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Recht, Tipps

Höchstgericht zu lesbischen Paaren: Verbot der künstlichen Befruchtung aufgehoben

VfGH-Präsident Gerhart Holzinger ©VfGH/A.Bieniek
VfGH-Präsident Gerhart Holzinger ©VfGH/A.Bieniek

Wien. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat heute eine öffentlich viel beachtete Entscheidung verkündet: Es ist verfassungswidrig, wenn Frauen, die in einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft leben, von der Erfüllung eines Kinderwunsches durch künstliche Fortpflanzung mittels Samenspende ausgeschlossen werden. Die entsprechenden Bestimmungen im Fortpflanzungsmedizingesetz sind – auf Antrag des Obersten Gerichtshofes (OGH) und zweier Frauen in gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaft – aufgehoben.

Frauen in homosexuellen Lebensgemeinschaften müsse die Erfüllung ihres Kinderwunsches durch Samenspenden ermöglicht werden, so VfGH-Präsident Gerhart Holzinger. Das Höchstgericht hat dem Gesetzgeber Zeit zur Reparatur bis Jahresende 2014 gelassen. Ausdrücklich nicht umfasst sind allein lebende Frauen und homosexuelle Männer.

Männer, die in homosexuellen Lebensgemeinschaften leben, sind ausgenommen (eine separate Entscheidung hierzu wird erwartet); in Sachen alleinstehender Frauen ist unklar, ob die Entscheidung für sie Konsequenzen hat, da ausdrücklich nur Lebensgemeinschaften von Frauen angesprochen wurden, so Beobachter.

„Nicht überzeugend oder schwerwiegend“

Begründet wird die aktuelle Entscheidung laut einer Aussendung des VfGH im Wesentlichen damit, dass für die bisherige Regelung, die Frauen in gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften diskriminiert, keine „besonders überzeugenden oder schwerwiegenden Gründe“ vorliegen, wie sie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seiner Rechtsprechung fordert.

Der vom Gesetzgeber ins Treffen geführte Grund, nämlich die Vermeidung der Gefahr der Leihmutterschaft, treffe bei der Samenspende gerade nicht zu, so der VfGH. Der bei dieser Form der künstlichen Befruchtung weitgehende natürliche Schwangerschafts- und Geburtsvorgang werfe – anders als die Befruchtung von Eizellen im Labor und die Eizellspende – auch keine besonderen ethischen oder moralischen Fragen auf.

„Familie nicht gefährdet, da keine Konkurrenz“

Auch der „Schutz der Familie“ sei hier kein Argument, heißt es weiter: „Gleichgeschlechtliche Partnerschaften stehen gesellschaftlich gesehen nicht in einem Substitutionsverhältnis zu Ehen und verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften, sondern treten zu diesen hinzu; sie vermögen diese daher auch nicht zu gefährden. Umso weniger ist in der Ermöglichung der Erfüllung eines Kinderwunsches, auch wenn dieser in einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft von Frauen nur mit einer Samenspende Dritter erfüllbar ist, ein derartiges Gefährdungspotenzial zu erkennen.“, so der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung.

Link: VfGH

 

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