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Recht

Sind Sie auf eine digitale Empörungswelle vorbereitet? So zähmt Frehsfields den Shitstorm

Frankfurt/Wien. Die internationale Anwaltssozietät Freshfields Bruckhaus Deringer ist in der IT-Welt ein bekannter Name: Man vertritt schließlich den iPhone- und iPad-Hersteller Apple. Nun haben sich die Frehsfields-Experten des brisanten Themas „Shitstorm“ angenommen: Darunter versteht man die im Internet oft rasant zunehmende Flut von erbosten Nutzerkommentaren in Reaktion auf ein Unternehmen oder dessen Produkte. Zweifellos ein spannendes Thema, schließlich wurden schon Weltkonzerne von einem solchen „Shitstorm“ zu einem Kurswechsel gezwungen. Freshfields hat daher einschlägige Tipps und Ratschläge in einer Presseaussendung gesammelt.

Bloß dürfte das Wort selbst der Kanzlei mit britisch-deutschem Hauptquartier und echtem Adelswappen im Logo ein wenig zu plebejisch gewesen sein. Darum weiß die rechtsinteressierte Internet-Community seit der aktuellen Aussendung auch, wie man das Wort Shitstorm ins Deutsche übersetzt – ganz dezent. „Unternehmenskrisen: 50 Prozent aller Konzerne unzureichend auf digitale Empörungswellen vorbereitet“, heißt es da im Original-Wortlaut. Wobei „Welle der Empörung“ laut Sprachwissenschaftern zwar ein vor allem in Deutschland zunehmend verbreiteter Ersatz für das andere Wort ist, doch nach Meinung vieler nicht wirklich identische Bedeutung hat. Tatsache ist jedenfalls laut Freshfields-Aussendung: Über ein Viertel der Krisenfälle breitet sich innerhalb einer Stunde bis in internationale Medien aus.

Unternehmen müssen daher in Zeiten immer schnellerer Nachrichtenverbreitung über soziale Medien ihre Strukturen für ein wirksames Krisenmanagement verbessern. Das ist eines der Ergebnisse einer weltweiten Umfrage der Anwaltssozietät bei über 100 Spezialisten für Krisenkommunikation in 12 Ländern Europas, in Asien und in den USA. Die Untersuchung basiert auf Interviews mit PR-Beratern, die in Krisenfällen der größten Konzerne weltweit tätig waren. Ihre Antworten zeigen, dass Krisenmanagement heute vor neuen Herausforderungen steht, so Freshfields:

  • Mehr als ein Viertel (28 Prozent) der berichteten Unternehmenskrisen haben sich innerhalb einer Stunde grenzüberschreitend ausgebreitet, über zwei Drittel (69 Prozent) breiteten sich innerhalb 24 Stunden international aus,
  • Berichte über Krisenfälle wurden außer im Ursprungsland durchschnittlich in elf weiteren Ländern aufgegriffen,
  • Soziale Medien spielen eine wichtige Rolle in der Nachrichtenverbreitung. Sie transportieren die Krise in der Hälfte der Fälle (50 Prozent) innerhalb des Landes und fast einem Drittel der Fälle (30 Prozent) weltweit weiter.

Die Unfähigkeit eine Unternehmenskrise schon von Beginn an richtig zu steuern könne hohe Kosten für das Unternehmen nach sich ziehen, sei es durch unmittelbaren Wertverlust an den Aktienmärkten oder langfristigen Imageschaden.

Trotzdem sind der Analyse zufolge viele Unternehmen noch nicht in der Lage, nach dem Ausbruch einer Krise schnell genug zu handeln. Dabei geben die meisten PR-Berater an, dass in sechs von zehn Krisenfällen (58 Prozent) ausreichend Zeit für eine Reaktionsplanung vorhanden war. Nach Ausbruch der Krise hat es indes im Durchschnitt 21 Stunden gedauert, bis Unternehmen zu einer externen Kommunikation in der Lage waren. In 18 Prozent der Zwischenfälle ließ diese Reaktion mehr als 48 Stunden auf sich warten.

