger also einen heißen Herbst bedeuten.

Neues Wettbewerbsmonitoring

Neu im Paket verankert wurde ein Wettbewerbs-Monitoring im Aufgabenkatalog der BWB. Dabei soll insbesondere die Wettbewerbsintensität bestimmter Sektoren bzw. wettbewerbsrechtlich relevanter Märkte über mehrere Jahre dargestellt werden. Entsprechende Indikatoren können unter anderem der Konzentrationsgrad, die Regulierung des Sektors und Preisentwicklungen im internationalen Vergleich und im Verhältnis zu angebots- und nachfrageseitigen Einflussfaktoren sein.

Schärferes Kartellrecht

Um die Aufsicht im Kartellrecht noch wirksamer zu gestalten, „schließen wir alte Schlupflöcher“, so die Justizministerin. Bisher wurden Kartelle erst ab einer gewissen Marktdominanz vom Gesetz erfasst. Dadurch konnten beispielsweise Preisabsprachen in einigen Fällen nicht geahndet werden. Die neue Regelung verhindert, dass Preisabsprachen, Einschränkungen der Erzeugung oder des Absatzes, sowie die Aufteilung der Märkte – wie bisher – vom Kartellverbot ausgenommen werden. „Um mehr Transparenz für Konsumenten und Unternehmen zu schaffen, sollen künftig Entscheidungen des Kartellgerichts von Amts wegen und ohne Kostenersatz in der Ediktsdatei veröffentlicht werden. Häufig fehlten den Geschädigten bisher die notwendigen Informationen, um ihre Schadenersatzansprüche geltend zu machen. Mit dieser Regelung und mit der besseren Durchsetzbarkeit von Ansprüchen schaffen wir Abhilfe“, betont Karl.

Auch bei der Frage nach der Höhe des Schadenersatzes gebe es wesentliche Verbesserungen: Bei der Entscheidung über den Schadensumfang könne der anteilige Gewinn des Unternehmens berücksichtigt werden. Schon ab Schadenseintritt (nicht wie bisher ab Kenntnis von Schaden und Schädiger) ist das Unternehmen verpflichtet die Schadenersatzforderung des Geschädigten zu verzinsen.

Schadenersatzansprüche können künftig auch nicht mehr durch eine lange Verfahrensdauer verjähren: Ein Verfahren vor dem Kartellgericht, vor der Europäischen Kommission oder vor der Wettbewerbsbehörde verhindert in Zukunft die Verjährung eines Schadenersatzanspruchs.

Link: Oesterreichs Energie

Link: Umweltdachverband

Link: Umweltministerium

Link: Justizministerium

 

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