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Business, Recht, Steuer

Schutzverband-Chef Hannes Seidelberger: Unlauterer Wettbewerb bedroht heute auch freie Berufe

Hannes Seidelberger ©Wilke / Schutzverband
Hannes Seidelberger ©Wilke / Schutzverband

Wien. Der Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb versteht sich als Speerspitze der Wirtschaft gegen unzulässige Geschäftsmethoden wie Behinderung, Rechtsbruch oder Irreführung der Kunden. Diese Klassiker sind im 60jährigen Jubiläumsjahr hochaktuell, sagt Geschäftsführer Hannes Seidelberger im Interview mit Recht.Extrajournal.Net: „Wir haben allein 2014 rund 100 dubiose Firmen im Bereich Adressbuchschwindel und irreführende Erlagscheinwerbung bekämpft“. Doch in der neuen Online-Welt kommen auch ganz neue Bedrohungspotenziale hinzu – und neben Unternehmern beschütze man zunehmend auch Ärzte, Architekten und andere freie Berufe. 

Recht.Extrajournal.Net: Der Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb ist gerade 60 Jahre alt geworden. Wie haben sich die Aufgabengebiete im Lauf der Zeit verändert? Haben manche Rechtsgebiete an Bedeutung gewonnen, andere verloren?

Hannes Seidelberger: Im Grunde ist unsere Aufgabe immer gleich geblieben: Im Interesse der gesetzestreuen Unternehmer setzen wir uns für einen fairen Wettbewerb ein und schreiten dort ein, wo sich jemand nicht an die Spielregeln hält und damit unlauter agiert. Allerdings haben sich die Regelungen selber teilweise schon verändert. So waren früher Zugabenangebote, Gewinnspiele und Ausverkäufe streng reglementiert, was sich in den letzten Jahrzehnten massiv geändert hat. Beispielsweise sind Zugaben jetzt grundsätzlich zulässig, ebenso wie die vergleichende Werbung, welche vor Jahrzehnten auch noch unzulässig war.

Aber irreführende Aussagen, aggressive Geschäftspraktiken und sonstige unlautere Methoden sind weiterhin wettbewerbswidrig und seit einigen Jahren auch auf europäischer Ebene zu einem erheblichen Ausmaß vereinheitlicht.

Was sind aus Ihrer Sicht derzeit die wichtigsten Herausforderungen für die Rechteinhaber in Österreich? Vermutlich ging es in der Anfangszeit des Vereins vor allem um den klassischen unlauteren Wettbewerb im Inland. Heute gibt es ja Themen wie internationale Markenartikel-Fälschungen, die mißbräuchliche Verwendung geistigen Eigentums, Raubkopien, Filesharing usw.

Seidelberger: Wir schreiten weiterhin gegen klassischen unlauteren Wettbewerb ein, also zu Themen wie Rechtsbruch, Behinderung, unlauterer Kundenfang, Irreführung oder aggressive Geschäftsanbahnung.

Fälschungen von Markenartikeln können zwar bei einer Täuschungseignung auch nach dem Unlauterer-Wettbewerbs-Gesetz (UWG) verfolgt werden, aber im Grunde ist dieser Bereich primär von den Rechteinhabern selber geltend zu machen, also von Patent- und Markenrechtsinhabern bzw. den Urhebern bei Urheberrechtsverletzungen. Eine neue Situation ergibt sich aus dem Online-Bereich, wo sowohl Produktpiraterie als auch unlauterer Wettbewerb ein großes Thema ist.

Gibt es Reformwünsche Ihrerseits, was die IP-Situation in Österreich betrifft, zum Beispiel vor dem Hintergrund der Rechtediskussion im Online-Bereich – von der Rechtsdurchsetzung bis zur Abgabe auf Datenträger, etc.?

Seidelberger: Ein Rechtsdefizit in Österreich ist die fehlende offizielle Verfolgungsmöglichkeit. Als reines Privatanklagedelikt passiert nur dann etwas, wenn der (oft ausländische) Rechteinhaber eine Anwaltskanzlei engagiert und gegen solche Rechteverletzungen selber aktiv vorgeht. Hier wäre es sinnvoll, ergänzend auch eine Möglichkeit vorzusehen, dass die Staatsanwaltschaft aktiv wird, wenn Anzeigen z.B. von betroffenen Händler eingebracht werden. Wir greifen jedenfalls alle Fälle von Irreführungseignung auf und gehen vor, soweit dies nach dem UWG möglich ist.

Wie groß ist der Schutzverband heute: Wie viele Mitglieder hat er, wie viele Mitarbeiter?

Seidelberger: Unsere Mitgliederzahlen sind ständig steigend und liegen bei fast 700, wobei wir mittlerweile nicht nur die klassischen Unternehmer über ihre Interessensvertretung unterstützen, sondern auch immer mehr selbstständige Tätige wie Ärzte, Apotheker, Architekten und andere freie Berufe. Im Schutzverband sind fünf Mitarbeiter tätig, wobei drei davon Juristen sind, welche ihre Schwerpunkte im Lauterkeitsrecht und im Kartellrecht haben.

Was sind die wichtigsten Themen und Tätigkeiten für den Verein im Jahr 2015?

Seidelberger: Ein Dauerbrenner ist die Bekämpfung des Adressbuchschwindels bzw. der irreführenden Erlagscheinwerbung. Hier verfolgen wir als einzige Institution österreichweit und umfassend alle Formen dieser grob unlauteren und täuschenden Angebote. Dabei wird sowohl via Post, Fax und Mail, aber auch unerbeten am Telefon oder durch Geschäftsbesuche versucht, Unternehmer zu einem nicht gewollten Vertragsabschluss zu verleiten. Allein im letzten Jahr haben wir 100 solcher dubiosen Firmen bekämpft und dabei tausende Unternehmer betreut, welche mit Rechnungen und Mahnungen für nicht gewollte und noch dazu de facto wertlose Leistungen konfrontiert worden sind.

Außerdem geben wir 2015 die Wettbewerbsfibel in einer großen Auflage wieder neu heraus, eine praxisbezogene Publikation über das Wettbewerbsrecht mit kurzen Zusammenfassungen auf jeder Seite und erstmals mit einigen Checklisten und rund 100 Bildbeispielen. Alle Informationen dazu und über unsere Tätigkeit findet man auf der mit der Justitia preisgekrönten Website unter www.schutzverband.at.

Mag. Hannes Seidelberger ist Geschäftsführer des Schutzverbandes gegen unlauteren Wettbewerb.

Link: Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb

 

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