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Österreichs Bilanzpolizei startet: „Am Anfang wird es unangenehm“, so BDO Austria-Partner Klemens Eiter

Klemens Eiter ©BDO Austria
Klemens Eiter ©BDO Austria

Wien. Mit Juli 2013 wurde auch in Österreich als letztem EU-Land eine „Bilanzpolizei“ eingerichtet: Die Aufgabe der Österreichische Prüfstelle für Rechnungslegung (OePR) ist die Kontrolle der Bilanzen börsennotierter Unternehmen. Die OePR, die unter der Ägide der Finanzmarktaufsicht (FMA) tätig ist, soll durch ihre Prüfungstätigkeit das Vertrauen der Anleger in die Berichterstattung ihrer Aktiengesellschaften stärken.

Wie Beispiele aus Deutschland zeigen, decken solche Prüfungen jedes Jahr eine beträchtliche Zahl von Fehlern auf – und die österreichischen börsenotierten Unternehmen, gerade auch die großen ATX-Werte, tun gut daran sich schon jetzt intensiv vorzubereiten, warnt BDO Austria-Experte und Partner Klemens Eiter.

Der späte Start der OePR in Österreich bedeutet zwar, dass die Österreicher bei den Erfahrungen der Nachbarstaaten aus dem Vollen schöpfen können – andererseits bedeutet der späte Start auch eine sehr steile Lernkurve, warnt Eiter. Denn Österreichs Bilanzpolizei untersteht letztlich der europäischen übergeordneten Prüfungsbehörde ESMA und hat deren Regeln und etablierte Prüfungspraxis von vornherein umzusetzen. „Die ESMA verfügt inzwischen über eine Datenbank mit tausenden Entscheidungen. Manche der österreichischen Unternehmen sind sich vielleicht noch nicht ganz bewusst, was das bedeutet.“

Ging es auf europäischer Ebene bei der Einführung vergleichbarer Prüfinstitutionen wie der OePR nämlich anfangs noch um verhältnismäßig einfache Themen wie die richtige Abfassung der Anhänge zur Bilanz, so herrscht nun bereits die Kür – es liegt eine etablierte Prüfungspraxis vor. „Wir steigen daher in Österreich auf sehr hohem Level ein, die Lernkurve wird steil sein müssen.“

Bis heute hohe Fehlerquote beim Nachbarn

Ein Blick nach Deutschland zeigt, dass es in den Bilanzen immer wieder zu Fehlern kommt – auch heute noch. Die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) – sie existiert bereits seit 2004 und hat 16 Prüfer – hat im Vorjahr 113 Prüfungen durchgeführt; sie diente als Vorbild für die OePR in Österreich.

Anfangs, also in den Jahren 2005 und 2006, deckten die Prüfungen der DPR noch eine Fehlerquote von um die 30 Prozent auf: fast ein Drittel der Unternehmen lieferte also eine fehlerhafte Bilanz ab. Und unabhängig von der Schwere des Fehlers müssen alle Fehler publiziert werden, was gerade am Anfang der Prüfungstätigkeit, wenn die Öffentlichkeit daran noch nicht gewöhnt ist, für viel Aufsehen sorgt. Auch heute noch ist die Fehlerquote in Deutschland nur wenig unter 20 Prozent gesunken. „Man sieht also, dass die Problematik in Deutschland immer noch besteht.“ Auch in Österreich sei eine hohe Fehlerquote zu befürchten – aufgrund der fehlenden Lernkurve. „Es wird davon abhängen, wie streng man die Regeln in die Praxis umsetzt.“

In Deutschland zeigten sich bei den Bilanzpprüfungen als kritische Problembereiche laut Eiter u.a.:

  • die Abbildung von Unternehmenserwerben in der Bilanz, vor allem der Firmenwert und die daraus resultierenden Abschreibungen darauf
  • der Lagebericht muss ausführlich die Lage und Aussichten des Unternehmens schildern (die Behörde vergleicht das mit den übrigen Veröffentlichungen des Unternehmens). So sind etwa die Finanzrisiken detailliert aufzuführen; vor allem das Recht der kreditgebenden Banken, die Kredite zu kündigen, wenn bestimmte Finanzkennzahlen sich zu sehr verschlechtern.
  • detaillierte Umsatz- und Ertragsangaben zu den einzelnen Geschäftsfeldern des Unternehmens (wird aus Konkurrenzgründen oft nur ungern publiziert)
  • Related Party Transactions (also Geschäfte mit dem eigenen Management, usw.; diese sind nach IFRS 24 vollständig offenzulegen; auch hier vergleicht die Bilanzpolizei das mit anderen Informationen zum Unternehmen)

All dies sind Bereiche, wo die geforderte Offenheit gerade am Anfang vielleicht vielen Unternehmen schwierig fallen wird, wie es heißt.

Der Zeitplan

Die Bilanzpolizei ist mit Juli 2013 offiziell eingerichtet worden, wird sich aber wohl erst die Bilanzen des Jahres 2013 anschauen. Diese werden bei den börsenotierten Unternehmen im Februar bis spätestens April 2014 vorliegen; die Prüfungsdauer wird dann rund ein halbes bis ein Dreivierteljahr betragen. Eiter: „Das bedeutet: im Sommer bis Herbst 2014 wird es die ersten Ergebnisse der Prüfungen durch die Bilanzpolizei geben.“ Vorbereiten sollten sich die Unternehmen aber schon jetzt. „Eine solche Prüfung ist im Grunde ein schriftliches Verfahren, bei dem die Behörde um Auskünfte anfragt – und die Frist, die sie dafür stellt, beträgt in der Regel nur 14 Tage. Die Unternehmen sind also gefordert, sich schon jetzt vorzubereiten, damit sie rechtzeitig reagieren können, wenn die Anfrage kommt.“

Dass derzeit keine allzu große Offenheit gelebt wird, sei an dem Unterschied zwischen sehr knappen Lageberichten und äußerst ausführlichen Börseprospekten bei vielen Unternehmen zu sehen. In Zukunft werde die Bilanzpolizei auch beim Lagebericht eine größere Ausführlichkeit einfordern. „Gerade am Anfang wird es nicht angenehmen sein; ein paar große Unternehmen aus dem ATX werden sicher gleich zum Start geprüft werden“, sagt Eiter.

Link: BDO Austria

 

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