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Recht

Österreich modernisiert das Erbrecht, nimmt Justierungen bei Zivilprozessordnung und Gerichten vor

Parlament ©ejn
Parlament ©ejn

Wien. Der parlamentarische Justizausschuss hat das Erbrechts-Änderungsgesetz verabschiedet: es soll vor allem die Bestimmungen über den Pflichtteil modernisieren. So soll der Anspruch der Eltern wegfallen; Lebensgemeinschaften und pflegende Angehörige werden dagegen stärker berücksichtigt. Auch das Enterben wird künftig leichter fallen. Verabschiedet wurde zudem ein Antrag der Regierungsparteien, der vor allem Präzisierungen im Prozessrecht bei Verstößen gegen die Geschäftsverteilung sowie bei Prozesseinreden bringt.

Das vom Ausschuss verabschiedete Erbrechts-Änderungsgesetz sieht als eine der wesentlichen Neuerungen die Möglichkeit vor, im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens nahe Angehörige, die den Verstorbenen innerhalb der letzten drei Jahre gepflegt haben, erbrechtlich zu berücksichtigen. In diesem Sinn soll pflegenden Angehörigen ein Pflegevermächtnis zustehen, dessen Erfüllung der Gerichtskommissär durch einen Einigungsversuch fördert. Als Grundlage für die Einigung sollen laut den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage auch Unterlagen zum Pflegegeld dienen, berichtet die Parlamentskorrespondenz.

Lebensgefährten wiederum soll unter bestimmten Voraussetzungen ein außerordentliches Erbrecht zukommen, und zwar vor dem außerordentlichen Erbrecht der Vermächtnisnehmer und der Aneignung durch den Bund. Testamente zugunsten des früheren Ehegatten, eingetragenen Partners oder Lebensgefährten sollen nach dem Entwurf jedenfalls als aufgehoben gelten, wenn die Ehe, eingetragene Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft aufgelöst wurde.

Darüber hinaus sollen in Zukunft nur noch die Nachkommen und der Ehegatte oder eingetragene Partner pflichtteilsberechtigt sein. Die Pflichtteilsberechtigung der Eltern und weiterer Vorfahren des Verstorbenen entfällt damit.

Es gibt mehr Enterbungsgründe

Durch eine Erweiterung der Enterbungsgründe will die Vorlage dabei die Privatautonomie des letztwillig Verfügenden stärken.

  • So werden nun auch mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohte Straftaten gegen nahe Angehörige erfasst werden.
  • Ebenso einen Enterbungsgrund bilden auch grobe Verletzungen der Pflichten aus dem Eltern-Kind-Verhältnis.
  • Der Enterbungsgrund der „beharrlichen Führung einer gegen die öffentliche Sittlichkeit gerichteten und anstößigen Lebensart“ soll hingegen entfallen.
  • Die Vorlage erweitert aber auch die Möglichkeit, den Pflichtteil auf die Hälfte zu mindern. Hierzu soll nunmehr ein zumindest zwanzig Jahre fehlender Kontakt genügen.

In der Debatte begrüßte ÖVP-Abgeordnete Beatrix Karl (die frühere Justizministerin) vor allem die erbrechtliche Berücksichtigung der Pflege durch nahe Angehörige, die Möglichkeit der Pflichtteilsstundung sowie die Bestimmungen zur Förderung der Fälschungssicherheit von Testamenten. Katherina Kucharowits (SPÖ) zeigte sich erfreut über die Bedachtnahme auf Lebensgemeinschaften. Eine großzügigere Lösung, letztere betreffend, hätte sich Albert Steinhauser (Grüne) gewünscht.

Neues in Zivilprozessordnung und Gerichten

Präzisierungen und Klarstellungen sollen Änderungen in der Zivilprozessordnung und im Gerichtsorganisationsgesetz bringen. Ein entsprechender Initiativantrag, der einstimmig angenommen wurde, sieht in diesem Sinn bei gesetzwidriger Geschäftsverteilung bzw. für jeden Verstoß gegen die richtige Gerichtsbesetzung eine Rügepflicht vor und schafft zudem für beide Fälle die Möglichkeit einer abgesondert anfechtbaren Entscheidung.

Ein weiterer Regelungsschwerpunkt ist die Abschaffung der als unnötig bezeichneten Formalität der eigens erforderlichen Beschlussfassung auf abgesonderte Verhandlung. So soll das Gericht in Zukunft – unabhängig von einer gemeinsamen oder getrennten Verhandlung über eine Prozesseinrede – entscheiden können, ob es den Beschluss gesondert ausfertigen und damit eine sofortige Anfechtung möglich machen will, wenn es in der Frage der Prozessvoraussetzungen zunächst eine Klärung im Instanzenweg beabsichtigt, berichtet die Parlamentskorrespondenz.

Link: Parlament

 

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