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Business, Recht

Causa Hypo: Höchstgericht hebt Hypo-Schuldenschnitt auf, Bund setzt auf zweite Verteidigungslinie

Wien. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat das Verfahren zum umstrittenen Hypo-Sanierungsgesetz (HaaSanG) abgeschlossen und es als verfassungswidrig zur Gänze aufgehoben. Eine Reparaturfrist gibt es nicht. Das Gesetz ist nicht mehr anzuwenden, so das Höchstgericht. Die Republik Österreich hofft aber weiterhin darauf, nicht die Schulden der ehemaligen Kärntner Landeshypo bezahlen zu müssen: Man setzt auf die zweite Verteidigungslinie, nämlich das von der Finanzmarktaufsicht (FMA) heuer im Frühjahr verhängte Moratorium über die Schulden der Hypo-Bad Bank HETA. Unter das Moratorium fallen auch die erfolglos „geschnittenen“ Verbindlichkeiten. Auch das Moratorium wird den VfGH bald beschäftigen.

Im Wesentlichen sind es zwei Punkte, die das HaaSanG verfassungswidrig machen, teilt das Höchstgericht mit (G 239/2015 ua):

  • In der Causa Hypo gibt es verschiedene Gläubigergruppen, für die der Gesetzgeber grundsätzlich auch unterschiedliche Regelungen vorsehen kann. Es gibt „normale“ Gläubiger (nunmehr der HETA) und sogenannte „Nachranggläubiger“, die im Insolvenzfall schlechter – nachrangig – gestellt sind. Das Hypo-Sanierungsgesetz macht jedoch innerhalb der Gruppe der Nachranggläubiger selbst wieder Unterschiede, und zwar nur aufgrund eines Stichtages (der mit 30. Juni 2019 festlegt wurde). Verbindlichkeiten von Nachranggläubigern, die davor fällig werden, gelten als erloschen; danach fällige Forderungen bleiben unangetastet. Eine solche Vorgangsweise, nämlich die Nachranggläubiger untereinander wieder unterschiedlich zu behandeln und dies von einem Stichtag abhängig zu machen, ist verfassungswidrig. Dies stellt einen Verstoß gegen das Grundrecht auf Schutz des Eigentums dar, so der VfGH.
  • Das Hypo-Sanierungsgesetz sieht weiters vor, dass die Haftungen unter anderem des Landes Kärnten nach dem Kärntner Landesholdinggesetz für die betroffenen Gläubiger erlöschen. Auch das ist verfassungswidrig: Ein „Haftungsschnitt“ nur für diese Gruppe der Nachranggläubiger während die Haftungen für andere weiter bestehen, ist unsachlich und unverhältnismäßig.
  • Unabhängig davon gilt laut VfGH ganz allgemein: Gesetzliche Haftungserklärungen eines Bundeslandes dürfen nicht als isolierte Maßnahme im Nachhinein durch eine gesetzliche Anordnung völlig entwertet werden. Dies gilt auch dann, wenn ein Land durch die Zusage von Haftungen die Expansion eines Kreditinstitutes in seinem Einflussbereich finanzieren will, das Risiko aber evidentermaßen nicht zu tragen im Stande ist.

Wörtlich heißt es in der Entscheidung: „Auch dann darf dieses Fehlverhalten aber nicht alleine und ausschließlich dadurch korrigiert werden, dass die gesetzliche Haftungserklärung eines Bundeslandes im Nachhinein völlig entwertet wird.“

Was bedeutet diese Entscheidung nun konkret?

Auch das listet der VfGH genau auf:

  • Der „Schuldenschnitt“ bei den entsprechenden Gläubigern (Banken, Versicherungen, etc.) kann nicht mehr auf Grundlage des Hypo-Sanierungsgesetzes durchgeführt werden. Derzeit gibt es aber nach dem neuen Bankensanierungs-Gesetz einen Bescheid der Finanzmarktaufsicht („Moratoriumsbescheid“), der die besagten Forderungen der Gläubiger ebenfalls betrifft. Mit dem – nun aufgehobenen – Hypo-Sanierungsgesetz hätten die Forderungen untergehen sollen, der FMA-Bescheid lässt die Forderungen bestehen, verfügt aber ihre Stundung. Dieser Bescheid wie das Bankensanierungs-Gesetz selbst waren nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
  • Auf Basis dieser Entscheidung wird der Verfassungsgerichtshof – sollten die Anträge nicht zurückgezogen werden – zum einen die restlichen Verfahren auf Antrag von ordentlichen Gerichten zu Ende zu führen haben. Außerdem werden die diesen Anträgen zu Grunde liegenden, von den Gläubigern angestrengten Verfahren vor den ordentlichen Gerichten (insbesondere Landesgericht Klagenfurt und Handelsgericht Wien) auf Basis der aktuellen VfGH-Entscheidung fortgesetzt.

Die Position des Finanzministeriums

Im Finanzministerium hieß es Dienstag in einer öffentlichen Stellungnahme, man nehme die Entscheidung zur Kenntnis, sie habe jedoch keine Auswirkungen auf die Abwicklung der Bank durch den Bund. Die heute veröffentlichte Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes betreffe nur einen Teil des so genannten Hypo-Sondergesetzes vom September 2014, nicht aber das seit 1.1.2015 in Kraft getretene und im März angewandte Bankenabwicklungs- und Sanierungsgesetz (BaSAG).

Entscheidend sei: Wesentliche Teile des Hypo-Sondergesetzes – z.B. die Errichtung der „Bad Bank“ HETA – seien verfassungskonform und behindern die vom Bund geplante Abwicklung somit nicht. Mit dem Moratorium der Finanzmarktaufsicht (FMA), das auf einer europäischen Richtlinie beruht, ergeben sich durch den Entscheid keine direkten Auswirkungen auf den Bund, so das Finanzministerium: „Die Heta steht unter Moratorium, die Haftungen sind damit bis zur Ausstellung des Bescheids durch die FMA ausgesetzt.“

Der Antrag des Nationalrats

Verfassungsrechtliche Bedenken zum HaaSanG haben schon im Vorfeld zahlreiche Experten geäußert; auch rechtliche Schritte gab es zahlreich. Die aktuelle Entscheidung des VfGH geht erstens auf einen Gesetzesprüfungsantrag von rund 80 Abgeordneten der verschiedenen Parteien im Nationalrat zurück, als deren gemeinsame rechtliche Vertretung vom VfGH in der Entscheidung die Schwartz Huber-Medek & Partner Rechtsanwälte OG angeführt wird. Zweitens ist die Entscheidung an das Landesgericht Klagenfurt adressiert, das den VfGH ebenfalls angerufen hatte.

Link: VfGH

 

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