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Recht, Steuer, Tipps

Verwaltungsgerichtshof: Historischer Raddampfer entkommt der Mineralölsteuer

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Wien. Kein alltäglicher Fall: Ausnahmsweise ist es Steuerpflichtigen gelungen, den höheren Steuersätzen der Mineralölsteuer – sie gelten für alles, was nicht Heizung ist – zu entkommen.

Schlüssel zum Erfolg ist ein Höchstgerichtsurteil – und das verwendete (Wasser-)fahrzeug: ein Raddampfer aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Die Vorgeschichte

Ein Schifffahrtsunternehmen verwendet zu Linien- und Sonderfahrten auf einem österreichischen See einen historischen Raddampfer, der im Jahr 1871 hergestellt wurde. Der zum Antrieb des Schiffes verwendete Dampf wird seit der im Jahr 1993/1994 erfolgten Umstellung von Kohlebefeuerung auf Heizölbefeuerung in einem Dampfkessel („Flammrohrkessel“) unter Verwendung von steuerbegünstigtem Gasöl erhitzt, schildert der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) in einer Aussendung die Lage.

Der Antrieb des Schiffes erfolgt somit durch das Befeuern des Dampfkessels mit Heizöl (im Gesetz „Gasöl“ genannt). Weil das Gasöl zu einem anderen Zweck als zum Verheizen verwendet wird, schrieb das Finanzamt den Unterschiedsbetrag zwischen der nicht ermäßigten und der ermäßigten Mineralölsteuer vor.

Die gegen diese Steuervorschreibung vom Schifffahrtsunternehmen erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof war erfolgreich.

Die Begründung

§ 3 Abs. 1 des Mineralölsteuergesetzes 1995 (MinStG) sieht verschiedene Steuersätze für Gasöle vor; in der Ziffer 5 dieser Bestimmung sind wesentlich geringere Steuersätze für sog. „gekennzeichnetes Gasöl“ bestimmt. Die Verwendung von gekennzeichnetem Gasöl ist grundsätzlich nur zum Verheizen erlaubt. Es handelt sich hier um eine Steuerbegünstigung für bestimmte Anwendungszwecke.

Im Beschwerdefall war also strittig, ob das für den Raddampfer verwendete Gasöl dadurch, dass mit dem Gasöl eine Befeuerung des Dampfkessels auf dem Raddampfer erfolgte, zu einem anderen Zweck als zum Verheizen verwendet worden ist, so der VwGH.

Der Verwaltungsgerichtshof verweist auf die Gesetzesmaterialien, wonach die Steuerbegünstigung nicht auf Gasöl beschränkt ist, das zur Raumheizung verwendet wird, sondern sich auf alles Gasöl erstreckt, das Heizzwecken dient: zum Beispiel auch auf Gasöl zum Betrieb von Backöfen oder Brennöfen, die für Ölfeuerung eingerichtet sind.

Der Gesetzgeber hatte somit nicht die von der Behörde in den Vordergrund gestellte Erhöhung der Raumtemperatur als begriffsnotwendigen Inhalt des „Verheizens“ im Auge; vielmehr sollte mit der Steuerbegünstigung eine Steigerung des Gasölverbrauchs dadurch erreicht werden, dass feste Brennstoffe durch Gasöl ersetzt werden.

Die Aussendung des VwGH lautet weiter wie folgt: „Nun mag es zutreffen, dass auch beim Betrieb eines Dieselmotors Abwärme entsteht, die etwa in der kühlen Jahreszeit zum Beheizen des Fahrgastraumes verwendet werden kann, doch liegt die Verwendung des Gasöls beim Betrieb eines solchen Motors unmittelbar in der Verwendung des Gasöls als Kraftstoff, dessen (Selbst-)Zündung zur Explosion führt und damit zur Umwandlung der im Kraftstoff steckenden Energie auch in Bewegungsenergie im Verbrennungsraum im Motor selbst dient. Bei der Verwendung für die Dampfmaschine des Raddampfers wird jedoch die Verbrennung des Gasöls wie auch die Verbrennung eines festen Brennstoffes (früher etwa Kohle) zur Erhitzung von Wasser bis zum Entstehen von Wasserdampf verwendet, welcher sich als Antriebsenergie für die Schaufelräder verwenden lässt. So wie bei den in den genannten Gesetzesmaterialien enthaltenen Beispielen (Backöfen oder Brennöfen, die für Ölfeuerung eingerichtet sind) wird auch hier die Wärme, die durch Verheizen des Gasöls entsteht, nicht unmittelbar zur Raumheizung sondern zu einem weiteren Zweck, nämlich zur Umwandlung von Wasser in flüssigem Aggregatszustand zu Wasserdampf) verwendet.“

Es wird ja geheizt: der Kessel

Der Verwaltungsgerichtshof gelangt daher zum Ergebnis, dass die Verwendung von Gasöl zum Befeuern eines Flammrohrkessels als Ersatz der Befeuerung eines solchen Kessels mit festen Brennstoffen ein „Verheizen“ im Sinn des MinStG darstellt.

Auch das Unionsrecht stehe dieser Auslegung des Begriffes „zum Verheizen“ nicht entgegen, weil die Richtlinie 2003/96/EG den Mitgliedstaaten die Ermächtigung einräumt, Steuerermäßigungen für die Lieferungen von Energieerzeugnissen zur Verwendung als Kraftstoff für die Schifffahrt in Binnengewässern der Gemeinschaft zu gewähren.

Davon ausgehend erwies sich die Vorschreibung eines erhöhten Steuersatzes als rechtswidrig und wurde vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben, heißt es abschließend.

Link: VwGH

 

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