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Recht

RH nimmt Justiz unter die Lupe: 600 Mitarbeiter als Sachaufwand, große Unterschiede bei Verfahrensdauer

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Wien. Die externe Personalrekrutierung im Justizressort stand vor kurzem auf der Tagesordnung des Rechnungshofausschusses im Parlament, danach ging es um die Zusammenlegung von Bezirksgerichten. Hier bemängelt der Rechnungshof (RH) sowohl die Verzögerungen bei der bereits 2012 angekündigten Reform wie auch die Tatsache, dass Verfahren an manchen Gerichten viermal so lange dauern wie an anderen.

Die Vertreter der Opposition schlossen sich den Kritikpunkten des RH an der Tätigkeit der Justizbetreuungsagentur an: durch sie werden 600 Justiz-Mitarbeiter als >Sachaufwand< verbucht und somit am Personalplan des Ressorts vorbeimanövriert. Was die Bezirksgerichte betrifft, so sprach sich der Justizminister gegen einen massiven Kahlschlag aus.

Im Fokus der ersten Prüfung stand die Justizbetreuungsagentur, die aufgrund fehlender Planstellen im Ministerium seit dem 1. Jänner 2009 dafür zuständig ist, zusätzliches Personal, vor allem für den Strafvollzug, zur Verfügung zu stellen. Mittlerweile wird dieses Instrument, das nur kurzzeitig eingesetzt werden sollte, aber sehr breit und intensiv genutzt, informierte Rechnungshofpräsident Moser, im Jahr 2014 werden ca. 550 bis 600 Personen für diese Agentur tätig sein.

Gleichzeitig kam es aber weder zu der angestrebten Flexibilisierung des Strafvollzugs noch zu einer Einsparung oder Umwandlung von internen Planstellen, urteilen die Prüfer. Im Grunde wurde durch diese Maßnahme ein >Blankoscheck< ausgestellt, um den Personalplan zu unterlaufen, gab Moser zu bedenken, was aber den Prinzipien der Kosten- und Budgetwahrheit widerspreche.

„Kein Normalbetrieb ohne Personalagentur“

Bundesminister Wolfgang Brandstetter hielt an der grundsätzlichen Konstruktion der Justizbetreuungsagentur fest; ohne sie wäre ein Normalbetrieb gar nicht mehr möglich. Allerdings nehme sein Haus die Anregungen des Rechnungshofs sehr ernst. Da es einen generellen Aufnahmestopp beim Bund gibt, stehen alle Ressorts vor der großen Herausforderung, wie mit dem vorhandenen Personal die zusätzlichen Aufgaben bewältigt werden können. Dabei halte er es durchaus für sinnvoll, dass ein Teil davon mit privatwirtschaftlichen Methoden abgedeckt wird.

Moser nahm das Beispiel der Justizbetreuungsagentur zum Anlass, um die grundsätzliche Frage zu stellen, wie angesichts der notwendigen Strukturreformen und des Sparkurses mit dem Personalplan des Bundes umgegangen werden soll. Im vorliegenden Fall, bei dem sich um keine klassische Ausgliederung handelt, sollte ursprünglich eine flexible und befristete Lösung für den Personalbedarf im Forensischen Zentrum Asten (60 Personen) gefunden werden. In der Zwischenzeit kam es jedoch zu einer Ausweitung auf bis zu 600 Personen, die zum Großteil auf Dauer beschäftigt sind und im ganzen Ressort eingesetzt werden.

Da diese MitarbeitInnen aber als Sachaufwand verbucht werden, verliere der Personalplan sowohl seine Steuerungsfunktion als auch seine Aussagekraft.

Strukturreform der Bezirksgerichte?

Thema in der Sitzung des Rechnungshofausschusses war auch das vom Justizministerium im Jahr 2012 gestartete Projekt zur Neuorganisation der Bezirksgerichte. Das Justizministerium plante, die Zahl der Bezirksgerichte durch Zusammenlegungen von 141 auf 68 mehr als zu halbieren, ist in vielen Fällen bislang aber am Widerstand der Länder gescheitert. Der Rechnungshof empfiehlt in seinem Prüfbericht, sich nicht entmutigen zu lassen und die Strukturreform zügig fortzusetzen, Justizminister Brandstetter steht allerdings auf der Bremse, berichtet die Parlamentskorrespondenz: Er wolle vor weiteren Reformschritten „in aller Ruhe“ und ohne Zeitdruck überlegen, welche Bezirksgerichte-Struktur die richtige ist. Sein persönliches Credo laute: „Kein Kahlschlag bei den Bezirksgerichten“.

Kriterien für die Zusammenlegung?

