Wien. Der Gesetzgeber wird ab Juli 2013 das Mindest- Stammkapital einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) von 35.000 auf 10.000 Euro absenken.
Bei genauerem Hinsehen handle es sich um einen „Schnellschuss der eventuell nach hinten losgehen kann“, meint Anton Schmidl, Geschäftsführender Gesellschafter der SOT Süd- Ost Treuhand GmbH Klagenfurt – Wien. Es sei „nicht alles gut, was billig ist.“ In einem Gastkommentar ortet Schmidl mehrere Gründe, warum die „Billig- GmbH“ manchen durchaus teuer zu stehen kommen kann.
Im Folgenden der Gastkommentar von Anton Schmidl (Anm.: Gastkommentare geben die persönliche Meinung ihrer Verfasser wieder, nicht die unserer Redaktion):
1. Oft wurden in der Vergangenheit britische Limited- Gesellschaften (Ltd.) gegründet, um damit in Österreich Gastwirtschaften, schwindelige Baugesellschaften oder ähnliches, zu betreiben. Meist nur kurz, denn viele gingen bald in Konkurs, manche wohl in betrügerischer Absicht. Die Beweggründe der Unternehmensgründer waren durchsichtig: Eine billige Gesellschaft, die deutlich unter 1.000 Euro Kapital erfordert und bei der die Haftung eingeschränkt ist.
Mit diesen „Betrugs- GmbHs“ wurden allerdings die Nichtbankengläubiger geschädigt und die Firmenbuchgerichte bei der Konkursabwicklung über Gebühr gefordert. Betrogen wurden wir alle, da die Konkursanten meist Steuern und Sozialversicherungsbeiträge schuldig geblieben sind und Lieferanten um ihr Geld geprellt haben. Nun soll es möglich sein, direkt in Österreich eine billige Gesellschaft zu gründen, die eventuell auch zur „Betrugs-GmbH“ werden könnte.
2. Bei vielen nicht sehr gut informierten Unternehmensgründern herrscht die Meinung vor, dass das Stammkapital einer Gesellschaft als verlorener Aufwand zu betrachten ist. Danach „kostet“ die derzeitige GmbH sehr viel, nämlich zumindest 35.000 Euro – und die neue GmbH dank dem Wunsch des Gesetzgebers, wieder mehr GmbH-Gründungen zu haben, nur mehr 10.000 Euro.
Selbstverständlich ist das Geld aber nicht weg, sondern kann und muss für notwendige Investitionen der neuen Gesellschaft genutzt werden.
3. Eine Unternehmensgründung kann nicht auf günstigen Gründungskosten basieren, sondern bedingt eine adäquate Eigenkapitalausstattung. Das Geld wird für die Eigenfinanzierung der Gründungsinvestitionen, der Anfangsverluste, von Innovationsaufwand und sonstigen nützlichen Ausgaben bis zum Erreichen der Gewinnzone benötigt. Auch gut gehende Unternehmen benötigen für die laufende Finanzierung des Anlagevermögens und des „working capitals“ Eigenmittel.
Je weniger Eigenkapital eine Gesellschaft hat, desto schneller wird im Falle des Misserfolges eine persönliche Haftung schlagend. Der neue Gesetzesentwurf sieht vor, dass im Falle des Unterschreitens der URG (Unternehmensreorganisationsgesetz)- Kennzahlen mit weniger als acht Prozent Eigenkapital und einer Schuldentilgungsdauer von über 15 Jahren sofort eine getrennte Beschlussfassung über Gegenmaßnahmen zu erfolgen hat. Dies bedingt ein ausgereiftes Rechnungswesen zur Überwachung, was ausdrücklich zu begrüßen ist. Die überwiegende Mehrheit aller Konkurse ist auf mangelnde Zahlendisziplin zurückzuführen, weswegen verpflichtende laufende betriebswirtschaftliche Analysen sicher positiv sind. Allen Unternehmensgründern ohne ehrliche Absichten sei gesagt, dass bei nicht transparentem Verhalten strafrechtliche Konsequenzen viel schneller folgen werden.
4. Neben diesen negativen Effekten kommen die positiven zu kurz: Eine Senkung der Mindestkörperschaftsteuer, Kostenersparnisse durch die Nichtveröffentlichung in der Wiener Zeitung und ähnliches.
Jeder Geschäftspartner sollte in Zukunft die ehrlichen Absichten von Unternehmensgründern einsehen: Ein Blick ins Firmenbuch zeigt, ob eine Gesellschaft über ein Stammkapital von 10.000 Euro verfügt, bei dem eventuell überhaupt nur die Hälfte einbezahlt ist, oder ob es sich um einen namhaften, dem gewünschten Volumen der Gesellschaft angepassten Kapitalbetrag handelt.
Autor Dr. Anton Schmidl ist Geschäftsführender Gesellschafter der SOT Süd- Ost Treuhand GmbH Klagenfurt – Wien