Open menu
x

Bequem up to date mit dem Newsletter von Extrajournal.Net!

Jetzt anmelden, regelmäßig die Liste der neuen Meldungen per E-Mail erhalten.

Weitere Informationen finden Sie auf unserer Newsletter-Seite sowie in unserer Datenschutzerklärung.

Recht

Recht.Extrajournal.Net Dossier: Der Ausverkauf braucht keine Bewilligung

Martin Prohaska-Marchried ©TaylorWessing enwc
Martin Prohaska-Marchried ©TaylorWessing enwc

Wien. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die behördliche Vorab-Bewilligung von Ausverkäufen als unvereinbar mit dem EU-Recht erklärt.

Martin Prohaska-Marchried, Partner bei TaylorWessing e|n|w|c in Wien, erklärt in Recht.Extrajournal.Net Dossier die daraus resultierenden neuen Rahmenbedingungen und die damit verbundenen Auswirkungen auf den Handel in Österreich.

Recht.Extrajournal.Net: Was hat jenes EuGH Urteil zum Inhalt, mit dem der Gerichtshof die behördliche Vorab-Bewilligung von Ausver­käufen für unanwendbar erklärt hat und ab wann ist es umzusetzen?

Martin Prohaska-Marchried: Der Europäische Gerichtshof hat das im österreichischen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vorgesehene System der Vorab-Bewilligung für Ausverkäufe als mit dem EU-Recht unvereinbar erklärt. Konkret führt der Europäische Gerichtshof aus, dass das mit den österreichischen Vorschriften geschaffene System nicht dazu führen darf, dass eine Geschäftspraxis – ohne, dass sie auf ihre Unlauterkeit im Einzelfall geprüft wurde – allein deshalb verboten wird, weil sie nicht von der zuständigen Behörde vorab genehmigt wurde.

Bis zur „Reparatur“ des Gesetzes müssen Ankündigungen von Ausverkäufen noch mittels Ansuchen der Behörde gemeldet werden. Händler sollten ihrem Ansuchen ab sofort jedoch eine Kopie des EuGH Urteils beilegen, da aufgrund des sogenannten „Anwendungsvorranges“ nach EU-Recht die Durchführung des Ausverkaufs nicht untersagt werden kann, bloß weil keine Vorab-Bewilligung vorliegt.

Auf diesen Anwendungsvorrang hat auch die Generalanwältin im EuGH Verfahren in den Schlussanträgen hingewiesen, die nun zum Urteil des EuGH vom 17. Jänner 2013 geführt haben.

Was war der Auslöser für dieses Urteil und wie ist die Änderung aus Ihrer Sicht zu bewerten?

Prohaska-Marchried: Den Fall ins Rollen brachte ein Innsbrucker Einzelunternehmer, der in einem Inserat und auf Plakaten einen „Totalabverkauf“ angekündigt hatte. Eine Bewilligung dafür hatte er nicht eingeholt.

Es handelt sich nicht bloß um eine „kleine“ formale Änderung wie fallweise nun behauptet wird. Bisher dauerten Bewilligungsverfahren für Ausverkäufe mitunter Wochen. Damit ist nun Schluss. Der Zeitfaktor ist einer der Gründe, weshalb der EuGH entschieden hat, dass die bisherige österreichische Vorab-Bewilligung den Ausverkäufen ihren wirtschaftlichen Sinn genommen hat.

Welche Ausverkäufe sind nun betroffen?

Prohaska-Marchried: Betroffen sind Ausverkäufe bei denen der Gewerbetreibende durch besondere Umstände veranlasst ist, beschleunigt zu verkaufen, sogenannte Räumungs- oder Schnellverkäufe.
Auch bei Ausverkaufsankündigungen ist vom Unternehmer selbstverständlich zu beachten, dass keine unlautere Werbung erfolgt. Die Ankündigung eines Ausverkaufs darf daher insbesondere nicht irreführend sein.

Was hat ein Unternehmer bei Ausverkäufen noch zu beachten?

Prohaska-Marchried: Besonders zu beachten sind auch die im Gesetz nach wie vor vorgesehenen Bestimmungen über die „Gewerbeausübungssperre“, wenn ein Ausverkauf ohne Bewilligung durchgeführt wird. Diese Sperre bedeutet, dass der Unternehmer während der nachfolgenden drei Jahre in der Gemeinde des bisherigen Standortes weder einen gleichartigen Gewerbebetrieb eröffnen oder pachten, noch sich an einem solchen Betrieb beteiligen darf.

Gegen die Gewerbeausübungssperre bestehen erhebliche verfassungs­rechtliche Bedenken, da das Verbot, am gleichen Standort keine weitere Betriebsstätte zu errichten, wohl dem Grundsatz der Erwerbsausübungsfreiheit sowie dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht.

Die faktischen Wirkungen der Sperre sind schließlich bei großen Ortsgemeinden auch weit gravierender als bei Kleinen.

Zudem berücksichtigt die Regelung auch nicht jene Fälle, in denen die Betriebsstättenschließung nicht durch eine Entscheidung des Inhabers der Gewerbeberechtigung bewirkt wird, sondern durch die Entscheidung eines Dritten, wie zum Beispiel die Schließung eines Einkaufszentrums wegen Renovierung durch den Betreiber.

Wie sieht es nun mit den Zeiträumen vor Ostern und Weihnachten aus?

Prohaska-Marchried: Nach den Bestimmungen im UWG sind Ausverkäufe in der Zeit von 15. November bis Weihnachten sowie in der vorletzten Woche vor Ostern bis Pfingsten überhaupt unzulässig. Eine Bewilligung war für Ausverkäufe in diesen „Sperrfristen“ bisher nicht zu bekommen.

Nach dem Urteil des EuGH ist nun davon auszugehen, dass auch diese „Sperrfristen“ europarechtlich unzulässig sind, zumindest jedoch, dass die Gerichte und Behörden die Bestimmungen nur mehr so anwenden dürfen, dass sie mit der Richtlinie im Einklang sind.

Wer nun als Unternehmer einen Ausverkauf in den Sperrfristen beabsichtigt, sollte in seinem Bewilligungsansuchen auf das Urteil des EuGH ebenfalls hinweisen und die Richtlinienwidrigkeit der Sperrfristen betonen.

Link: Recht.Extrajournal.Net Dos­sier (aktu­elle Ausgabe)

Link: Alle Mel­dun­gen der Rubrik Recht.Extrajournal.Net Dossier

Weitere Meldungen:

  1. Outdoorartikel werden für Sportfachhandel immer wichtiger
  2. VKI gegen Rechtsschutzversicherer: OGH verurteilt Generali
  3. Klimaschutz-Kläger rufen die Höchstgerichte an
  4. VKI startet Sammelaktion für Universal Versand-Kunden