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Business

Kfz-Versicherung macht keinen Spaß mehr, Assekuranzen warten auf zündende Idee

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Wien/Frankfurt. Nach sechs defizitären Jahren soll die Kfz-Versicherung 2014 wieder aus dem Minus kommen. Dennoch sorgen strukturelle Faktoren laut einer Analyse der internationalen Managementberatung Bain & Company für einen langfristig anhaltenden Margendruck. Omnikanalfähigkeit, modulare Produktansätze, radikale Realisierung von End-to-End-Prozesseffizienzpotenzialen sowie bessere Kundeneinbindung durch Self-Service seien die Zukunft.

Das Hauptproblem der Autosparte: Die Neuwagen-Verkäufe lassen die Steigerungen der Vergangenheit vermissen.

Mit durchschnittlich jährlich rund drei Millionen verkauften Neuwagen ist der Automarkt in Deutschland in den nächsten Jahren gesättigt; ähnlich sieht es in Österreich aus. In Ballungszentren ersetzen verbesserte öffentliche Nahverkehrsnetze oder neue Mobilitätsangebote wie Car-Sharing teilweise das eigene Auto. Parallel dazu führt die technologische Weiterentwicklung bei Sicherheits- und Assistenzsystemen zu einem beschleunigten Schadenrückgang, so eine Aussendung.

Hinzu komme, dass der Preisdruck in einem zunehmend digitalisierten, preissensiblen und transparenten Markt anhält und das Überangebot an Versicherern seinen Teil zu einer weiter konstant hohen Wettbewerbsintensität beiträgt. „Die Prämienvolumina sind angesichts dieser Entwicklung mittel- und langfristig klar rückläufig“, sagt Gero Matouschek, Partner und Versicherungsexperte bei Bain & Company. „Doch für die meisten Versicherer ist ein Ausstieg aus der Kfz-Sparte unmöglich. Sie sind auf die bestehenden Umsatzstrukturen angewiesen und müssen diese systematisch weiterentwickeln.“

Sein oder Nichtsein

Ziel der Versicherer werde es deshalb eher sein, die eigene Abhängigkeit von dieser Sparte sukzessive zu reduzieren und gleichzeitig Kosten und Risiken konsequent zu verringern. Innovationen in der Datensammlung und -analyse versetzen Versicherer in den kommenden Jahren zunehmend in die Lage, die individuellen Bedürfnisse ihrer Kunden in puncto Ansprache oder Produktangebot besser zu verstehen. Entsprechend lassen sich gezielt Produkte für kundenspezifische Risikoprofile entwickeln, heißt es. Im Kampf um den schrumpfenden Kfz-Markt werde Big-Data-Technologie auch die Risikoselektion verbessern. „Für bestimmte Kundensegmente wird dies zu attraktiven Angeboten führen“, so Matouschek. „Der Profitpool der Branche wird dadurch vermutlich abnehmen.“

Die Möglichkeiten der Telematik sind bei einigen Versicherern bereits im Testlauf oder kommen demnächst auf den Markt. Grundlage ist eine vom Kunden freiwillig installierte Datenbox, die Fahrinformationen kontinuierlich aufnimmt und an den Versicherer sendet. Bei Wohlverhalten des Versicherten sind Rabattierungen von 20 bis 30 Prozent bei gleichem Fahraufkommen oder mittelfristig sogar „Pay-as-you-drive“-Tarife denkbar.

Im Zuge von Kooperationen bedienen sich Automobilhersteller und Versicherer solcher Innovationen – und bedrohen damit den Profitpool in der unabhängigen Versicherungswirtschaft, heißt es weiter. Ein Beispiel sei das Joint Venture von Allianz und Volkswagen. Dessen Ziel ist es, den Herstellerkundenzugang und die Herstellerdaten für neue Kfz-Premiumangebote zu besonders attraktiven Preisen zu nutzen. Dabei setzt der Versicherer auf situationsspezifische Kundenangebote und baut Herstellerofferten mit ein. „Die Verknüpfung von fahrzeug- und fahrprofilbezogenen Daten schafft neue Möglichkeiten für maßgeschneiderte Angebote, die konsequent auf die Bedürfnisse bestimmter Kundensegmente ausgerichtet sind“, stellt Autoexperte Stricker fest.

Mit dem Start des Vergleichsportals von Google komme außerdem ein branchenfremdes Geschäftsmodell auf die Versicherungswirtschaft zu, das den primären Kundenzugang für sich beansprucht und sich hinsichtlich Kundenverständnis und -analytik klar von der Branche abgrenzt. Früher oder später könnten Unternehmen wie Google einen Schritt weitergehen und kundenspezifische Tarife mithilfe strategischer Produktpartner anbieten.

Richtig reagieren

Versicherer müssen künftig mit strukturell weniger Kosten entlang der gesamten Wertschöpfungskette reagieren und gleichzeitig die Omnikanalanforderungen des Kunden erfüllen. „Entscheidend ist die Entwicklung eines integrierten Produktangebots, das sowohl die Nachfrage nach den günstigsten Produkten bedient als auch verständliche, preiswerte Ausbaupakete mit Mehrwert zusammenfasst“, so Bain-Versicherungsexperte Matouschek. Die Automatisierung von Geschäftsprozessen werde im Retail-Geschäft eine Kernanforderung sein.

Bei der Weiterentwicklung der Systemlandschaft sei zudem auf Flexibilität sowie offene Kunden- und Vertriebsschnittstellen zu achten, die auch Innovationen im Smartphone- sowie Tablet-Bereich abdecken. Wie Kunden im Internet müssen Agenten und Makler sofort und vor Ort zum Abschluss kommen können – Policierung inklusive. Gerade im Kfz-Segment sei es deshalb unabdingbar, die Onlinepräsenz zusammen mit einer konsistenten Produkt- und Tarifwelt für alle Online- und Offlineangebote auszubauen.

Dies führe zu modularen Policen im Baukastenprinzip: Eine Onlinebasisversicherung wird im persönlichen Vertrieb mittels hinzubuchbarer Premiummodule zum individuellen und margenstarken Premiumprodukt erweitert. Da das Basisprodukt online und offline gleich ist, kann der Kunde wechselweise im Web, telefonisch oder im persönlichen Gespräch Preise vergleichen oder Optionen wählen, ohne dass es zu Friktionen oder Verwirrungen kommt. Auch die Kundenbetreuung sollte  Omnikanalcharakter haben und Telefon, E-Mail, Website oder das persönliche Gespräch einschließen. Nur wenn es für den Kunden effektiver ist, wird er zu Self-Service greifen. „Convenience“ für den Kunden ist also Voraussetzung, so die Bain-Experten: Serviceeinschränkungen nach dem Motto „Das geht jetzt nur noch online“ lassen sich ausschließlich als günstigster Anbieter mit eng gefasster Kundenzielgruppe argumentieren und durchsetzen.

Ein wichtiges Datum wird der Oktober 2015: Dann soll nach dem Willen der Europäischen Kommission der eCall, das automatische Notrufsystem für Kraftfahrzeuge, flächendeckend eingeführt werden. Damit werde eine für Kfz-Versicherer entscheidende neue Technologie in allen Neufahrzeugen verfügbar. Die Versicherungsunternehmen dürfen sich dabei die Betreuung ihrer Kunden am wichtigsten Interaktionspunkt, der schnellen Schadenbehebung, nicht aus der Hand nehmen lassen. Sie sollten daher bereits in der kurzen Erholungsphase 2014 konsequent ihre neue Kfz-Strategie einleiten, heißt es.

Link: Bain & Company

 

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