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Recht, Tipps

Facebook-Jäger Max Schrems startet Sammelklage mit PFR und Roland: Social-Media-Riese soll blechen

Max Schrems ©Dominik Steinmair / europe-v-facebook.org
Max Schrems ©Dominik Steinmair / europe-v-facebook.org

Wien. Facebook-Kritiker Max Schrems geht in die Offensive: Der Jurist und Datenschützer hat beim Handelsgericht Wien eine Zivilklage gegen die irische Tochter des börsennotierten US-Unternehmens eingebracht. Weitere Betroffene können sich anschließen, heißt es. Ganz stilecht gibt es sogar eine eigene Abtretungs-App – auf Facebook.

Die Klage könnte die größte Sammelklage Europas werden, gibt man sich in einer Aussendung optimistisch. Rechtsanwalt von Schrems ist Wolfram Proksch (PFR Rechtsanwälte); die Kosten werden von einem deutschen Prozessfinanzierer übernommen.

„Unser Ziel ist es, zu erreichen, dass Facebook im Bereich Datenschutz endlich rechtskonform agiert.“, so Schrems in einer Aussendung. Neben datenschutzrechtlichen Unterlassungsansprüchen wird auch Schadenersatz geltend gemacht.

Um der Klage den nötigen öffentlichen Druck zu geben, seien alle anderen Facebook-Nutzer aufgerufen, sich der Sache im Rahmen einer „Sammelklage österreichischer Prägung“ anzuschließen. Schrems: „Mit jedem zusätzlichen Teilnehmer steigt auch der Druck auf Facebook“. Dies soll in den nächsten Monaten durch entsprechende „Abtretungen“ von Forderungen anderer Facebook-Nutzer aus der ganzen Welt an den Hauptkläger erfolgen.

Im Unterschied zu US-Sammelklagen müssen sich Teilnehmer aktiv melden. Diese Abtretung könne jedoch innerhalb weniger Minuten über eine eigens programmierte und mit Facebook verbundene „Abtretungs-App“ für Computer und Smartphone erfolgen. Teilnehmen können alle volljährigen privaten Facebook-Nutzer außerhalb Kanadas und der USA, heißt es.

Schon bisher Geld eingesammelt

Schon bisher hat Schrems mit seiner Initiative Europe-Vs-Facebook Facebook per Klage verfolgt – konkret in Irland, wo Facebook seine Tochter für die Tätigkeit außerhalb Nordamerikas hat. Bisher sind laut Zähler der Initiative knapp 58.000 Euro an Spenden dafür hereingekommen; gesammelt wird mit einer Art Crowdfunding, allerdings im Eigenbau, nicht über einen der großen Anbieter wie Kickstarter oder Indiegogo.

Die neue Klage am Handelsgericht Wien beruhe im Kern auf mehreren – laut Schrems – unrechtmäßigen Handlungen von Facebook Irland, darunter Datenverwendungsrichtlinien, die nach EU-Recht ungültig seien, weiters Fehlen wirksamer Zustimmungen zu vielen Arten der Datenverwendung, Teilnahme am NSA-Überwachungsprogramm „PRISM“ u.a. Auch das Tracking von Internetnutzern auf Webseiten (z.B. über „Like Buttons“), die Weitergabe von Daten u.a. wird ins Visier genommen.

Während europäisches Datenschutzrecht gilt, werden die Schadenersatzansprüche gemäß den Nutzungsbedingungen von Facebook nach kalifornischem Recht zu beurteilen sein, heißt es. Schrems: „Bei Facebook Irland haben wir die sehr interessante Situation, dass neben europäischem Datenschutzrecht auch US-Schadenersatzrecht anzuwenden ist. Für die Durchsetzung der Rechte der Nutzer ist das natürlich hilfreich.“

Die Schadenersatzforderung sei bewusst gering mit symbolischen 500 Euro pro Nutzer angesetzt. „Wir klagen nur eine kleine Summe, weil es uns vor allem um ordentlichen Datenschutz geht, aber bei vielen Tausend Teilnehmern würden wir eine Summe erreichen, die Facebook spürt.“

Die Klage wird von Schrems selbst unentgeltlich organisiert und betrieben, heißt es. Finanziert wird die Klage durch die deutsche Roland ProzessFinanz AG (seit Jahresanfang mit einer Niederlassung in Österreich vertreten). Ihr Anteil im Erfolgsfall ist branchenüblich zweistellig – konkret 20 Prozent, heißt es.

„Kampf David gegen Goliath“

„Wir sind es in unserer Tradition als Prozessfinanzierungsgesellschaft gewohnt, im Kampf David gegen Goliath für Waffengleichheit zu sorgen. Bei dieser Konstellation ist das besonders vonnöten“, so Arndt Eversberg, Vorstand der Roland ProzessFinanz AG.

Was sein noch parallel laufendes Verfahren vor der Datenschutzbehörde in Irland angeht, meint Schrems: „Anfangs hatten wir große Fortschritte in Irland. So musste Facebook wegen unserer Beschwerden Daten löschen und die Gesichtserkennung weltweit ausschalten. Mit der Zeit wurde jedoch klar, dass die irische Behörde kein Interesse hatte, substanzielle Änderungen durchzusetzen. Das Verfahren läuft bald drei Jahre und uns wird noch immer eine Entscheidung ‚in Kürze‘ versprochen.“

Schrems‘ Rechtsanwalt Wolfram Proksch (PFR Rechtsanwälte) wird zitiert: „Wir haben die Sache eingehend geprüft und sorgfältig vorbereitet.“ Die Klage richte sich vorerst nur gegen die „offensichtlichen Rechtsverletzungen von Facebook, die praktisch aber alle Nutzer betreffen“.

Jeder Facebook-Konsument außerhalb der USA und Kanada habe einen Vertrag mit Facebook Irland. Innerhalb der EU bestimme sich bei Verbraucherverträgen das zuständige Gericht durch den Wohnsitz des Klägers: „Weil Max Schrems als Verbraucher klagt, seinen Wohnsitz in Wien hat, und Facebook Irland ein europäisches Unternehmen ist, ist eine Zuständigkeit des Handelsgerichts Wien gegeben.“

Facebook selbst hat die Vorwürfe bisher öffentlich stets zurückgewiesen; meist ging man dabei allerdings nicht sehr ins Detail. In letzter Zeit wird vom Facebook-Management der Datenschutz öffentlich stärker gepriesen.

Link: Facebook-Sammelklage

Link: Europe-vs-Facebook

Link: PFR Rechtsanwälte

Link: Roland ProzessFinanz AG

 

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