Wien. Mit seiner Novelle zum Tabakmonopolgesetz hat der Bundesgesetzgeber angeordnet, dass E-Zigaretten Refills und Liquids ab Oktober 2015 ausschließlich in Trafiken verkauft werden dürfen. Anbieter nikoBlue sieht die Branche in ihrer Existenz bedroht und brachte mit Anwaltssozietät Lansky einen Antrag auf Aufhebung beim Verfassungsgerichtshof ein.
Nun liegt die Stellungnahme des Bundeskanzleramts dazu vor – und ärgert nikoBlue-Chef Franz Seba zutiefst: Etwa durch den guten Rat, statt einer Verfassungsklage lieber einen Antrag auf Trafik-Konzession einzubringen. E-Zigaretten würden nun einmal ins Tabakmonopol gehören, da sie Tabak enthalten. Ein klarer Fall? „Sie tun es aber doch gar nicht!“ klagt Seba.
Die Regierung stellt in ihrem Schreiben an den VfGH die Anträge, den Antrag von nikoBlue als unzulässig zurückzuweisen, beziehungsweise diesen „in eventu“ als unbegründet abzuweisen. „Es war natürlich zu erwarten, dass die Bundesregierung ihr im Herbst rasch gebasteltes Gesetz mit allen Mitteln zu verteidigen versuchen wird“, kommentiert Franz Seba. „Was mich jedoch schon verwundert, ist der Nachdruck, mit dem hier versucht wird, den Verbrauchern sowie den Händlern und deren Mitarbeitern zugunsten der Tabakindustrie und der Trafikanten Schaden zuzufügen.“
Die Argumente
Das 27 Seiten lange Schreiben aus dem Bundeskanzleramt beginne gleich mit einem Paukenschlag: Die Regierung zieht erwartungsgemäß die Zulässigkeit des Antrags von nikoBlue in Zweifel, da es dem Antragsteller zuzumuten wäre, einen anderen Weg als jenen zum VfGH zu beschreiten. „Die Antragsteller haben es in der Hand sich nach § 28 des Tabakmonopolgesetzes (TabMG 1996) um eine Tabaktrafik bei der Monopolverwaltung GmbH zu bewerben (…)“, heißt es auf Seite zwei.
Dieses Vorgehen würde es nikoBlue nicht nur ermöglichen, weiterhin Refills und Liquids anzubieten, sondern es dem Unternehmen auch erlauben, im Falle einer Nichtberücksichtigung den Zivilrechtsweg zu beschreiten. Doch der Kläger will nicht: „Ich will und werde bestimmt keinen Tabak verkaufen“, so die Stellungnahme von Seba.
Den inhaltlichen Bedenken des Antragstellers gegen die Novellierung halte man seitens des Gesetzgebers diverse wenig stichhaltige Argumente entgegen. „Die Ausweitung der Geschäftstätigkeit der Trafikanten auf den Tabakerzeugnissen verwandte Produkte soll die Existenz des Trafikensystems sichern“, argumentiert das Bundeskanzleramt, das „Phänomen der E-Zigarette gefährdet nunmehr – wenn sie nicht den Tabaktrafikanten vorbehalten würde – die wirtschaftliche Existenzgrundlage der Trafikantenschaft.“
Auch eine Antwort, warum es so wichtig ist, das Trafikensystem mittels der Novelle zu schützen, bleibt der Gesetzgeber nicht schuldig: „Das System des österreichischen Tabakmonopols (…) leistet darüber hinaus einen wesentlichen Beitrag für die Nahversorgung der Bevölkerung mit Tabakerzeugnissen (…).“ Eine reichlich groteske Argumentation, wie Seba meint: „Es scheint der Bundesregierung ein besonderes Anliegen zu sein, flächendeckend ein geschütztes Filialnetz zur gesundheitlichen Schädigung der Bevölkerung durch Tabakverkauf aufrecht zu erhalten“.
