Wien. Das Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz 2012 brachte eine umfangreiche Novellierung des österreichischen Korruptionsstrafrechts mit sich, die großteils zu einer Verschärfung führte.
DLA Piper Weiss-Tessbach Partner David Christian Bauer und Rechtsanwalt Matthias Baritsch analysieren in einem Gastkommentar in Recht.Extrajournal.Net Dossier die gesetzlichen Neuerungen seit Jahresanfang 2013.
Das gesamte Korruptionsstrafrecht wird nunmehr einheitlich in den §§ 304 bis 309 StGB geregelt, auch die Korruptionsdelikte des Privatwirtschaftsbereichs, die bisher in den §§ 168c bis 168e StGB normiert waren.
Die Änderungen traten mit 1.1.2013 in Kraft, daher sind sämtliche Sachverhalte, die sich ab diesem Zeitpunkt ereigneten, nach der neuen Gesetzeslage zu beurteilen. Für alle bis zu diesem Zeitpunkt bereits verwirklichten Sachverhalte bleibt weiterhin die alte Rechtslage aufgrund des Rückwirkungsverbotes im Strafrecht maßgeblich.
Die Grundstruktur der Korruptionsdelikte bleibt bestehen. Man unterscheidet auch weiterhin zwischen Bestechlichkeit (§ 304 StGB) und Vorteilsannahme (§ 305 StGB; bei pflichtgemäßer Amtsführung) und – korrespondierend dazu auf der Aktivseite – zwischen Bestechung (§ 307 StGB) und Vorteilszuwendung (§ 307a StGB).
Die als Vorbereitungsdelikte konzipierten Bestimmungen (§§ 306 und 307b StGB) werden durch die geänderte Rechtslage beim “Anfüttern” grundlegend neu geregelt und dementsprechend in “Vorteilsannahme” bzw. “Vorteilszuwendung zur Beeinflussung” umbenannt.
Zu den wesentlichen Eckpunkten der Reform zählt die Ausdehung des Amtsträgerbegriffes:
Ausdehnung im Bereich der inländischen Abgeordneten zu inländischen Vertretungskörpern, die nunmehr umfassend in den Amtsträgerbegriff miteinbezogen werden (§ 74 Abs. 1 Z 4a lit. b StGB)
Bisher waren inländische Abgeordnete nur insoweit erfasst, als dies die Stimmausübung oder die Ausübung ihrer geschäftsordnungsgemäßen Pflichten betraf. Österreichische EU-Beamte und Parlamentarier waren auch schon bisher umfassend in den Amtsträgerbegriff eingebunden.
Ausdehnung im Bereich der Dienstnehmer und Organe staatsnaher Unternehmen (§ 74 Abs. 1 Z 4a lit. d StGB)
Es kommt nur noch darauf an, ob eine Gebietskörperschaft an dem Unternehmen zu mindestens 50% beteiligt ist oder das Unternehmen durch eine Gebietskörperschaft betrieben oder tatsächlich beherrscht wird oder das Unternehmen der Kontrolle eines Rechnungshofes unterliegt. Damit werden auch Dienstnehmer oder Organe staatsnaher Unternehmen wie Asfinag, Wiener Linien, ÖBB, Post, Flughafen Wien, E-Control oder ORF zu Amtsträgern. Ebenso sind jetzt zB Krankenhäuser, deren Träger ausgegliederte Gesellschaften sind, erfasst.
Keine Rolle mehr spielt die Art der Tätigkeit des Unternehmens. Bisher war auch entscheidend, ob das Unternehmen überwiegend Leistungen für die Verwaltung einer öffentlichen Körperschaft erbringt. Dies ist nunmehr irrelevant.
Erlaubte Vorteilsgewährung
Neu ist auch, dass jetzt bestimmte Vorteile definiert werden, die als “nicht ungebührlich” und daher strafrechtlich unbedenklich eingestuft werden, wenn sie Amtsträgern zugewendet werden: entweder solche Vorteile, die per se erlaubt sind, oder solche, die aufgrund ihrer Geringfügigkeit strafrechtlich nicht erfasst werden.
Zu ersteren gehören zB Vorteile, die gesetzlich erlaubt sind (zB Dienstrecht) oder im Zusammenhang mit bestimmten Repräsentationsaufgaben stehen (etwa Einladungen zu Fortbildungsveranstaltungen, Fachmessen oder sonstigen Veranstaltungen, sofern amtlich oder sachlich gerechtfertigt).
Zu den aufgrund Geringfügigkeit nicht erfassten Vorteilen gehören gemeinnützige Vorteile, auf deren Verwendung durch den Amtsträger kein bestimmender Einfluss ausgeübt wird; sowie orts- oder landesübliche Aufmerksamkeiten geringen Wertes, solange keine Gewerbsmäßigkeit vorliegt.
Grundvoraussetzung bleibt natürlich, dass die Vorteilsgewährung nicht zu einer pflichtwidrigen Beeinflussung führt.
Bisher wurde darauf verwiesen, ob die Vorteilsannahme gegen dienst- oder organisationsrechtliche Bestimmungen verstößt. In der Praxis hat sich herausgestellt, dass das Dienst- oder Organisationsrecht häufig schlichtweg keine einschlägigen Regelungen enthielt.
Neu: „Anfüttern“
Das strafbare Verhalten liegt nun im Kern in der Motivation des Amtsträgers, dass er sich durch den Vorteil in seiner Tätigkeit als Amtsträger beeinflussen lässt. Damit ist klargestellt, dass es auf eine konkrete Vorstellung von einem künftigen Amtsgeschäft nicht ankommt. Es muss sich aber doch um amtsbezogene “Klimapflege” handeln, Geschenke rein privater Natur darf auch ein Amtsträger annehmen. Die §§ 306 und 307a StGB erfahren dadurch eine ganz grundlegende Neuorientierung.
Bisher wurde immer eine Verbindung zu einem konkreten künftigen Amtsgeschäft verlangt.
Korruption im Privatbereich
Erheblich verschärft wurde die Rechtslage bei der Korruption im privaten Geschäftsverkehr. Anders als bisher gibt es hier keine Privatanklagedelikte mehr, sondern nur noch Offizialdelikte. Über die Einleitung und Fortführung eines Strafverfahrens hat daher einzig und allein die Staatsanwaltschaft zu entscheiden. Zusätzlich wird der Strafrahmen auf bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe erhöht (bisher drei Jahre). Bei der aktiven Bestechung im Privatwirtschaftsbereich fällt die Straflosigkeit bei geringfügigen Vorteilen weg.
Keine tätige Reue mehr
Bei sämtlichen Korruptionsdelikten ist die Tätige Reue als Strafaufhebungsgrund nicht mehr vorgesehen. Bisher bestand – solange noch keine Strafverfolgungsbehörde von dem Sachverhalt Kenntnis erlangt hatte – die Möglichkeit, durch Selbstanzeige bei der Behörde und durch Erlag des Vorteiles bei der Behörde einer drohenden Strafbarkeit zu entgehen (§ 307c StGB alte Fassung).
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