Wien. Zwei Jahre musste die Finanzbranche warten, nun liegen mit der finalen Beschlussfassung des Basel III-Regelwerkes im EU-Parlament alle Fakten auf dem Tisch: Die österreichische Finanzbranche ist gefordert, die Neuregelungen bis Ende des Jahres umzusetzen, und muss sich dazu auf allen Ebenen optimal aufstellen, heißt es beim Beratungsunternehmen Deloitte.
Die Hausaufgaben lauten demnach: zukunftsorientierte Szenarioanalysen, eine Überarbeitung der Geschäftsmodelle, intelligentes Datenmanagement und auch die Stärkung der Eigenkapitalquoten samt möglicher Bereinigung von nicht strategischen Assets.
Mehr als zwei Jahre nach Veröffentlichung der finalen Basel III-Regeln durch den Basler Ausschuss für Bankenaufsicht im Dezember 2010 und nach teils emotional geführten Diskussionen innerhalb der europäischen Gremien hat das EU-Parlament Mitte April 2013 nun den finalen Beschluss zur europarechtlichen Umsetzung des Rahmenwerks in Form der CRD IV/CRR gefasst.
Das Paket – bestehend aus Richtlinie und Verordnung – sieht unter anderem einheitliche Regeln zu Kapital und Liquidität innerhalb der EU vor. Diese Maßnahmen werden durch die Leverage Ratio flankiert, die der übermäßigen Verschuldung von Kreditinstituten entgegenwirken soll.
Strengere Governance-Regeln in Hinblick auf das Risikomanagement und die Vergütungspolitik in Finanzinstitutionen runden das Maßnahmenpaket ab, heißt es in einer Aussendung.
Derzeit werden die neuen Regelungen, die am 1. Jänner 2014 in Kraft treten, vom Finanzministerium in das nationale Rechtssystem integriert.
Dominik Damm, Partner Deloitte Financial Advisory Services, bewertet das europäische Regelwerk als richtungsweisenden Meilenstein für die heimische und europäische Finanzindustrie: „Nach Basel II war den Finanzinstituten klar, dass mit der Einführung von Basel III das Korsett noch enger geschnallt werden würde, doch niemand wusste, wie eng. Jetzt liegen die Karten auf dem Tisch und das Feintuning in den Organisationen kann beginnen.“
„Weitere Tendenzen lassen sich bereits erkennen“
Für Damm stellt die Umsetzung von Basel III durch CRD IV und CRR allerdings nur den ersten Schritt in einer Reihe von weiteren Regularien dar. „Weitere Tendenzen für noch schärfere regulatorische Rahmenbedingungen lassen sich bereits erkennen“, so Damm.
Daher seien die Befürchtungen der Banken, die Umsetzung der neuen Regularien würden mittelfristig zu einer Reduktion ihrer Ertragskraft führen, nicht ganz von der Hand zu weisen, so Damm.
Weiters seien die volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen derzeit für Banken ungünstig: „Der Euribor hat einen historischen Tiefstand erreicht, die Zinsmargen brechen ein und das Trading wird teurer bzw. eingeschränkt“, so Damm.
Banken brauchen Zeit für Umsetzung
„Bald werden die Finanzinstitute mehr Zeit damit verbringen, die Spielregeln zu lernen, als zu spielen“, so Damm. Er appelliert an den Gesetzgeber, die Banken nicht zusätzlich mit neuen finanziellen und regulatorischen Belastungen unter Druck zu setzen.
Eine Überregulierung könne dazu führen, Banken in ihrem unternehmerischen Daseinszweck zu beschränken, und somit in letzter Konsequenz auch negative Auswirkungen auf ihre Wettbewerbsfähigkeit und damit auf den Standort Österreich haben, so Damm.
Nach Einschätzung von Deloitte sind die heimischen Finanzinstitute prinzipiell ausreichend kapitalisiert, um auch den neuen regulatorischen Mindestanforderungen zu entsprechen. Daher sei keine direkten Wettbewerbsnachteile zu erwarten.
Eine Schwierigkeit können allerdings die geforderten Eigenmittel in Form zusätzlicher Kapitalpuffer darstellen. „Insbesondere der Umstand, dass Partizipationskapital nach den neuen Bestimmungen nicht mehr als hartes Kernkapital anrechenbar ist, ist eine Herausforderung für die österreichischen Institute, wird den Finanzmarkt aber langfristig deutlich stärken“, meint Damm.
Das Trennbankensystem – die Trennung von Investment- und Retailbanken –, das vor allem in Deutschland, Frankreich und Großbritannien diskutiert wird, sei in Österreich kein so großes Thema. Die Fokussierung auf das Retailgeschäft führt laut Deloitte zu geringeren, dafür aber stabilen Gewinnerwartungen.
Gefragt sei nun eine strategische Neuorientierung der Geschäftsmodelle sowie die Durchführung von zukunftsorientierten und strategischen Szenarioanalysen, um zeitgerecht für die neuen Herausforderungen gerüstet zu sein, so Damm.
Neues Simulationstool
Um einen Überblick über die regulatorischen Details zu erhalten und deren Auswirkungen auf die unterschiedlichen Unternehmensbereiche zu analysieren, hat Deloitte Financial Services ein Simulationstool für Basel III entwickelt.
Link: Deloitte