Auch der Jugend- und Gesundheitsschutz liegt den Verfassern der Äußerung an den VfGH besonders am Herzen. Diese Zielsetzungen seien durch das bestehende Trafikensystem am besten umzusetzen, da „der Verkauf von Tabakerzeugnissen und >verwandten Erzeugnissen< an den Verbraucher ausschließlich durch besonders geschulte und mit strengen gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen bestellte Einzelhändler (…)“ vorgenommen würde. Die Tatsache, dass Österreich >Weltmeister< bei jugendlichen Rauchern unter 16 Jahren ist, stellt dem „bewährten Jugendschutzsystem“ Tabakmonopol laut Meinung von nikoBlue jedoch ein denkbar schlechtes Zeugnis aus.
„E-Zigaretten Liquids und Refills werden außerdem nicht mehr oder weniger gesundheitsschädlich, wenn diese in einer Trafik, anstatt bei einem Fachhändler verkauft werden“, so Seba. Ein Großteil der internationalen Studien-Autoren erkenne darüber hinaus entgegen der Meinung des Bundeskanzleramts die vergleichsweise weit geringere Gesundheitsschädigung durch E-Zigaretten an.
Unkenntnis der Materie?
In seinem ursprünglichen Antrag an den VfGH kritisiert das Unternehmen nikoBlue unter anderem, dass mit E-Zigaretten Liquids und Refills künftig auch Produkte unter das Tabakmonopolgesetz fallen sollen, die gar keinen Tabak enthalten. Dem entgegnet der Gesetzgeber, dass auch Zigarren und Zigarillos dem Tabakmonopol unterliegen, obwohl sie zum Teil aus anderen Stoffen als Tabak bestehen. Explizit wird ausgeführt, dass jedes Erzeugnis als Tabakerzeugnis gilt, „das zum Rauchen, Schnupfen, Lutschen oder Kauen bestimmt ist, sofern es ganz oder teilweise aus Tabak besteht.“
An dieser Stelle werde einmal mehr deutlich, wie wenig sich der Gesetzgeber mit der Thematik beschäftigt haben dürfte; E-Zigaretten enthalten nämlich, wie bereits festgehalten, gar keinen Tabak, heißt es.
Dem Vorwurf von nikoBlue, hinsichtlich der Verletzung des Vertrauensschutzes hält die Regierung unter anderem folgendes Argument entgegen: „Die Antragsteller wurden durch keine gesetzliche Regelung explizit dazu veranlasst noch gezielt dazu motiviert, im Bereich des Verkaufs von (Einweg)EZigaretten und Liquids tätig zu werden“ Diese Passage sieht Franz Seba als besonders kritisch an. „Würde es nur Unternehmer geben, die von der Bundesregierung zum Unternehmertum ermutigt wurden, könnte man diese in ganz Österreich wahrscheinlich an einer einzigen Hand abzählen.“
Die wahre Motivation?
„Es sei auch darauf hingewiesen, dass durch die Einbeziehung in das Monopolsystem eine künftige Besteuerung von E-Zigaretten (Liquids) über eine Art Sonderverbrauchsteuer, besser genutzt werden könnte.“ Mit dieser Äußerung im letzten Drittel des Schreibens offenbart der Gesetzgeber in den Augen von Seba zumindest einen Teil seiner wahren Motivation.
Unterm Strich versuche die Bundesregierung mittels vorgeschobenen Argumenten, die >herbeilobbyierte< Novellierung des Tabakmonopolgesetzes unter allen Umständen zu retten, meint Seba: Dass die Einbeziehung von E-Zigaretten Liquids und Refills in das Tabakmonopolgesetz faktisch nicht gerechtfertigt sei, auf einen Schlag viele rechtmäßig betriebene Gewerbebetriebe sowie hunderte Arbeitsplätze vernichte und den Verbrauchern Schaden zufüge, scheine dabei, wenn überhaupt, eine untergeordnete Rolle zu spielen.
Link: nikoBlue
Link: Lansky