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FMVÖ-Diskussion: Ist Nachhaltigkeit bloß der neueste Marketing-Gag der Finanzbranche?

Redl, Martinek, Kraemer, Gehrig, Boschert, Luks, Schoen Credit LisaGastager
Redl, Martinek, Kraemer, Gehrig, Boschert, Luks, Schoen. ©Lisa Gastager

Wien. Der Finanz-Marketing Verband Österreich (FMVÖ) lud am 14. Oktober zu einem Financial Forum in das Bankhaus Schelhammer & Schattera. Ein Podium von Finanzmanagern und -experten diskutierte die brisante Fragestellung, ob es sich bei dem derzeit häufig gebrauchten Begriff der Nachhaltigkeit in der Finanzwirtschaft um einen reinen Marketing-Gag handelt – oder doch um einen sozusagen nachhaltigen Trend.

Die Ereignisse der Finanzkrise seit 2008 haben auch in der Finanzwirtschaft den Trend hin zu einem nachhaltigen und öko-sozialen Wirtschaften deutlich erkennen lassen. Unweigerlich stellt sich die Frage, ob die folgenschwerste Weltwirtschaftskrise seit 1929 durch etablierte ethische Prinzipien im Sinne einer sozialen Verantwortung hätte verhindert werden können, heißt es in einer Aussendung.

Erfreulicherweise konnten sich – so der FMVÖ – bereits diverse Initiativen auf diesem Gebiet am Markt durchsetzen.

 Expertenrunde am Zug

Ob und wie dieser gesellschaftliche Trend in der Finanzbranche weiter ausgebaut werden kann, wurde in den Räumlichkeiten des Bankhauses Schelhammer & Schattera unter der Leitung von Fred Luks (Leiter des Kompetenzzentrums für Nachhaltigkeit, Wirtschaftsuniversität Wien) von fünf Experten diskutiert:

  • Friedhelm Boschert (Vorstandsvorsitzender Förderverein Oikocredit Austria)
  • Univ.-Prof. Thomas Gehrig (Leiter des Universitätslehrgangs für Ethical Finance an der Fakultät der Wirtschaftswissenschaften der Universität Wien)
  • Uli Kraemer (Leiter Portfoliomanagement Kepler Fonds Kapitalanlagegesellschaft m.b.H.)
  • Michael Martinek (Vorstandsvorsitzender Bankhaus Schelhammer & Schattera AG)
  • Christian Schön (Vorstandsmitglied Erste Asset Management GmbH)

Für Gehrig wird Nachhaltigkeit durch die „drei Vs“ – Vertrauen, Verlässlichkeit und Verantwortung – geprägt. Wertpapierblasen sind mit nachhaltigen Modellen inkompatibel, während sich vertrauensbildende Geschäftsmodelle durch Verlässlichkeit, Resilienz – also die Garantie der langfristigen Überlebensfähigkeit – und Gewinnbeteiligung auszeichnen.

Martinek hielt fest, dass Vertrauen ein ganz wichtiger Faktor und die Basis für das Geschäftsmodell einer Bank sein sollte. In der Vergangenheit wurden die Hausaufgaben allerdings nicht immer zufriedenstellend gemacht. Illiquidität und geringes Eigenkapital nannte er als größte Probleme bei Banken, hier hätten die Eigenkapitalvorschriften von Basel II eindeutig versagt.

Christian Schön berichtete, dass auch für die Erste Asset Management, die vor 10 Jahren eine eigene Nachhaltigkeitsschiene aufgebaut hat, Vertrauen das Credo sei. Allerdings lasse sich feststellen, dass es zwar bei institutionellen Kunden bereits eine starke Nachfrage nach der Produktpalette im Nachhaltigkeitsbereich gäbe. Dieser Trend sei allerdings noch nicht bei den Endkunden angelangt.

Ein ähnliches Problem ortete auch Kraemer. Für ihn fehlt derzeit noch der notwendige Multiplikatoreneffekt durch den Kundenberater. Als Fondsanbieter würde man daher verstärkt auf Transparenz und Ausbildung setzen, um das Wissen um nachhaltige Geldanlage zu fördern.

Von der Nische zum Mainstream

Zum Thema Nachhaltigkeit von der Kreditseite her sprach Boschert. Die von seinem Institut weltweit in 70 Ländern vergebenen Mikrokredite seien Existenzgründungskredite, deren Nachhaltigkeit daran gemessen wird, ob sie auch langfristig zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Kreditnehmer führen.

Schlüssel des Geschäftsmodells seien dabei enge Kundenbeziehungen, denn man müsse nahe am Kunden sein und viel Personal einsetzen, um beratend zur Seite stehen zu können.

Einig waren sich die Diskutanten darüber, dass noch viel Handlungsbedarf besteht, um vor allem die Endkunden an das Thema der nachhaltigen Geldveranlagung heranzuführen. Persönliche Beratung und Aufklärung, oder aber auch, wie Christian Schön als Beispiel anführte, die Schaffung von Standards bzw. Gütezeichen können dabei hilfreich sein.

Zweite Podiumsdiskussion über Nachhaltigkeit in der Finanzwirtschaft

Dem Thema Nachhaltigkeit widmet sich der FMVÖ in einer weiteren Veranstaltung am 20. Oktober 2014 in Wien. Im Mittelpunkt steht dabei das Thema „Nachhaltigkeit regional, strategisch und aus der Sicht von Start-ups gesehen“.

Link: FMVÖ

 

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