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Business, Recht

Serie Geschäfte mit dem Iran: Der Start erinnert an Chinas Pionierphase, so Wolf Theiss-Partner Christian Mikosch

Christian Mikosch ©Wolf Theiss
Christian Mikosch ©Wolf Theiss

Wien. Die Sanktionen gegen den Iran sollen aufgehoben werden – und das würde für europäische und konkret auch österreichische Unternehmen viele Geschäftschancen bringen, sind sich die Beobachter einig. Doch welche Risiken stehen dem gegenüber, und wie zuverlässig waren die Iraner bisher als Geschäftspartner in jenen Bereichen, in denen EU-Partner schon mit ihnen Handel treiben durften?

Christian Mikosch, Partner bei Wolf Theiss, schildert die Lage, zieht einige überraschende Parallelen – und warnt eindringlich vor exportfördernden Maßnahmen, die gegen Compliance-Regeln verstoßen könnten. 

Recht.Extrajournal.Net: Ist der Iran aus Ihrer Sicht nach der jetzt erfolgten Einigung auf ein Ende der Sanktionen ein attraktiver Wirtschaftspartner für EU-Unternehmen? Steigen die Geschäftschancen?

Christian Mikosch: Die Öffnung des Iran ist nunmehr ein wichtiges Thema insbesondere für österreichische Unternehmen. Grundsätzlich sind zwei Gruppen von potentiellen Investoren zu unterscheiden. Zum einen betrifft dies größere österreichische Konzerne, welche sowohl im Ölgeschäft als auch im Infrastrukturbereich tätig sind. Diese Unternehmen haben bereits seit mehreren Jahren Kontakte zum Iran und haben sich auch während der aufrechten Sanktionen um Geschäftsbeziehungen (die nicht dem Sanktionsregime unterlagen) bemüht. Zu dieser Gruppe wären zum Beispiel aber auch Banken zu zählen, welche über eingeschränkte Bankkonzessionen im Iran verfügt haben.

Die zweite Gruppe von Investoren besteht hauptsächlich aus Exiliranern und deren Unternehmen, welche nunmehr ihre bestehenden Netzwerke im Iran nutzen, in diversesten Bereichen im Iran zu investieren. Zu dieser Gruppe gehören unter anderem auch Berater, welche bestehende Kontakte ausnutzen und erweitern, um weitere Investoren für den Iran zu gewinnen. Es liegt auf der Hand, dass der Iran mit einem Bruttosozialprodukt zu Kaufkraftparitäten (PPP) von rund 1.000 Milliarden US-Dollar ein logischer Wachstumsmarkt für all Arten von europäischen Unternehmenden darstellt.

Nunmehr sehen Unternehmen der Möglichkeit von weiteren Lockerungen der EU- und US-Sanktionen mit großen Erwartungen entgegen. Vor dem Hintergrund eines Mangels an lukrativen Investitionsmöglichkeiten in Europa und insbesondere Südosteuropa hat der Iran das Potential als Grundlage für Investitionserfolgstories für heimische Unternehmen zu dienen.

Wie sind Handelsbeziehungen beziehungsweise Investitionen vor Ort aus rechtlicher Sicht zu beurteilen? Herrscht derzeit Rechtssicherheit, wie sind die Erfahrungen?

Mikosch: Die Beziehungen von Investoren zum Iran waren bisher durch die Unsicherheit aufgrund der Sanktionen geprägt. Auch derzeit ist noch offen inwieweit der US-Kongress den sogenannten Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) ratifizieren wird. Die 60-Tage Frist unter dem Nuclear Agreement Review Act aus 2015 wird Ende des Monats auslaufen und abhängig vom Ergebnis könnten weitere Lockerungen der Sanktionen erfolgen. Aus diesem Grund kann derzeit noch nicht von normalisierten Beziehungen ausgegangen werden.

