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Recht

Podiumsdiskussion bei LGP: Rechtssystem bietet keine Lücken für Sozialtourismus in der EU

Tretter, Lansky, Weichselbaum, Landau, Pucher, Egger ©LGP
Tretter, Lansky, Weichselbaum, Landau, Pucher, Egger ©LGP

Wien. Beim Thema Sozialtourismus werden in Europa Ängste geschürt – und zwar zu Unrecht, das war der Tenor bei der Podiumsdiskussion „Herausforderungen des Sozialen Europas“  bei der Kanzlei Lansky, Ganzger + partner (LGP).

LGP hatte vergangene Woche im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Menschenrechte bei LGP“ zur Expertendiskussion mit Caritas-Direktor Michael Landau, dem Vertreter der EU-Kommission in Österreich, Richard Nikolaus Kühnel sowie Barbara Weichselbaum (Spezialistin für Soziale Rechte) und Alexander Egger (LGP-Europarechtsexperte) eingeladen.

Rein juristisch tun sich für den sogenannten Sozialtourismus innerhalb der EU gravierende Hindernisse auf, so eine Aussendung der Kanzlei: Das Recht auf die oft diskutierten sozialen Leistungen sei an das Recht auf Aufenthalt und dieses in der Regel an ausreichende Mittel zur Existenzsicherheit gekoppelt, was Sozialmigration innerhalb der EU daher weitgehend verhindere.

Die Teilnehmer

Für Caritas-Direktor Michael Landau ist es laut Aussendung unverständlich, dass die Debatte um angebliche Heerscharen von Armutsflüchtlingen immer noch tobt, obwohl Studien das Gegenteil beweisen: „Niemand verlässt seine Heimat, um sich in EU-Sozialstaaten einzunisten.“ Er führte eine Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft an, die besagte, dass Deutschland von Zuwanderern aus Rumänien und Bulgarien insgesamt profitiere. Von der EU wünscht sich Landau eine Erhöhung der Mittel des Sozialfonds, damit die Armutsursachen in Ländern wie Rumänien und Bulgarien bekämpft werden können.

Barbara Weichselbaum, Assistenzprofessorin am Wiener Institut für Staats- und Verwaltungsrecht und Expertin für Soziale Rechte, analysierte die Wiener Kampierverordnung, die im Herbst 2013 als Grundlage für die Wegweisung der Obdachlosen aus dem Wiener Stadtpark herangezogen wurde. Sie kam zum Schluss, dass diese keine geeignete Grundlage dafür sei. Weichselbaum vermutet, dass es bei der Debatte in Wahrheit darum gehe, Bürgern den Anblick von Armut nicht zumuten zu wollen: „In Zeiten der Wirtschaftskrise tendiert die Rechtsprechung stark dazu, Armut und soziale Missstände unsichtbar machen zu wollen.“

„Angst aus Unkenntnis“

Für Alexander Egger, Leiter der EU-Rechtsabteilung bei LGP, entsteht die Angst vor EU-Sozialtourismus aus Unwissenheit der rechtlichen Rahmenbedingungen: „Das Recht auf die oft diskutierten sozialen Leistungen ist an das Recht auf Aufenthalt und dieses in der Regel an ausreichende Mittel zur Existenzsicherheit gekoppelt, was Sozialtourismus innerhalb der EU daher weitgehend verhindert.“

„Die Menschen kommen, um Arbeit zu suchen“, meint Richard Nikolaus Kühnel, Leiter der EU-Kommissionsvertretung in Österreich. Laut einer Studie der Kommission machen die „nicht erwerbstätigen EU-Migranten“ lediglich 0,7 bis 1 Prozent der Bevölkerung aus. Tatsächlich tragen zugezogene EU-Bürger in fast allen Mitgliedstaaten als Nettozahler zum Sozialsystem des Aufnahmelandes bei, heißt es weiter. Auch sei die EU letztlich keine Sozialunion, weil die Mitgliedsstaaten ihre Sozialkompetenzen nur in sehr begrenztem Maße an die Union übergeben würden.

Bei der Publikumsdiskussion betonte Pfarrer Wolfang Pucher, Gründer der Vinzigemeinschaft Eggenberg, dass von den hundert derzeit dort betreuten Rumänen kein einziger das österreichische Sozialsystem in Anspruch genommen habe. Aktuell sei die größte Herausforderung, bedürftige, aus dem EU-Ausland zugezogene Familien gemeinsam unterzubringen.

Rita-Maria Kirschbaum vom Bundesverwaltungsgericht schilderte aus ihrer Praxis, dass Sozialmissbrauch aufgrund der Bestimmungen der Landessozialgesetze kaum möglich sei. Es gebe quasi keine Lücken im System, die Sozialtourismus in der EU überhaupt ermöglichen.

Richter am Zug

Menschenrechtsanwalt und Kanzlei-Chef Gabriel Lansky, der zur Diskussion im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Menschenrechte bei LGP“ mit dem Moderator Universitätsprofessor Hannes Tretter eingeladen hatte, brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, „dass engagierte europäische Richter die Union in Einzelfällen in Richtung Sozialunion zwingen werden“, so die Aussendung.

Link: LGP

 

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