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Recht, Veranstaltung

Gastbeitrag: Sanktionsbedingte Zahlungsverbote im internationalen Handel und Versicherungsgeschäft

Wien/Kopenhagen. Sanktionsbedingte Zahlungsverbote sind in Zeiten von Ukraine-Konflikt usw. hochaktuell. Gregor Grubhofer schildert in seinem Gastbeitrag den Umgang damit im internationalen Handel und Versicherungsgeschäft.

Wirtschaftssanktionen verbieten nicht nur bestimmte Exportgeschäfte, sondern auch damit zusammenhängende Verträge wie Exportkreditversicherungsgeschäfte. Mitunter werden dabei Personen und Unternehmen mit völlig unzureichender Begründung vom Rat der Europäischen Union auf eine Sanktionsliste genommen. Die betroffene iranische Bank Mellat klagt deshalb das britische Finanzministerium auf Schadenersatz in der Höhe von USD 4 Mrd.

Die EU Sanktionen sehen explizit ein Durchsetzungsverbot nur von Vertragsansprüchen gelisteter Personen vor. Europäische Versicherer-, Rückversicherer und Exporteure werden regelmäßig nicht in die Sanktionslisten aufgenommen. Soweit an ihnen auch keine gelisteten Personen beteiligt sind, sehen die EU Verordnungen lediglich einen Auftrag an die Mitgliedstaaten vor, Strafen für verbotene Versicherungsgeschäfte festzusetzen.

Was ist mit den Versicherungen?

Ob Versicherungsansprüche in diesen Fällen durchsetzbar sind, ist hingegen nach nationalem Recht zu beurteilen (zB § 879 ABGB). In jedem Fall sind Versicherer und Rückversicherer angehalten hinreichend zu prüfen (sog „due diligence“), ob Zahlungen aus dem Versicherungsgeschäft verboten sind. Dies wirkt sich zB auch auf die sog „follow-the-fortunes“ Klausel in Rückversicherungsverträgen aus, wonach der Rückversicherer gegenüber dem Hauptversicherer regelmäßig keine eingeständige Deckungsprüfung vornehmen soll. Die Aufnahme einer „Sanktionsvorbehalts“-Klausel, welche Zahlungen von der Aufhebung der Sanktion abhängig macht, ist daher anzuraten.

Die Rolle der Schiedsgerichte

In der Praxis müssen internationale Schiedsgerichte über die Zulässigkeit von Zahlungsansprüchen entscheiden. Ein Schiedsspruch, der gegen den sog. ordre public am Sitz des Schiedsgerichtes verstößt, ist gemäß dem New York Übereinkommen anfechtbar. Ob der Verstoß gegen Sanktionen einen Verstoß gegen ordre public Standards bedeutet, ist strittig. Russland oder Singapur könnten jedenfalls zunehmend als Schiedsort herangezogen werden, um – entgegen bestehender EU Sanktionen – einem Zahlungsanspruch Rechtskraft in Form eines wirksamen Schiedsspruches zu verleihen.

Umstritten ist in diesem Zusammenhang auch, ob ein Schiedsrichter mit Herkunft aus einem Staat, welcher Sanktionen erlassen hat, hinreichend unbefangen ist. Weiters ist zu beachten, dass auch das Land, in dem ein Schiedsspruch vollstreckt werden soll, die Vollstreckbarkeit wegen ordre-public-Widrigkeit versagen kann. Schiedsrichter müssen wiederum ihre eigene Haftung bedenken, sollten sie unbegründet Sanktionen gegen eine Schiedspartei durchsetzen.

Vertragsparteien müssen daher gut überlegen, welchem Recht ihre Vertragsbeziehung vereinbarungsgemäß unterliegen soll, wo im Streitfall der Schiedsort gelegen sein soll, welcher Nationalität Schiedsrichter angehören sollen und in welchem Staat der Schiedsspruch letztlich vollstreckbar sein soll.

Autor Dr. Gregor Grubhofer, LL.M. ist Rechtsanwalt bei Baier Rechtsanwälte und referierte zum Thema bei der 5th AIDA Europe Conference am 11. Juni 2015 in Kopenhagen.

Link: Baier Rechtsanwälte

 

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