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Bildung & Uni, Recht, Tipps

Gastbeitrag Leben ohne Trauschein, Teil 2: Was bei Trennung mit Kindern, Vermögen, Kredit passiert

Astrid Deixler-Hübner ©Linde
Astrid Deixler-Hübner ©Linde

Wien/Linz. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft ist in Österreich kaum geregelt. Die größten rechtlichen Probleme kommen nach dem Scheitern des Zusammenlebens ohne Trauschein, schildert Univ. Prof. Dr. Astrid Deixler-Hübner (Johannes Kepler Universität Linz) im zweiten Teil ihres Gastbeitrags.

Dabei geht es nicht nur um das Vermögen, sondern auch um die Kinder und zahlreiche weitere potenzielle Fallstricke für einen oder beide Partner: etwa die Haftung für einen gemeinsamen Kredit.

Die meisten Rechtsstreitigkeiten ergeben sich erst nach Scheitern einer Lebensgemeinschaft, wenn es um den Ausgleich für erbrachte Leistungen geht. Weil diese rechtlich unverbindliche Gemeinschaft im Gegensatz zum ehelichen Zusammenleben jederzeit auflösbar ist, daraus in der Regel auch kein Verschulden abgeleitet werden kann, müssen die vormals Liebenden, die dem anderen mitunter auch beträchtliche Zuwendungen erbracht haben, nun vor Gericht ihr Heil in bestimmten Rechtskonstruktionen suchen.

Die beste Ausgangslage hat man, wenn man mit seinem Partner anlässlich einer Geldzuwendung einen ausdrücklichen Vertrag geschlossen hat – etwa einen Darlehensvertrag –, in dem die genaue Höhe des eingeräumten Geldbetrags und die Rückzahlungsmodalitäten festgehalten sind. Anderseits können die Lebensgefährten auch sonstige Rückforderungs- oder Ersatzansprüche für den Fall der Auflösung ihrer Beziehung vereinbaren. Formelle Verträge sind in der Praxis aber selten anzutreffen, weil die Lebensgefährten ja vom Weiterbestand ihrer Beziehung ausgegangen sind und deshalb eine vertragliche Regelung oft für unnötig hielten – oft ein folgenschwerer Irrtum!

Ein Vertrag kann aber auch formlos zu Stande kommen; notwendig sind nur übereinstimmende Willenserklärungen der beiden Partner. Auch Schenkungen unterliegen dann nicht der Notariatspflicht, wenn die Sache dem Beschenkten bereits übergeben wurde. Voraussetzung für die Schenkung ist allerdings, dass die Zuwendung nach dem Willen des Schenkenden unentgeltlich – also ohne Erwartung einer Gegenleistung – geschieht.

Ist eine solche Zuwendung daher aus reiner Freigebigkeit erfolgt, so kann sie wegen Vorliegens eines gültigen Vertragsverhältnisses nach Scheitern der Beziehung grundsätzlich nicht zurückgefordert werden. Ein Schenkungswiderruf wegen groben Undanks kommt nur dann in Betracht, wenn der Beschenkte gegen den Geschenkgeber eine Straftat gegen Leib und Leben, Ehre, Freiheit oder Vermögen verübt hat. Ein in der Praxis wohl seltener Fall!

Auch eine Schenkungsanfechtung wegen Motivirrtums führt in der gerichtlichen Praxis selten zum Erfolg, weil an diesem Kausalitätsnachweis äußerst strenge Anforderungen gelegt werden.

Hat man dem anderen Partner aber außergewöhnliche Leistungen erbracht – etwa im Rahmen der Mitarbeit im Unternehmen des anderen –, so kann sich der Zuwendende zB darauf berufen, dass zwischen den Lebensgefährten eine – auch stillschweigend – abgeschlossene Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (GesBR) zu Stande gekommen ist. Eine solche GesBR ist nicht nur im Rahmen des Betreibens eines gemeinsamen Unternehmens, sondern auch eines anderen Projekts – etwa gemeinsamer Hausbau – möglich.

Die Rsp nimmt das Vorliegen einer GesBR allerdings nur dann an, wenn eine gemeinsame Wirtschaftsorganisation besteht und bestimmte, bindende Organisationsabsprachen zwischen den Lebensgefährten getroffen worden sind – etwa eine Vereinbarung, wer wofür zuständig ist. Beiden Partnern müssen überdies gewisse Mitwirkungs- und Einwirkungsrechte bei der Organisation zustehen.

Wenn die Gesellschaft Bürgerlichen Rechts zur Vermögensteilung führt

Praktische Konsequenz dieser Rechtskonstruktion ist, dass bei Auflösung der Lebensgemeinschaft das gesamte „Gesellschaftsvermögen“ zu teilen ist, wobei grundsätzlich eine Gewinnverteilung im Verhältnis der erbrachten Kapitaleinlagen – also was jeder der Partner an Sachmittel investiert hat – stattfindet; im Zweifel sind diese als gleich groß anzusehen.

