Wien. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH) bekämpfte ein Asylwerber aus Eritrea die über ihn verhängte Schubhaft, mit der seine Überstellung nach Italien sichergestellt werden sollte. Italien ist nach den Vorschriften der europäischen >Dublin III<-Verordnung für die Prüfung seines Asylantrags zuständig. Der Verwaltungsgerichtshof kam zu dem Ergebnis, dass die Verhängung der Schubhaft und die darauf gegründete Anhaltung des Asylwerbers rechtswidrig waren (Ro 2014/21/0075).
Die derzeitige österreichische Rechtslage gestattet es nicht, Asylwerber in Schubhaft zu nehmen, um sie nach den Regeln der europäischen Dublin III-Verordnung in den zuständigen EU-Staat zu überstellen, so der VwGH.
Die seit 1. Jänner 2014 anzuwendende Dublin III-Verordnung sieht zwar vor, dass die Inhaftierung von Asylwerbern zur Sicherstellung einer Überstellung in den zuständigen EU-Staat im Einzelfall zulässig ist. Voraussetzung dafür ist jedoch unter anderem, dass erhebliche Fluchtgefahr besteht. Die Dublin III-Verordnung verlangt überdies ausdrücklich, dass die für die Annahme von „Fluchtgefahr“ maßgeblichen Kriterien im nationalen Gesetz umschrieben werden.
Die Entscheidung
Der Verwaltungsgerichtshof stellte klar, dass das österreichische Fremdenpolizeigesetz in Bezug auf die im entschiedenen Fall anzuwendenden Schubhafttatbestände mit dem Unionsrecht nicht im Einklang steht, weil es keine gesetzliche Umschreibung der Kriterien für die Annahme von „Fluchtgefahr“ enthält. Solange diese gesetzliche Lücke nicht geschlossen ist, kommt die Verhängung der Schubhaft gegen Fremde, die sich in einem Verfahren nach der Dublin III-Verordnung befinden, zur Sicherstellung der Abschiebung nicht in Betracht.
Ergänzend ist anzumerken, dass in dem zur Zeit in Begutachtung befindlichen Entwurf für ein Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 auch Vorschläge für eine gesetzliche Umschreibung der „Fluchtgefahr“ in Schubhaftfällen enthalten sind, mit denen den Vorgaben des Unionsrechts entsprochen werden soll.
Link: VwGH