Wien. Die österreichischen Fachverlage Manz und Linde, bisher scharfe Konkurrenten, haben jeder für sich eine prominente Stellung bei Rechtsinformationen in Österreich errungen: Mit ihren Fachbüchern, Skripten und neuerdings zunehmend Online-Informationen sind Generationen von Akademikern groß geworden, sie sind täglich verwendetes Werkzeug für tausende Anwälte, Steuerberater, Wirtschaftspraktiker und Beamte. Diese Woche haben die beiden Konkurrenten eine weitreichende Kooperation im wichtigen Online-Markt bekanntgegeben. Das passt ins Bild einer Branche, in der mit dem Verlag Österreich erst vor kurzem ein weiterer prominenter österreichischer Verlag ein Bündnis mit dem internationalen Riesen LexisNexis eingegangen ist – und selbst davor schon Springer Wien an Bord geholt hat.
Bahnt sich mit dem jetzt angekündigten Bündnis von Linde und Manz nun das Ende des Wettbewerbs bei den Fachverlagen an, vielleicht sogar eine neue Konzentrationswelle? Manz-Verlagsleiter Wolfgang Pichler sagt im Interview mit Recht.Extrajournal.Net: „Eine gewisse Konzentration kann in den gesetzlichen Schranken für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden. Im Fachbuchhandel ist sie ja schon passiert.“
Recht.Extrajournal.Net: Manz und Linde haben eine Kooperation bei ihren Rechtsinformations-Datenbanken bekanntgegeben. Im ersten Schritt erhalten die Kunden des jeweils anderen Zugriff, und das soll noch ausgebaut werden. Wo sind Manz und Linde künftig Kooperationspartner, und wo sind sie Konkurrenten? Bedeutet Kooperation bei der Technik auch Kooperation bei den Verlagsprogrammen, oder wird man hier weiterhin sozusagen keine Rücksicht auf den anderen nehmen?
Wolfgang Pichler: Es ist eine reine Onlinekooperation vereinbart. Also eine wechselseitige Durchsuchbarkeit der Volltexte der Zeitschriften plus Direktlink in die Datenbank des jeweils anderen Anbieters. Weder gibt es derzeit eine gemeinsame Technik-Entwicklung noch eine inhaltliche Abstimmung und auch keinen gemeinsamen Vertrieb. Eine Intensivierung ist für den Onlinebereich allerdings angedacht.
Wenn Abonnenten künftig in Ihrer Datenbank nach Fachbüchern und -artikeln zu bestimmten Themen suchen, stehen dort dann die Konkurrenzangebote von Linde und Manz sowie vielleicht noch anderen Verlagen nebeneinander?
Pichler: Derzeit bleiben die Angebote getrennt, es handelt sich um keine gemeinsame Datenbank. Weitere Pläne sind derzeit noch im Ideenstadium, ca. in einem Jahr könnte ein nächster Schritt folgen. Ob es aber jemals „eine gemeinsame Datenbank“ geben wird, ist aus heutiger Sicht völlig offen. Aus Kundensicht wäre das allerdings wünschenswert, und dieser Aspekt wird von uns sicher ernst genommen.
Die Kooperation soll weiter ausgebaut werden: Sind solche strategischen Formen der Zusammenarbeit, wie Manz und Linde sie jetzt beschlossen haben, auf lange Sicht ein Vorbote einer möglichen Konzentration bei den Fachverlagen in Österreich?
Pichler: Eine gewisse Konzentration kann (in den gesetzlichen Schranken) für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden. Im Fachbuchhandel hat sie ja längst stattgefunden. Objektivierbar ist, dass der Wettbewerb unter den jur. und Steuer-Fachverlagen in Österreich in Relation zur Marktgröße besonders ausgeprägt ist und dass die immer höheren Aufwendungen für Onlineentwicklung und –produktion solche Konzentrationen grundsätzlich begünstigen.
Wie wichtig sind die Online-Angebote derzeit überhaupt für einen Fachverlag wie Ihren – wie viele Leser lesen derzeit lieber elektronisch als in Print?
Pichler: Internationale Fachinformationsanbieter rühmen sich heute, dass sie drei Viertel ihres Geschäfts „online“ machen; dazu zählen aber auch Softwareangebote und Handelsplattformen. Ich denke, dass in Österreich 40 Prozent ein guter Wert ist. Die Tendenz steigt weiterhin, eine Ablöse des gedruckten Buches ist aber nicht in Sicht. Viel wird auch von der Nachfrage nach mobilen Lösungen abhängen, die derzeit noch gering ist.
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