Kommt hinsichtlich der Aufteilung des geschaffenen Vermögens kein Einvernehmen zu Stande, so findet eine gerichtliche Teilung statt. Ist aber zwischen den ehemaligen Lebensgefährten keinerlei vertragliche Ausgestaltung ihrer Gemeinschaft erfolgt, so findet in letzter Konsequenz die Rückabwicklung der Leistung nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen statt.

Die Abgeltung dieser sogenannten „zweckverfehlenden Leistungen“ kann nur dann erreicht werden, wenn der Leistenden nachweist, dass die Zuwendung nur in Erwartung einer (stillschweigenden) Gegenleistung erbracht wurde – etwa des künftigen gemeinsamen Wohnens, des Weiterbestehens der Lebensgemeinschaft bzw einer späteren Eheschließung oder sonstigen finanziellen Absicherung –, dieser Leistungszweck dem anderen erkennbar war und dem Leistenden der Nichteintritt des Erfolgs nicht von vornherein bekannt war – etwa weil der andere Partner stets von einer unverbindlichen Beziehung ausgegangen ist.

Auch wenn dieser Nachweis gelingen sollte, sind nach der Rsp nur außergewöhnliche Leistungen rückforderbar; dies auch nur dann, wenn es sich um Dauerinvestitionen gehandelt hat. Der Bereicherungsanspruch ist dann auf den Restnutzen beschränkt. Ist zB die Frau in das Haus ihres Lebensgefährten gezogen und hat dort aus ihren Mitteln Einrichtungsgegenstände angeschafft, die bei Auflösung der Beziehung dort verbleiben, so kann sie nur jenen Geldbetrag zurückverlangen, der dem Zeitwert dieser Möbel entspricht, weil sie ja diese Gegenstände bis dahin gemeinsam mit ihrem Partner benutzt hat.

Ebenso sind zB Arbeitsleistungen beim Hausbau oder bei einer Wohnungsrenovierung abzugelten. Nach der Rsp können aber jedenfalls Gefälligkeitsleistungen oder Aufwendungen des täglichen Lebens nicht nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zurückgefordert werden, weil diese als unentgeltlich vereinbart oder zumindest gewollt anzusehen sind.

In Österreich noch selten: der Partnerschaftsvertrag

Damit man bei Auflösung der Lebensgemeinschaft auf Grund der vielen rechtlichen Unabwägbarkeiten bzw der oft unsicheren Beweislage nicht letzten Endes mit leeren Händen dasteht, könnte man mit einem Partnerschaftsvertrag vorsorgen, der in Österreich freilich selten anzutreffen ist. Darin können wichtige Fragen – wie Unterhalt, Wohnrecht, Mieteigentum, aber auch die Mitarbeit im Gewerbebetrieb des anderen Lebensgefährten oder die Abgeltung der Haushaltstätigkeit – geregelt werden.

Darin könnte auch die Frage von gemeinsamen Kreditverbindlichkeiten geklärt werden. Hier sollte vertraglich festgelegt werden, wer die Verbindlichkeiten im Innenverhältnis im Fall der Trennung übernimmt. Eine solche interne Schuldenübernahme berührt freilich das Außenverhältnis der Kreditverbindlichkeit nicht. Die Möglichkeit der gerichtlichen Haftungsentlassung dem Kreditgeber gegenüber besteht für Lebensgefährten im Gegensatz zu Ehegatten nicht.

Im Hinblick auf diese Tatsache ist der mittellose bzw finanziell schlechter gestellte Lebenspartner dringend vor einem Schuldbeitritt bzw der Übernahme einer Bürgschaft zu warnen! Bei Fälligstellung des Kredits bleibt es dem Kreditnehmer nämlich unbenommen, in einem solchen Fall denjenigen Solidarschuldner zu belangen, der leichter greifbar ist.

In einem Partnerschaftsvertrag können sich die Lebensgefährten aber auch gegenseitige Vollmachten für Geschäfte des täglichen Lebens einräumen oder auch eine Post- bzw Bankvollmacht ausstellen. Möglich sind auch Vollmachten für medizinische Notfälle oder für den Fall der Pflegebedürftigkeit. Empfehlenswert ist es, für einen solchen Fall eine Vorsorgevollmacht – vor allem für eine allfällige Demenz – bei einem Notar oder Rechtsanwalt abzuschließen.

Hat der Partner nämlich nicht mit einer Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht vorgesorgt, so sind Ärzte im Einzelfall nicht verpflichtet, den Lebensgefährten der erkrankten Person zu verständigen und ihn im Fall der Einsichtsunfähigkeit zur Abgabe von Erklärungen zu Heilbehandlungen aufzufordern. Auch sind Ärzte nicht verpflichtet, dem Lebensgefährten Informationen über den Gesundheitszustand seines Partners zu geben.

