Österreichs Berufstätige mit Migrationshintergrund sind mit ihrem Job weniger zufrieden als der Durchschnitt der Bevölkerung. Dies ermittelte die Allianz Versicherung in einer aktuellen Umfrage im Rahmen ihres alljährlichen „Arbeitsmarktbarometers“.
Während Arbeitsalltag und Arbeitsumfeld durchwegs positiv bewertet werden, hapert es beim Gehalt und den beruflichen Karriereperspektiven. Sich selbst sieht die Allianz als Branchen-Vorreiter, was Diversität betrifft.
Derzeit arbeiten die meisten Migrantinnen und Migranten in der Sachgüterproduktion, im Handel und in der Gastronomie. Viele zieht es aber in die krisensicher scheinenden Bereiche öffentlicher Dienst, Sozialwesen und Finanzwirtschaft. Bedenklich: Nahezu ein Viertel der Zuwanderer empfindet Benachteiligung am Arbeitsplatz aufgrund der Herkunft, heißt es in einer Aussendung.
Derzeit sind rund 782.000 Personen mit Migrationshintergrund in Österreich berufstätig. „Für ihre volle Integration ist noch viel zu tun“, kommentiert Inge Schulz, Leiterin Human Resources der Allianz Gruppe in Österreich.
Bezahlung hinkt nach
Im Durchschnitt geben die Migrantinnen und Migranten ihrem Arbeitsplatz die Schulnote 2,2, während die Gesamtbevölkerung mit 1,8 wertet. Lücken tun sich vor allem beim Gehalt auf: Nur 47 Prozent der Befragten fühlen sich leistungsgerecht entlohnt. Auf der Habenseite hingegen stehen „nette Arbeitskollegen“ und eine „gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie“. „Deutlich zeigt die Umfrage auch, dass Berufszufriedenheit und Heimatgefühl mit guter Kenntnis der deutschen Sprache Hand in Hand gehen“, so Schulz.
Nicht alle Herkunftsgruppen sind mit ihrem Berufsleben in Österreich gleich zufrieden. So bewerten die Menschen türkischer Abstammung, die mit 155.000 Zuwanderern die zweitgrößte Gruppe nach den Deutschen stellen, als einzige ihren hiesigen Arbeitsplatz schlechter als jenen im früheren Heimatland. Nur 42 Prozent von ihnen fühlen sich hier völlig heimisch, während dieser Wert im Schnitt aller Migrantinnen und Migranten bei 59 Prozent liegt. Und öfter als alle anderen klagen Türkinnen und Türken über Diskriminierung am Arbeitsplatz.
Mäßige Karrierechancen
Enttäuscht sind 61 Prozent der Menschen mit Migrationshintergrund von den Karriereperspektiven, die sich ihnen in Österreichs Unternehmen bieten. 33 Prozent sehen sich diesbezüglich aufgrund ihrer Herkunft zurückgesetzt. 37 Prozent klagen, dass ihnen weniger verantwortungsvolle Tätigkeiten übergeben werden als gleich qualifizierten Personen österreichischer Abstammung. „Für mehr als die Hälfte der Migrantinnen und Migranten hat die berufliche Weiterentwicklung einen hohen Stellenwert, eine Führungsposition streben allerdings nur 13 Prozent an“, berichtet Allianz Expertin Schulz über die Umfrageergebnisse.
Während 74 Prozent der erwerbstätigen Gesamtbevölkerung in Österreich vollzeitbeschäftigt sind, sind dies bei den Berufstätigen mit Migrationshintergrund nur knapp zwei Drittel. Zuwanderer der ersten Generation finden sich vor allem als Arbeiterinnen und Arbeiter in Produktionsbetrieben, während bereits in Österreich Geborene mehrheitlich in Handel und Gastronomie anzutreffen sind. Wie die Allianz Umfrage beweist, vereint viele von ihnen der Traum nach einem sicheren – und gut bezahlten – beruflichen Hafen, den man am ehesten im öffentlichen Dienst, dem Gesundheitswesen oder bei Banken und Versicherungen vermutet.
Jeder Zehnte arbeitslos
Die Statistik zeigt, dass Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft von Arbeitslosigkeit mit 10,7 Prozent stärker betroffen sind als der Durchschnitt der österreichischen Bevölkerung (7,0 Prozent). Im europaweiten Vergleich liegt Österreich mit seiner Ausländer-Arbeitslosenquote dennoch relativ gut. Bei den ausländischen Staatsangehörigen fällt zudem auf, dass der Anteil jener Personen, die lediglich einen Pflichtschulabschluss besitzen, mit 56 Prozent doppelt so hoch ist wie bei Österreicherinnen und Österreichern. Den höchsten Anteil an Zuwanderern hat übrigens Wien mit 40 Prozent, gefolgt von Vorarlberg (23 Prozent) und Salzburg (20 Prozent).
Die Allianz betont im Rahmen ihres >Diversity<-Konzeptes auf kulturelle Vielfalt zu setzen. Derzeit haben 5,6 Prozent der über 3.000 Angestellten der Allianz keine österreichische Staatsbürgerschaft, etwa ein Drittel arbeitet im Vertrieb. „Wir liegen damit deutlich über dem Branchendurchschnitt“, so Schulz. Insgesamt seien zur Zeit nur 2 Prozent der Menschen mit Migrationshintergrund in der Finanzwirtschaft tätig.
„Wichtig ist für uns die Sprachkompetenz. Als individuell agierende Versicherung müssen wir die gleiche Sprache wie unsere Kundinnen und Kunden sprechen. Und immerhin sind knapp ein Fünftel der Bewohner unseres Landes Menschen mit Migrationshintergrund“, erklärt die HR-Chefin der Allianz. Besonders im Außendienst würden daher die Persönlichkeit und sogenannte >Soft Skills< oft mehr zählen als eine mögliche Vorbildung, die man im Unternehmen durchaus noch nachholen kann. Die Vertrautheit mit der Kultur einer Bevölkerungsgruppe und ein entsprechendes Kontaktnetzwerk seien von besonderem Vorteil, so Schulz.
Die Umfrage wurde als mehrsprachige Online-Befragung vom Marktforschungsinstitut EthnOpinion im Auftrag der Allianz durchgeführt. Befragt wurden 500 Personen mit Migrationshintergrund im Alter von 15 bis 65 Jahren.
Link: Allianz