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Wien. Normalerweise sind Schiedsgerichtsverfahren zwischen Unternehmern und Konsumenten in Österreich nur in sehr engen Grenzen möglich. Doch was gilt zum Beispiel dann, wenn Unternehmer sich darauf berufen, dass sie eigentlich Konsumenten seien und daher der schon abgeschlossene Schiedsvertrag ungültig sei? Der Oberste Gerichtshof (OGH) widmete sich in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung (6 Ob 43/13m) der Frage, ob die verbraucherschutzrechtliche Bestimmung des § 617 ZPO auch auf Gesellschafter anzuwenden ist, die als Verbraucher zu qualifizieren sind, so Gerold Zeiler von der Sozietät Schönherr.
Ausgangslage war die Aufhebungsklage eines bulgarischen Industriellen und einer liechtensteinischen Anstalt gegen einen Schiedsspruch, der beide zu Leistung von Schadenersatz aus einem gescheiterten Joint-Venture-Vertrag mit einem britischen Fund verpflichtete.
Dabei beriefen sich beide Kläger auf ihre – vermeintliche – Eigenschaft als Verbraucher sowie auf die Bestimmung § 617 Abs 1 ZPO, die Schiedsvereinbarungen mit Konsumenten nur für bereits entstandene Streitigkeiten zulässt, heißt es bei der Sozietät. Nach Ansicht der Kläger kam daher nie eine gültige Schiedsvereinbarung zwischen ihnen und dem britischen Fund zustande.
Sowohl beide Vorinstanzen, als auch der OGH selbst, qualifizierten beide Kläger unter Anwendung der vom OGH bereits zuvor in ständiger Rechtsprechung entwickelten wirtschaftlichen Betrachtungsweise als Unternehmer. Maßgeblich sei allein der faktische Einfluss auf die Geschäftsführung, der im Falle des Erstklägers, der alle beteiligten Gesellschaften „völlig beherrscht“ hatte, eindeutig gegeben war, so der OGH.
Auch die liechtensteinische Anstalt qualifizierte der OGH als Unternehmerin und verwies dazu auf eine entsprechende Klarstellung im liechtensteinischen Recht.
Nur typische Verbraucher im Auge?
In der weiteren Entscheidung stellte der OGH weiters klar, dass § 617 ZPO und seine Anforderungen an den Abschluss von Schiedsvereinbarungen auch für als Verbraucher zu qualifizierende Gesellschafter anwendbar sein können. Im Gegensatz dazu, vertrat die einhellige Praxis seit der Einführung von § 617 ZPO im Zuge der Novellierung des gesamten Schiedsverfahrens im Jahre 2006 in die österreichische Rechtsordnung, dass § 617 ZPO nicht dazu geschaffen sei, um auch im Gesellschaftsrecht angewendet zu werden. Vielmehr solle der typische Verbraucher, wie ihn auch das Konsumentschutzgesetz vor Augen hat, vor dem voreiligen Abschluss von Schiedsvereinbarungen bewahrt werden. Im Gesellschaftsrecht seien diese Vorschriften aber systematisch unpassend.
Der OGH sah dies anders, heißt es bei Schönherr. „Es liegt nunmehr am Gesetzgeber das Verhältnis dieser Bestimmung zum Gesellschaftsrecht klarzustellen“, meint Gerold Zeiler, der als Vertreter des beklagten britischen Fonds im Aufhebungsverfahren agierte. „Schiedsvereinbarungen mit Bezug zum Gesellschaftsrecht sind aber ab sofort nicht unmöglich“, so Zeiler weiter, „die Situationen in denen ein Gesellschafter beim Abschluss einer Schiedsvereinbarung als Verbraucher anzusehen ist, sind aufgrund der vom OGH angewandten wirtschaftlichen Betrachtungsweise eher selten.“
Link: Schönherr
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