Im neuen Sachwalterrecht wurde eine gesetzliche Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger geschaffen, die auch für jene Lebensgefährten gilt, die mit der vertretenen pflegebedürftigen Person seit mindestens drei Jahren im gemeinsamen Haushalt leben. Diese gesetzliche Vertretungsvollmacht gilt für Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens und zur Deckung des Pflegebedarfs sowie Geltendmachung von Ansprüchen, die aus Anlass dieser Behinderung zustehen.

Die gemeinsamen Kinder

Haben die Lebensgefährten gemeinsame Kinder, so können sie seit dem KinaNamRÄG 2013 die gemeinsame Obsorge beim für die Beburt des Kindes zuständigen Standesamt beantragen. Ab der Geburt steht die Obsorge sonst grundsätzlich von Gesetzes wegen der Mutter allein zu. Der Vater hat allerdings nach der neuen Gesetzeslage ein gerichtliches Antragsrecht auf Ausübung der (gemeinsamen oder alleinigen) Obsorge auch gegen den Willen der Mutter.

Im Fall der Trennung der nicht ehelichen Eltern gelten dann die für geschiedene Eltern bezüglichen Bestimmungen. Sie müssen daher vereinbaren, ob in Zukunft nur ein Elternteil allein mit der Obsorge betraut sein soll oder ob die Obsorge auch nach der Trennung noch gemeinsam ausgeübt werden soll. Im letzten Fall müssen sich die Eltern aber auch zusätzlich darauf einigen, bei welchem Elternteil die hauptsächliche Betreuung des Kindes sein soll. Dieser Elternteil hat nach von Gesetzes wegen auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht über die Kinder. Im Streitfall entscheidet das Pflegschaftsgericht von Amts wegen über die Obsorgefrage.

Die Tatsache, dass der hauptsächliche Betreuungsort nur bei einem Elternteil bestimmt werden kann, hat auch unterhaltsrechtliche Konsequenzen, weil dieser Elternteil dann namens des Kindes von anderen Elternteil Geldunterhalt beanspruchen kann, der nach der Judikatur – in eingeschränktem Ausmaß – bei Teilhabe an der Betreuung auch reduziert werden kann.

Dem anderen Elternteil, der mit dem Kind nicht mehr im gemeinsamen Haushalt lebt, sind nach der Trennung – wie auch ehelichen Elternteilen – das Kontaktrecht sowie die Informations- und Äußerungsrechte zu wichtigen das Kind betreffenden Angelegenheiten – wie schwere Erkrankungen oder ein Schulwechsel – eingeräumt.

Mit dem FamRÄG 2009 hat sich die Rechtslage für Lebenspartner kaum verändert. Allein im Kindschaftsrecht wurde eine Schutzverpflichtung zu Lasten von volljährigen Personen geschaffen, die mit den Kindern eines Elternteils in gemeinsamer Haushaltsgemeinschaft leben und mit diesem in einem familiären Verhältnis stehen. Diese Schutzverpflichtung bezieht sich zwar vor allem auf den nichtehelichen Lebenspartner, kann aber auch zB Verwandte oder erwachsene Stiefkinder des Elternteils betreffen. Diese Norm verpflichtet den Lebensgefährten des Elternteils dann einzuschreiten, wenn das Kindeswohl – sei es durch andere Haushaltsangehörige oder durch Dritte – gefährdet wird. Diese Schutzpflicht besteht zB bei physischer oder sexueller Gewalt gegen das Kind, aber auch etwa bei einem Mobbing durch andere Personen. Mit dem KindNamRÄÜG 2013 wurde darüber hinaus auch ein Vertretungsrecht für die Kinder des Lebenspartners in Angelegenheiten des täglichen Lebens normiert.

Es besteht Regelungsbedarf für den Gesetzgeber

Obwohl teilweise rechtliche Regelungen für Lebenspartner bestehen und man auch mit einem Partnerschaftsvertrag für den „Ernstfall“ vorsorgen kann, lassen sich viele Fälle aber besser mit Hilfe des Gesetzgebers regeln. Der Wunsch an den Gesetzgeber wäre, wichtige Fragen der Existenzsicherung zu normieren, ohne aber Lebensgefährten durch eine gerade nicht gewünschte Überreglementierung Rechtspositionen aufzuzwingen, die sie eben durch Nichteingehen einer Ehe bewusst ausklammern wollten. Regelungsbedarf bestünde meines Erachtens vor allem im Erb-, Unterhalts- und Kindschaftsrecht. Hier wird man freilich noch länger auf eine Initiative des Gesetzgebers warten müssen!

Univ. Prof. Dr. Astrid Deixler-Hübner ist Vorständin des Institut für Europäisches und Österreichisches Zivilverfahrensrecht an der Johannes Kepler Universität Linz und Autorin des Buch „Partnerschaft ohne Trauschein“ im Linde Verlag.

Link: Linde Verlag

Link: JKU

 

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