Wie der Bericht des Rechnungshofs festhält, war es das ursprüngliche Ziel des Justizministeriums, künftig für jeden Bezirksgerichte-Standort eine Mindestgröße von vier Richterkapazitäten zu erreichen. Damit wollte man vor allem die Qualität der Rechtsprechung und das Bürgerservice verbessern. Sind mehr RichterInnen an einem Bezirksgericht tätig, ist nicht nur ein Spezialisierung der einzelnen RichterInnen und eine effizientere Vertretung möglich, es können auch verlängerte Öffnungszeiten angeboten werden. Finanzielle Einsparungen standen nicht im Vordergrund der Reform, heißt es weiter.

Das Justizministerium hat bislang allerdings nur mit Niederösterreich, Oberösterreich und der Steiermark einen Konsens über Gerichtszusammenlegungen erzielt. Außerdem wurde die Zahl der Standorte in diesen drei Bundesländern nicht wie vorgesehen von 82 auf 35 verringert, sondern lediglich auf 56. Damit gibt es in diesen drei Bundesländern weiterhin 26 Bezirksgerichte mit weniger als vier Richterkapazitäten, österreichweit sind es 59.

Zuletzt geriet die Zusammenlegung von Bezirksgerichten außerdem aufgrund eines Urteils des Verfassungsgerichtshofs ins Stocken, der die bezirksübergreifende Zusammenlegung von Gerichtsstandorten aufgrund eines Verfassungsgesetzes aus dem Jahr 1920 für unzulässig erklärte. Diese Verfassungshürde wurde mittlerweile durch Beschlüsse des Nationalrats und des Bundesrats beseitigt. Brandstetter will die nunmehr bestehende Rechtssicherheit zum Anlass nehmen, die Strukturreform neu anzugehen, einen fixen Zeitplan nannte er allerdings als nicht sinnvoll.

Was die bereits durchgeführten bzw. derzeit laufenden Zusammenlegungen von Gerichten betrifft, übt der Rechnungshof unter anderem Kritik an der mangelhaften Abschätzung der anfallenden Umbaukosten.

Der Rechnungshof vermisst zudem eine zentrale Projektleitung und bemängelt, dass das Justizministerium in Bezug auf die Standortwahl vorrangig um einen Konsens mit dem jeweiligen Bundesland bemüht war und weniger Augenmerk darauf gelegt hat, welche Standorte am kostengünstigsten wären. Auch ein sich aus alternativen Liegenschaften eventuell ergebendes Einsparungspotential nutzte das Ressort nicht.

Verfahrensdauer zwischen 3,7 und 14,8 Monaten

Generell weist der Rechnungshof darauf hin, dass die Auslastung an kleinen Bezirksgerichten äußerst unterschiedlich ist und die durchschnittliche Verfahrensdauer bei den einzelnen Gerichten zwischen 3,7 Monate und 14,8 Monate schwankt, unabhängig von der Größe des Gerichts.

Justizminister Brandstetter räumte ein, dass bei der Zusammenlegung von Bezirksgerichten nicht alles rund gelaufen sei. Die Kritik des Rechnungshofs sei, was die Kostenschätzungen betrifft, absolut nachvollziehbar, betonte er. Man müsse aber berücksichtigen, dass im Zuge der Umbauten auch weitere Gebäudeoptimierungen vorgenommen worden seien, die Zusatzaufwendungen verursacht haben.

Für ihn sei das geltende Kriterium – mindestens vier Richterplanstellen bei einem Bezirksgericht – kein zwingendes. Entscheidend sei, wie man ein besseres Service erreichen könne. Dabei gehe es etwa auch um die Frage der Erreichbarkeit und wie ein Bezirksgericht von der Bevölkerung angenommen wird. Für die BürgerInnen bringe es aber auch Vorteile, wenn aufgrund der Größe eines Gerichts ein Infodesk angeboten werden könne oder Terminvereinbarungen in der Mittagszeit möglich seien, hob Brandstetter die Vorteile der Zusammenlegung von Kleinstgerichten hervor.

… und dann sind da noch die Nebenstellen

Zum Mitwirkungsrecht der Landeshauptleute bei der Zusammenlegung von Bezirksgerichten meinte Brandstetter, er sei „nicht unglücklich darüber“, dass die Länder ein Mitspracherecht haben. Diese wüssten besser, wie die Verkehrsströme vor Ort laufen. In der Steiermark, Niederösterreich und Oberösterreich sieht er aktuell jedenfalls keinen Handlungsbedarf mehr, dort gebe es nun vernünftige Strukturen.

Einzig noch bestehendes Problem seien die Nebenstellen, sie sollen Anfang 2015 laut Brandstetter von 9 auf 7 schrumpfen.

Link: Parlament

 

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