Ein schwieriges Terrain

Unsere bisherige Erfahrung hat gezeigt, dass trotz eines funktionierenden Gerichtssystems die Durchsetzung von Ansprüchen gegenüber iranischen Unternehmen durchwegs schwierig ist. So gibt es kaum internationale Abkommen zur Durchsetzung von Gerichtsurteilen beziehungsweise nur eingeschränkt Beispiele für erfolgreiche Schiedsverfahren. Derzeit operieren Investoren daher extrem vorsichtig und legen großen Wert darauf, die innenpolitische Dynamik hinsichtlich größerer Investitionsmöglichkeiten und Projekten zu verstehen, um Rahmenbedingungen zu schaffen, welche als zusätzliche Absicherungen neben Investitionsverträgen oder ähnlichen Vertragswerken dienen sollen.

Mit anderen Worten: es wird extrem darauf geachtet dass Investitionsprojekte eine weitreichende politische Unterstützung haben, bevor überhaupt konkrete Verträge ausverhandelt werden. Wir haben ein ähnliches Investitionsverhalten in den ersten Privatisierungsfällen in Südosteuropa sowie auch bei den Erstinvestitionen in China beobachten können.

Mit den zunehmenden Aktivitäten von Beratungsunternehmen, welche sowohl in Europa als auch im Iran Geschäftsstellen unterhalten, werden diese Aktivitäten weiter professionalisiert. Es ist damit zu rechnen, dass Investoren verstärkt Zugang zu politischen Entscheidungsträgern im Iran erhalten werden und dadurch eine Internationalisierung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Investition sowohl legislativ als auch in der täglichen Praxis erzielen werden. Dies ist aber ein Prozess, der gerade erst begonnen hat, sodass konkrete rechtliche Rahmenbedingungen erst erarbeitet werden müssen.

Was raten Sie Unternehmen, die sich für eine Geschäftsbeziehung mit iranischen Partnern interessieren?

Mikosch: Unabhängig von den rechtlichen Rahmenbedingungen raten wir zuallererst zu einer strikten Einhaltung von Compliance Regeln insbesondere im Umgang mit Investitionsberatern und politischen Entscheidungsträgern. Unsere Erfahrung in anderen Märkten hat gezeigt, dass dies nunmehr eine unumgängliche Voraussetzung für ein erfolgreiches Tätigwerden in einem neuen Markt ist.

Wir sehen derzeit die Gefahr, dass Unternehmen einen „First Mover Advantage“ ausnutzen wollen und deshalb möglichst rasch vertiefende Beziehungen zu Entscheidungsträgern im Iran aufbauen wollen. Während eine solche Vorgehensweise in den 1970er und 1980er Jahren und kurz nach dem Fall des Eisernen Vorhanges sowohl vom Gesetzgeber als auch von den zuständigen Gerichten toleriert wurde, ist dies aufgrund einer erhöhten Sensitivität für Compliance Themen heute einfach nicht mehr zulässig und sollte von keinem Unternehmen toleriert werden.

Eine weitere Faustregel für Investitionen in neuen und schnell wachsenden Märkten ist natürlich die Anwendung internationaler Standards sowohl was Vertragsdokumentation als auch rechtliche Absicherungen betrifft. Dazu gehören einerseits durchsetzbare Schiedsklauseln, aber auch Vertragsdokumentationen welche internationalen Standards gerecht werden. Praktisch gesprochen sollten keinesfalls vage oder unklare Dokumente oder Formulierungen akzeptiert werden. Dies hat natürlich zum Nachteil das manche Opportunitäten ungenutzt verstreichen müssen. Unsere Erfahrung hat aber gezeigt dass größere Unternehmen, insbesondere im Infrastrukturbereich, von Fehlern beim ursprünglichen Abschluss von Verträgen immer wieder eingeholt werden. Eine saubere rechtliche Dokumentation ist daher trotz allfälliger Interkultureller Erwägungen unerlässlich.

Es wird sich in der nahen Zukunft zeigen welche Standards der Iran in Punkto Investitionsschutz einhalten wird und inwiefern Zusagen von iranischen Partnern belastbar, einklagbar und exekutierbar sind.

Dr. Christian Mikosch, LL.M. ist Partner bei Wolf Theiss Rechtsanwälte in Wien.

Link: Wolf Theiss

 

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