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Business, Recht

Serie Geschäfte mit dem Iran: DLA Piper-Partner Bauer zu den rechtlichen Risiken beim neuen Hoffnungsträger

David Christian Bauer ©DLA Piper
David Christian Bauer ©DLA Piper

Wien. Die Sanktionen gegen den Iran sollen aufgehoben werden – das könnte zu einer massiven Zunahme des Geschäftsvolumens führen. Allein bei Airbus und Boeing will der Iran hunderte Verkehrsflugzeuge einkaufen. Auch für österreichische Unternehmen bieten sich neue Geschäftschancen, meinen Beobachter. Doch wie sehen aus juristischer Perspektive die Risiken aus? Sie sind – ebenso wie die Chancen – nicht gerade gering, warnt David Christian Bauer, Partner und Head of Litigation & Regulatory bei DLA Piper in Wien, im Interview.

Extrajournal.Net: Ist der Iran aus Ihrer Sicht nach der jetzt erfolgten Einigung auf ein Ende der Sanktionen ein attraktiverer Wirtschaftspartner für EU-Unternehmen, steigen die Geschäftschancen?

David Christian Bauer: Prinzipiell wäre der Iran nach erfolgter Aufhebung der nuklearspezifischen Sanktionen ein attraktiver Wirtschaftspartner für EU-Unternehmen. Man sollte hier jedoch nicht zu vorschnell agieren: Aktuell sind die Sanktionen gegen den Iran noch in Kraft. Eine Aufhebung der nuklear-spezifischen Sanktionen wird voraussichtlich erst im Jänner 2016 schrittweise durchgeführt, zumal der Iran Zeit braucht, die Maßnahmen im sogenannten „Joint Comprehensive Plan of Action“ (JCPOA) für eine Aufhebung der Sanktionen umzusetzen. Dies kann nicht von heute auf morgen geschehen.

Die derzeitigen Sanktionen gegen den Iran sind sehr umfangreich und nur schwer überschaubar, daher ist große Vorsicht geboten. So umfassen die EU-Sanktionen gegen den Iran ganz allgemein zwei Bereiche: ein Teil der Sanktionen fokussiert sich auf einen bestimmten Personenkreis, mit welchem sowohl Geld- als auch Warenverkehr nur eingeschränkt oder gar nicht möglich ist, der andere Teil der Iran-Sanktionen ist güterbezogen und richtet sich generell gegen natürliche und juristische iranische Personen.

Derzeit ist noch viel verboten

Innerhalb der EU-Sanktionen sind verschiedene Verbote und Beschränkungen insbesondere in folgenden Bereichen vorgesehen: sogenannte Dual-Use Güter und Technologien (dh Güter, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können), die Ausrüstung der Öl- und Gasindustrie sowie der petrochemischen Industrie, Rohöl und Erdölerzeugnisse sowie Erdgas, petrochemische Produkte, Gold, Edelmetalle, Diamanten, Banknoten und Münzen, Grafit, Rohmetalle und Metallerzeugnisse, Schiffsausrüstung, Software für industrielle Prozesse, Schiffsdienstleistungen, Militärgüter, Finanzierungen, Beteiligungserwerbe, Gründung von Joint Ventures, Finanzsanktionen gegenüber bestimmten gelisteten iranischen Personen, Beschränkungen für EU-Kredit- und Finanzinstitute im Hinblick auf den Iran, Versicherungen und Exportkredite sowie Verkehrsbeschränkungen.

Des Weiteren sind ebenso Genehmigungspflichten im Zusammenhang mit speziell gelisteten Gütern und Technologien, Zahlungsgenehmigungen für Zahlungen von oder an iranische Personen sowie gewisse Sonderpflichten bei der Zollabfertigung sowie im Hinblick auf die Eigenprüfung der Sanktionsbetroffenheit vorgesehen. Zusätzlich gelten noch umfassende (sich teilweise überschneidende) US- und UN-Sanktionen gegen den Iran.

Sobald die Sanktionen aufgehoben werden, bieten sich sicherlich wieder größere Geschäftschancen in zahlreichen Wirtschaftssektoren. Insbesondere der Energiesektor, spezifisch der Ölbereich, wird hier sehr interessant sein, da der Iran über 10% der weltweiten Ölreserven verfügt.

Wie sind Handelsbeziehungen bzw. Investitionen vor Ort aus rechtlicher Sicht derzeit zu beurteilen – herrscht bereits Rechtssicherheit, worauf kommt es an?

Bauer: Von einer klaren Rechtssicherheit im Hinblick auf das Geschäft mit dem Iran kann aktuell noch nicht gesprochen werden. Unternehmern wird geraten, mit Vorsicht vorzugehen, da die Iran-Sanktionen aktuell immer noch in Kraft sind. Annex II des sogenannten JCPOA, welcher am 14. Juli 2015 in Wien zwischen dem Iran, den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates und der Europäischen Union abgeschlossen wurde, betrifft insbesondere die aufzuhebenden Sanktionen. So werden zukünftig etwa keine Genehmigungen mehr für den Kapitaltransfer zwischen EU-Personen und iranischen Personen notwendig sein und die Sektoren Öl, Gas und petrochemische Industrie sowie Schiffsausrüstung und Schiffsdienstleistungen, Gold, Edelmetalle, Diamanten, Banknoten und Münzen, Metalle, Software wieder geöffnet. Auch die Finanzsanktionen gegenüber bestimmten gelisteten iranischen Personen werden aufgehoben.

Der sogenannte „Implementation Plan“, festgehalten in Annex V des JCPOA, sieht in diesem Zusammenhang vor, dass die EU eine Verordnung erlassen wird, welche die nuklearspezifischen wirtschaftlichen und finanziellen EU-Sanktionen aufheben wird, sobald der Iran die im JCPOA festgelegten Maßnahmen umgesetzt hat. Dies gilt ebenso für die USA im Hinblick auf die von ihnen erlassenen gesetzlichen nuklearbezogenen Sanktionen.

Solange die Iran-Sanktionen allerdings noch nicht offiziell aufgehoben wurden, sollten nur unter eingehender vorheriger Prüfung Handelsbeziehungen mit dem Iran eingegangen oder Investitionen vor Ort durchgeführt werden, sofern erlaubt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist auch immer noch nicht klar, ob und in welchem Umfang die Iran-Sanktionen tatsächlich aufgehoben werden. Des Weiteren besteht selbst im Falle, dass die Iran-Sanktionen aufgehoben werden, die Gefahr, dass die Sanktionen umgehend wieder in Kraft gesetzt werden, sollte der Iran seine Verpflichtungen nicht erfüllen.

Was raten Sie österreichischen Unternehmen, die sich für eine Geschäftsbeziehung mit iranischen Partnern interessieren?

Bauer: Aktuell gilt es abzuwarten, ob der Iran die ihm im JCPOA auferlegten Pflichten erfüllt und diese ordnungsgemäß umsetzt. Erst dann muss in einem zweiten Schritt genau beurteilt werden, in welchem Rahmen österreichische Unternehmen im Iran tatsächlich tätig werden dürfen und ob Unternehmer das Risiko eines möglichen Wiedereintritts der Sanktionen in Kauf nehmen möchten. Geschäftlich kann es derzeit schon geboten sein, Chancen auszuloten, rechtlich ist jedoch noch große Vorsicht angebracht.

Dr. David Christian Bauer ist Partner und Head of Litigation & Regulatory bei DLA Piper Weiss-Tessbach in Wien.

Link: DLA Piper

 

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