Wien. WKÖ-Vizepräsident und ÖVAG-Aufsichtsratsvorsitzender Hans Jörg Schelling und der langjährige Ikea Österreich-Chef Per Wendschlag diskutierten beim CMC Masters Club im Hotel Sacher, welche Kompetenzen ein Aufsichtsrat braucht und was der Fit und proper-Test bewirken kann.
Als neue Herausforderung komme ab Mitte 2013 etwa die Kontrolle durch die Bilanzpolizei bei börsenotierten Unternehmen dazu.
Gastgeber Alfred Harl, Obmann des Fachverbandes Unternehmensberatung und IT (UBIT), betonte in seinen Eingangsworten, dass zukünftig noch mehr Pflichten und Kontrollinstanzen auf Aufsichtsräte zukommen werden. So gibt es ab Mitte 2013 neben dem Fit und proper-Test die Bilanzpolizei, die für die Kontrolle der börsennotierten Firmen zuständig sein wird. Aber, so Gastgeber Harl, es sei fraglich, ob mehr Regulierung auch zwingend bessere Qualität im Aufsichtsrat bedeute.
Der Schwede Per Wendschlag, bereits seit 30 Jahren bei Ikea, erlebte als Country Manager in Russland, dass eine landesspezifische Aufsichtsratsbesetzung und ein positives Vertrauensverhältnis zwischen Vorstand und Aufsichtsrat viel wichtiger als formale Regeln sind. Probleme müssten proaktiv angesprochen werden, um bei multinationalen Konzernen die Kernidee des Unternehmens nicht aus den Augen zu verlieren.
Ikea beispielsweise lege als nicht börsennotiertes Unternehmen einen 10-Jahresplan vor, der eine Konzernrichtung verfolgt. Größte Herausforderung und Aufgabe für den Aufsichtsrat sei das passende Timing, die richtige Einschätzung des Marktes, eine effiziente Ressourcenplanung und die Evaluierung der Entwicklungsmöglichkeiten. Für Wendschlag sollte der Aufsichtsrat daher nach dem „4-Eyes-Principle“ auch bei der Besetzung von Schlüsselpositionen eingebunden werden und als Mentor für andere Manager im Konzern agieren.
Definition der Rolle
Auch für Hans Jörg Schelling sichern nicht zusätzliche Regelungen, sondern eine konstruktive Konfliktkultur und die unabhängige, externe Sicht auf das Unternehmen den Erfolg des Aufsichtsrates. Für den Aufsichtsratsvorsitzenden der ÖVAG geht es darum, Mut zur Wahrheit zu beweisen und die Aufgaben des Aufsichtsrates, nämlich „Aufsicht“ und insbesondere die „Ratfunktion“, sehr ernst zu nehmen, so eine Aussendung.
Das Wissen um die Rechte und Pflichten der Aufsichtsräte sei leider häufig mangelhaft, da es je nach Gesellschaftsform variiere. Kernaufgabe des Aufsichtsrates sei es aber, so Schelling, vorbereitend zu agieren, um Probleme rechtzeitig zu lösen und definierte Ziele einhalten zu können. Unangenehme Fragen seien Grundprinzip des Miteinanders im Aufsichtsrat und der regelmäßige informelle Austausch mit dem Vorstand eine wichtige Grundlage dafür. Jeder Aufsichtsrat müsse, so Schelling, zwei Kompetenzen vereinen: die regulatorische Sicht und – noch viel entscheidender – die unternehmerische Sicht auf den Betrieb.
Zur Überprüfung der Fachkompetenz biete die Zertifizierung zum Certified Supervisory Expert (CSE) insbesondere für neu bestellte Aufsichtsorgane einen verlässlichen Qualitätsstandard, heißt es.
Der CMC Masters Club, ein Netzwerk der „Certified Management Consultants“ mit rund 600 österreichischen Unternehmensberatern und Wirtschaftsexperten, greift im Rahmen der quartalsweise stattfindenden Veranstaltungen aktuelle Wirtschaftsthemen auf und formuliert im Expertenkreis einen Standpunkt sowie Lösungsansätze dazu. Veranstalter ist der WKÖ-Fachverband Unternehmensberatung und IT (UBIT).
Link: UBIT