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Business, Recht, Steuer

BDO-Geschäftsführer Markus Trettnak: Bei der Compliance-Welle kehrt Vernunft ein, Vorteile hat sie doch

Markus Trettnak ©Daniela Klemencic / BDO Austria
Markus Trettnak ©Daniela Klemencic / BDO Austria

Wien. Die Compliance-Welle rollt: Das Jahr 2014 bringt verschärfte Berichtsregeln für alle Unternehmen, das erste volle Betriebsjahr der neuen Bilanzpolizei, Stresstests für Banken usw. Doch bringt eine Flut neuer Vorschriften den Unternehmen, Wirtschaft und Gesellschaft mehr, als sie an zusätzlichem Aufwand und Kosten verursacht – und kann sie leisten, was von ihr erwartet wird: mehr Transparenz, weniger Korruption, sogar Schutz vor neuen Finanzkrisen?

Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Markus Trettnak, Geschäftsführer und Partner von BDO Austria, sieht im Interview neue Sparsamkeit in Sachen Compliance einkehren, aber auch mehr Realismus. „Compliance ist endlich auch im Mittelstand angekommen. Wenn der Non-Compliance-Fall eintritt, spielen Kosten keine Rolle mehr.“

Extrajournal.Net: Die Compliance-Welle rollt: Die Zahl einschlägiger Gesetze, Verordnungen und sonstiger Regeln für die Unternehmen nimmt auch in Österreich ständig zu. Wo sehen Sie diesen Trend besonders am Werk – ist er für die meisten Ihrer Klienten ein Thema, oder nimmt vor allem in bestimmten Bereichen der Aufwand zu, z.B. bei börsenotierte Unternehmen und Banken?

Markus Trettnak: Das Thema Compliance ist spätestens mit den beinahe täglichen Medien-Berichten über neue Verdachtsfälle zu kartellrechtlichen Vergehen – insbesondere den Preisabsprachen im Lebensmittel-Einzelhandel – nun auch endlich im österreichischen Mittelstand angekommen. Große, börsenotierte Unternehmen oder Banken haben mittlerweile schon Routine in Compliance. Banken waren ohnehin in einer Vorreiterrolle – zumindest im sogenannten von den Finanzaufsichtsbehörden >regulierten Bereich<.

Wie reagieren Wirtschaft und Unternehmen in der Praxis? Werden Unternehmensstrukturen angepasst, Compliance Officers ernannt, ändert sich auch die Denkweise des Managements?

Trettnak: Es gibt zwei Gruppen: Zum einen jene Unternehmen, die es wirklich ernst nehmen und bei denen Qualität vor Kosten geht. Diese Firmen starten mit einer umfangreichen Risikoanalyse und definieren klare Regeln und Verantwortlichkeiten. Ohne ein klares Statement der Unternehmensführung zu Compliance, das sich in deren täglichem Tun auch widerspiegelt, geht es nicht. Dieses Bewusstsein muss fest im Unternehmen verankert werden, was nur eine der Aufgaben eines Compliance Officer ist. Es braucht jene Stelle im Unternehmen, die einerseits Verantwortung übernimmt und andererseits aber auch zentrale Anlaufstelle für Fragen ist. Und Fragen gibt es immer wieder. Leider begegnen wir neben den eben beschriebenen Unternehmen dann auch solchen, die nur schnell einen Code of Conduct wollen, sich irgendein Pseudo-Compliance-Zertifikat besorgen und im Grunde weiter machen wie bisher. Glücklicherweise sind diese meinem Eindruck nach in der Minderzahl.

Kann man grob quantifizieren, wie sehr die Kosten eines größen österreichischen Unternehmens für Compliance in den letzten Jahren gestiegen sind?

Trettnak: Pauschal ist diese Frage nicht zu beantworten. Es ist auch zu kurz gegriffen, nur auf die zusätzlichen Kosten zu schauen. Diese hat man meistens rasch ermittelt. Aber wie errechnet sich der Nutzen aus Compliance? Wieviel ist es wert, bestimmte Risiken nicht mehr einzugehen? All das wird meist erst sehr deutlich, wenn der Non-Compliance-Fall eintritt. Es ist schon interessant, dass dann meist Kosten für Strafrechtler, Forensiker, Krisenkommunikation und PR keine Rolle spielen. Aber vorher wird jeder Euro, der in die Prävention geht, dreimal umgedreht.

Inwieweit ist Compliance für Sie selbst als Wirtschaftsprüfer heute mehr ein Thema als früher?

Trettnak: Wir Wirtschaftsprüfer hatten schon in der Vergangenheit strenge Compliance-Vorschriften, die uns zum einen der Gesetzgeber vorgab und zum anderen sich der Berufsstand aber auch selbst auferlegt hat. Man denke nur an die strengen Unabhängigkeitsvorschriften für Abschlussprüfer und die klare Trennung zwischen Beratung und Prüfung. Unsere Mitarbeiter leben Compliance daher vom ersten Tag ihrer Tätigkeit an. Nachdem die Konsequenzen von Compliance-Verstößen bis hin zum Verlust der Berufsbefugnis gehen können, gibt es da auch keine Pardon.

Wo sehen Sie die Vorteile und wo sehen Sie die Nachteile des Trends zu mehr Compliance? Überwiegt eine der beiden Seiten, d.h. profitieren die Gesellschaft, die Wirtschaft, Anleger usw. mehr als den Unternehmen an Kosten entstehen?

Trettnak: Gut durchdachte Compliance wird in den Unternehmen nicht als Belastung wahr genommen. Für mich überwiegen eindeutig die Vorteile. Non-Compliance kann man niemandem mehr empfehlen. Dafür sind die Risiken – und Kosten (!) – einfach schon zu hoch.

Hat die Compliance-Welle aus Ihrer Sicht den Höhepunkt erreicht – weil sie ja teilweise auch eine Folgewirkung der Finanzkrise sein könnte – oder rechnen Sie damit, dass auch die nächsten Jahre noch ständig deutlich wachsende Compliance-Anforderungen bringen werden?

Trettnak: Ich denke, dass die Compliance-Vorreiter bereits am Optimieren ihrer Strukturen sind. Wo der Bogen in den letzten Jahren vielleicht etwas überspannt wurde, kehrt jetzt vorsichtiger Realismus ein. Ähnlich wie bei der IKS-Welle (IKS = Internes Kontrollsystem, Anm. d. Red.) früherer Jahre, zählt nun die Qualität der Regeln und Kontrollen mehr als die Anzahl der Vorschriften. Ich sehe darin eine positive Entwicklung, die auch dazu dienen wird, den negativen Touch wegzubekommen, den das Wort Compliance bei manchen schon hat. Jene, die bisher dachten, dass Compliance nur ein Modewort ist, erkennen hingegen, dass ein >Durchtauchen< nicht funktionieren wird.

Mag. Markus Trettnak ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Geschäftsführer und Partner der BDO Austria GmbH

Link: BDO Austria

 

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