Wien. Immer mehr Unternehmen suchen als Anbieter von Gütern oder Dienstleistungen ausländische Absatzmärkte, das gilt auch für kleinere Firmen und Start-Ups. Gerade für sie können die verschiedenen steuerlichen Regelungen selbst innerhalb der EU, allen voran die Handhabung der Umsatzsteuer, zum Stolperstein werden.
Vor allem die Strafzahlungen bei Pflichtverletzungen fallen enorm unterschiedlich aus: Sie reichen bei verabsäumter Umsatzsteuer-Deklaration von 10 Euro in Uruguay bis zu 240 Prozent der Umsatzsteuerschuld in Italien, so das Ergebnis einer aktuellen Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungskanzlei Ecovis.
„Steuerliche Fallstricke werden im Ausland agierenden Unternehmen oft erst bewusst, wenn sie wegen Vorschriftsverletzungen ins Visier der dortigen Finanzbehörden geraten. Das liegt häufig nicht an unlauteren Absichten, sondern schlichtweg an mangelnder Kenntnis“, erklärt David Gloser, Geschäftsführer von Ecovis Austria.
Es beginne bereits mit der unterschiedlichen Umsatzsteuerhöhe: Kaum ein Land hebt denselben Umsatzsteuersatz ein, die Bandbreite reicht von 0 bis 25 Prozent. „Wie viel Umsatzsteuer muss ich zahlen? Das ist die erste Information, die man vor Beginn von Auslandsgeschäften einholen sollte“, so Gloser.
Ebenso relevant sei es, über die umsatzsteuerliche Registrierungspflicht Bescheid zu wissen. Diese ist von Land zu Land unterschiedlich geregelt. So muss man sich in Deutschland, Kroatien, Italien und Großbritannien gleich bei Vertragsabschluss registrieren lassen, in Österreich erst, sobald man mit dem Verkauf von Waren oder dem Angebot von Dienstleistungen beginnt.
In Ländern wie der Schweiz und Spanien kann sogar noch ein bestimmter Umsatz erwirtschaftet werden, bevor die Registrierungspflicht greift. Eine Tendenz, dass im Fall einer vorhandenen festen ausländischen Niederlassung die Registrierung auch in diesem Land notwendig wird, lasse sich erkennen. „Das gilt aber nicht immer und zumeist mit unterschiedlichen Voraussetzungen, somit ist es eindeutig verwirrend“, betont Gloser.
Erst recht kompliziert werde es, wenn ein ausländisches Unternehmen keine Niederlassung in den Ländern hat, in denen es Geschäfte macht. Hier hängt es von verschiedenen Bedingungen ab, ob es dort umsatzsteuer- und damit registrierungspflichtig ist.
In China zum Beispiel „müssen sich ausländische Firmen, die dort Bauprojekte durchführen oder Arbeitsleistungen erbringen, innerhalb von 30 Tagen nach Vertragsschluss beim zuständigen lokalen Finanzamt melden“, so Gloser.
Strafzahlungen reichen von null Euro bis in Millionenhöhe
In Hongkong muss man sich über die Umsatzsteuer keine Gedanken machen, weil es dort keine gibt. In den restlichen befragten Ländern erwarten die säumigen Unternehmen teils saftige Strafzahlungen, wenn es zu einer verspäteten Deklaration oder Zahlung der Umsatzsteuer kommt.
Am gnädigsten ist der Fiskus in Uruguay: Dort beträgt die Strafgebühr für eine verspätete Umsatzsteuerdeklaration umgerechnet gerade mal 10 Euro. In Österreich und Deutschland kann das Finanzamt bei verspäteter Deklaration einen Zuschlag von bis zu 10 Prozent der zu zahlenden Umsatzsteuer einheben, in Deutschland ist dieser Betrag allerdings mit 25.000 Euro begrenzt.
In Frankreich beträgt die Strafzahlung für die verspätete Abgabe von Umsatzsteuermeldungen fix 10 Prozent. Griechenland verlangt je nach Rechtsform und Sündenregister an vorherigen Fristversäumnissen zwischen 250 und 30.000 Euro. Am härtesten ahndet der italienische Fiskus die verspätete Abgabe von Umsatzsteuer-Meldungen: mit einer Strafzahlung von 120 bis 240 Prozent der vorenthaltenen Umsatzsteuer.
In ausnahmslos allen befragten Ländern bestraft der Fiskus Zahlungsverzögerungen. Hier setzt Uruguay dann doch die Daumenschrauben an: Bereits bei bis zu fünf Tagen Zahlungsverspätung beträgt die Strafe 5 Prozent der Umsatzsteuerschuld.
Österreich stellt bei unmittelbarem Zahlungsverzug 2 Prozent der Umsatzsteuerschuld in Rechnung sowie zweimal ein weiteres Prozent nach jeweils 3 Monaten weiterer Verzögerung (Bagatellgrenze: 50 Euro). Die deutschen Behörden erheben einen Säumniszuschlag von einem Prozent der Umsatzsteuerschuld pro Verspätungsmonat.
Eine zwar im Vergleich zur Strafzahlung bei versäumter Deklaration moderate, aber immer noch äußerst saftige Strafe verhängt der italienische Fiskus, nämlich 30 Prozent der Umsatzsteuerschuld.
„So zeigt sich auch bei den Strafzahlungen, dass die EU von einer Harmonisierung noch weit entfernt ist“, so Gloser.
Link: Ecovis