„Kaum mehr ein Puffer“

Norbert Nolte, Leiter der Fachgruppe Krisenmanagement bei Freshfields: „Bislang wurde es nach einem Krisenfall häufig so gehandhabt, dass man eine interne Untersuchung ankündigte, um Zeit zu gewinnen und eine umfassende Reaktion vorzubereiten. Heute, vor allem bedingt durch Social Media, gibt es diesen Puffer kaum mehr. Sobald schlechte Nachrichten das Unternehmen verlassen, besteht das Risiko, dass diese sich innerhalb weniger Stunden über den ganzen Erdball ausbreiten.“

Obwohl für jedes Unternehmen die Möglichkeit besteht sich vorzubereiten und viele selbst soziale Medien einsetzen, sind die meisten Firmen nicht ausreichend auf eine Krise vorbereitet, die sich online ausbreitet, heißt es weiter. Die Hälfte der befragten Berater glaubt, dass Unternehmen insgesamt nicht ausreichend auf derartige Krisen vorbereitet sind; 94 Prozent sind der Ansicht, dass die fehlende Vorbereitung sinnvoller Maßnahmen zur Kontrolle von Krisen im Online-Bereich Vorverurteilungen in der Öffentlichkeit begünstigt. Und fast zwei Drittel (63 Prozent) der Befragten geben an, dass die zuletzt im Rahmen einer Krise beratenen Unternehmen die Krise hätten voraussehen und besser vorbereitet sein können.

Andreas Fabritius, Experte für Corporate Governance und Mitglied der Fachgruppe Krisenmanagement bei Freshfields: „Verzögerungen bei der Reaktion auf einen Störfall kann man sich im digitalen Zeitalter einfach nicht mehr leisten. Gründliche Vorbereitung ist mehr denn je der Schlüssel für eine erfolgreiche Krisenbewältigung.“

Auf Krisen nicht vorbereitet

Die Umfrage ergab zudem, dass auch für andere Krisenarten bei über 40 Prozent aller beratenen Firmen keine Notfallpläne existierten. Am wenigsten vorbereitet waren die Unternehmen auf Krisen durch Fehlverhalten von Mitarbeitern, Bestechung oder Korruption. In 15 Prozent der Fälle gab es keine Krisenpläne für Produktrückrufe. Dagegen waren 94 Prozent aller beschriebenen Unternehmen für Störfälle und 82 Prozent ausreichend auf Katastrophen vorbereitet, die zur Unterbrechung des Geschäftsbetriebes führten. Nolte: „Die Studie zeigt, dass nahezu die Hälfte der Unternehmen kaum oder gar nicht auf mögliche Krisen vorbereitet ist, die durch Bestechung und Korruption oder anderes Fehlverhalten von Mitarbeitern ausgelöst werden. Dabei sind die Behörden weltweit zunehmend aktiv bei der Verfolgung derartiger Delikte.“

Eine kürzlich von Freshfields durchgeführte Studie habe ergeben, dass Unternehmen die entscheidende Weichenstellung für ihr Krisenmanagement in den ersten 48 Stunden einer Krise treffen.

Noch eine Erkenntnis: Während des ersten Tages einer Krise war knapp die Hälfte der untersuchten börsennotierten Unternehmen von Verlusten bei ihrem Aktienkurs betroffen (48 Prozent). Nach zwei Tagen hatten schon über 50 Prozent der Firmen Einbußen bei ihren Aktienkursen zu verzeichnen. Die negativste Börsenstimmung herrscht der Untersuchung vom Dezember 2012 zufolge einen Monat nach einem Zwischenfall: 60 Prozent der krisengeschüttelten Unternehmen waren von fallenden Aktienkursen betroffen. Ein Jahr nach Beginn der Krise hatte es mehr als die Hälfte der Unternehmen insgesamt noch nicht geschafft, ihren Aktienkurs wieder auf das Vorkrisenniveau zu bringen (Schwerpunkt Krisenmanagement).

Ein Schuldeingeständnis?

Nolte: „Entscheidend ist die schnelle Abstimmung der Kommunikation mit der Rechtsabteilung oder externen Anwälten. Wo eine Entschuldigung angebracht ist, gilt sie – anders als in den USA – in einem späteren Gerichtsverfahren zwar nicht als Schuldeingeständnis. Fallstricke gibt es dennoch. So können etwa Staatsanwälte eine unvorsichtige Kommunikation zum Anlass nehmen, weitere Durchsuchungen anzuordnen oder auch einmal betroffene Manager in Untersuchungshaft zu nehmen.“

Fabritius: „Das Rennen gegen die Uhr kann gewinnen, wer im betroffenen Betrieb einerseits Aufklärung betreibt, direkt konkrete Schritte zur Lösung der Krise einleitet und andererseits kommunikativ mit Social Media Schritt hält, um Angriffe auf die Firmenreputation rechtzeitig aufzufangen. Am besten vorbereitet sind diejenigen Firmen, die dafür schon schlanke Strukturen und Prozesse aufgebaut haben. Für börsennotierte Unternehmen sollten Krisenhandbücher selbstverständlich sein.“

Link: Freshfields

 

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