Mödling. Die Belegschaftsvertretung des Druckmaschinenherstellers KBA Mödling hat mit ihrem Streik seit Donnerstag letzter Woche nach eigener Ansicht Neuland betreten: Zwar gibt es in Österreich im Gegensatz zu Deutschland kein gesetzliches Streikrecht, dennoch wurde tagelang die Arbeit aus Furcht vor Stellenabbau niedergelegt. Die Geschäftsführung drohte den streikenden Arbeitern mit Schadenersatzklagen.
Heute wurde nun einem Kompromiss mit der deutschen Mutter zugestimmt, der gegenüber deren ursprünglichen Absichten Erfolge für die Streikenden bringt. Statt 460 werden nur noch 385 Mitarbeiter abgebaut, so Arbeiter-Betriebsratsvorsitzender Alois Trobollowitsch. Auch einen Sozialplan soll es geben – und keinen Schadenersatz. Damit ist der Streik beendet.
AKNÖ-Präsident Markus Wieser spricht in einer Aussendung von einem erfolgreichen Kompromiss, der durch die Geschlossenheit der Belegschaft erreicht worden sei. „Die Geschlossenheit der Belegschaft, die enge Zusammenarbeit der Betriebsräte mit den Gewerkschaften PROGE und GPA-djp und die Kooperation mit der Arbeiterkammer haben einen Erfolg für die Beschäftigten der KBA gebracht.“
Der Streik könne beendet werden, weil es einen sinnvollen Kompromiss gebe. 75 Arbeitsplätze seien gerettet worden; der ausgehandelte Sozialplan gelte fünf Jahre und künftig könne der Standort konzernintern um neue Aufträge mitbieten. Erfreut zeigt sich der AK-Präsident auch, dass von den angedrohten Entlassungen und Klagen wegen des Streiks nicht mehr geredet werde. Das sei Teil des ausverhandelten Kompromisses, heißt es weiter. „Dass die in den Medien kolportierten Drohungen und Entlassungen wegen des Streiks kein Thema mehr sind, freut mich besonders. Die Belegschaft erhält die Entgeltfortzahlung, niemand muss sich vor Konsequenzen fürchten.“ Im Zusammenhang mit dem aktuellen Streik war bei der AK übrigens stets von einem „demokratischen Grundrecht“ auf Streik die Rede.
Die Sicht der Wirtschaftskammer
Interessant ist in diesem Zusammenhang die Sicht der Wirtschaftskammer, was Streiks betrifft. Sie spricht in ihren Rechtstipps für Unternehmen davon, dass in „Österreich der Streik als Mittel des Arbeitskampfes bisher nicht von praktischer Bedeutung“ sei. „Da aus diesem Grund kaum Rechtsprechung existiert, kann sich eine Beurteilung der Zulässigkeit bzw. der arbeitsrechtlichen Konsequenzen des Streiks nur auf die vorhandene arbeitsrechtliche Literatur stützen“, heißt es im Online-Ratgeber der WKÖ weiter.
Der WKÖ-Ratschlag für die Praxis gibt sich sehr phragmatisch: „Mit der vertragswidrigen Arbeitsniederlegung werden in der Regel die einschlägigen Entlassungsgründe von Gewerbeordnung und Angestelltengesetz verwirklicht (unbefugtes Verlassen der Arbeit bzw. beharrliche Pflichtenvernachlässigung). Fraglich könnte allerdings sein, ob dem am Streik teilnehmenden Arbeitnehmer der Verstoß gegen den Arbeitsvertrag auch vorwerfbar ist. Es genügt zwar leichte Fahrlässigkeit, ein Irrtum über die Rechtslage kann aber im Einzelfall entschuldbar sein (streikende Arbeitnehmer sind oft in der Überzeugung, in Ausübung eines Rechtes zu handeln). Tipp! Der Ausspruch einer Entlassung sollte daher gut überlegt werden und nicht ohne Rücksprache mit einem arbeitsrechtlichen Experten der Wirtschaftskammer erfolgen!“
Auch die Frage, ob streikende Mitarbeiter Anspruch auf ihren Lohn haben, ist umstritten, so die WKÖ: „Herrschende Meinung ist allerdings, dass arbeitswillige Arbeitnehmer, die durch einen Streik an der Arbeitsleistung gehindert werden, grundsätzlich Anspruch auf das laufende Entgelt haben. Begründung dafür ist, dass die Arbeitsleistung der arbeitsbereiten Mitarbeiter primär durch den Arbeitgeber verhindert wird, der die Forderung der streikenden Arbeitnehmer nicht erfüllt.“
Link: WKO
Link: AK NÖ